Dienstag, 1. Oktober 2019

20.000 Euro Entschädigung für Betriebsrätin, die Opfer eines Kündigungs-Krimis wurde



Wilde Räuberpistole um Alkoholgenuss im Dienst sollte stellvertretende BR-Vorsitzende ins Aus katapultieren


In der Intrige in Bad Nauheim ging es dem Arbeitgeber, einem örtlichen Pflegeheim, darum, die Betriebsrätin loszuwerden. Betriebsräte genießen jedoch in Deutschland besonderen Schutz: dieser ist nötig, um sich im Streitfall zwischen die KollegInnen und den Arbeitgeber stellen zu können, ohne selbst für ihren Einsatz Schikanen in Job befürchten zu müssen. Diesen rechtlichen Schutz angreifen und hinterlaufen ist das selbstausgesuchte "Arbeits"-gebiet von speziellen Arbeitsrechtlern. 

Diese Kanzleien greifen dabei tief in ihren Werkzeugkasten schmutziger Tricks: Im vorliegenden Fall hatte das Pflegeheim den für seinen "Service"bekannten Rechtsanwalt Helmut Naujoks engagiert, der auf die Betriebsrätin auch gleich zwei Detektive auf einmal hetzte. Das Ziel: mit fingierten Vorwürfen von Alkoholgenuss im Dienst im Pflegeheim der BR Vizechefin eine besonders schwere Pflichtverletzung vorwerfen zu können und die Kündigung zu erreichen. 


Arbeitsgericht Gießen verurteilt sowohl Arbeitgeber als auch deren Rechtsanwalt zu 20.000 Euro


Ebenfalls Ziel der Kampagne - die BR Vorsitzende: Die Kammer sah es nach einer Beweisaufnahme als erwiesen an, dass die Betreiberin von Senioreneinrichtungen gemeinsam mit einem Rechtsanwalt im Jahr 2012 ein Strategiekonzept zur Entfernung ihrer unliebsamen Betriebsratsmitglieder entwickelte. Danach sollten eingeschleuste Lockspitzel die Betriebsratsmitglieder in Verruf bringen, Kündigungsgründe provozieren und erfinden. Ein als Zeuge vernommener Detektiv bestätigte den Vorwurf, man habe der Klägerin einen Verstoß gegen das betriebliche Alkoholverbot untergeschoben, um ihre fristlose Kündigung gerichtlich betreiben zu können. 

Zur strategischen Umsetzung habe auch gehört, dass die Kollegin der Klägerin, die Betriebsratsvorsitzende (siehe dazu Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Gießen Nr. 2/2019), von zwei weiteren Detektiven durch Beschimpfen und Bespucken zu Tätlichkeiten provoziert werden sollte. Als diese nicht zuschlug, verletzte einer der Detektive den anderen und bezichtigte die Betriebsratsvorsitzende dieser Tätlichkeiten.

Die Kammer wertete die strategische Vorgehensweise der Arbeitgeberin und ihres Rechtsberaters als schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung (§§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 1, 840 Abs. 1 BGB i.V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) und verurteilte sie zu gemeinschaftlicher Entschädigungszahlung.

Unkündbare kündigen helfen - eine besonders schmutzige Dienstleistung 


Wer mehr zu diesem und anderen Fällen erfahren will, kann dies in der ARD Mediathek. Dieser und andere Fälle waren Thema einer "panorama" Berichterstattung im NDR: https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Die-Rausschmeisser-Feuern-um-jeden-Preis-,rausschmeisser100.html 

Quelle: https://arbeitsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/fingieren-von-k%C3%BCndigungsgr%C3%BCnden-zur-entfernung-unliebsamer-betriebsratsmitglieder

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