In Unternehmen hat sich heutzutage eine pseudo-objektive Controlling- und Statistik-Kaste etabliert, die der Führung alles schön oder schlecht rechnet, so dass es ins aktuelle Konzept passt. Und da man schon vorher weiß, wie das Ergebnis auszusehen hat, kann eine entsprechende Erhebungsgrundlage festgelegt und ein scheinbar hieb- und stichfestes Zahlenwerk generiert werden, um noch so sinnfreie oder unfaifre Maßnahmen zu rechtfertigen.
Für Außenstehende ist dieses Konstrukt absolut nachvollziehbar und logisch stringent, da unschöne Wahrheiten und Zusammenhänge ausgespart bleiben, geht aber am Kern des Problems haarscharf tangential vorbei.
Theoretisch hätte Droege die Logistik somit auch wegen fehlender 3,50 Euro in der Portokasse in die Insolvenz schicken können, anstatt der 250.000 Euro, die ALSO bequem aus selbiger hätte zuschießen können. Was zählt ist allein das, was unterm Strich steht, nicht die Realität oder was unter einem weiter gefassten Blickwinkel zwingend wäre. Man zäumt das Pferd von hinten auf, um ihm mit einer konstruierten Notwendigkeit den Gnadenschuss zu geben.
Parallel dazu werden geplante Maßnahmen über eine euphemistische Nomenklatura in ihrer Härte bis zur schieren Bedeutungslosigkeit verharmlost: "Durch eine Verschlankung der Prozesse lässt sich die Kostenstruktur des Unternehmensbereichs den wirtschaftlichen Erfordernissen des freien Marktes anpassen" hört sich doch viel positiver an als "wir feuern die halbe Abteilung um die Erwartungen unserer Investoren befriedigen zu können". Oder man kann diejenigen, die zukünftig Ex-Kollegen sein werden auch einfach als "Delta" bezeichnen. Das hört sich doch positiv an, wie eine idyllische Flussmündung oder ein Buchstabe des Alphabets eines Landes, in dem man schon einen schönen Urlaub verbracht hat. In der Mathematik steht "Delta" schlicht für eine Differenz, und macht die Zahl der geplanten Kündigungen angenehm abstrakt.
Es geht bei Weltbild und ALSO nicht wirklich darum, mit begrenzten Mitteln unter "schmerzlichen Opfern" Betriebe zu retten, denn der, der hinter allem steht, hat mehr Geld, als er jemals wird ausgeben können - er will nur nicht!
Am Ende kann man mit weichgespülten Phrasen und tendenziellen Zahlenwerken alle Maßnahmen erklären und legitimieren, hat fixe Kosten reduziert und das Unternehmen läuft jetzt "effektiver" als zuvor. Aber das, was an sozialer Härte dahintersteckt, geht in der Wolke aus heißer Luft großteils unter. Auf der Strecke bleiben Menschen, die zwar gute Arbeit geleistet haben, aber einfach zu teuer waren. Die Qualität spielt dabei keine Rolle, die lässt sich ja auch ganz schwer in Zahlen fassen!
Der feuchte Traum jedes Unternehmers ist doch, dass die Beschäftigten
wieder in Ketten gelegt werden und bei der Arbeit Ghospels singen. "Nein, an der Sklaverei war wirklich nicht alles schlecht!"
Aber auch der arme Unternehmer ist nicht wirklich Herr seiner Handelns. Der freie Markt treibt ihn vor sich her und zwingt ihn zu immer neuen Höchstleistungen. Was zählt ist stetes Wachstum, nicht dass man nur denselben schnöden Gewinn erwirtschaftet wie im vorigen Jahr. Gewinn ohne Wachstum ist nicht die Tasche wert, in die er gesteckt wird. Ein bisschen mehr geht doch immer, oder?!
Aber es gibt irgendwann nicht mehr genug Konsumenten, die den ganzen Schrott der Mehrproduktion oder des erweiterten Angebots kaufen könnten. Zumal viele davon einer "Optimierung der Kostenstruktur" zum Opfer gefallen sind und gar nicht mehr über die nötigen finanziellen Mittel verfügen, um in systemrelevantem Umfang konsumieren zu können. Wer hier die Sackgasse nicht erkennt, will das wohl auch gar nicht.
Und so bleibt denen, die in der kapitalistischen Nahrungskette ganz unten stehen, eigentlich nur solidarisch zusammen zu halten. Wenn sich in der Krise ein Szenario "jeder gegen jeden" entwickelt, habe diejenigen, die diese Situation herbeigeführt haben, bereits gewonnen......denn die Zahlen und Erklärungsworthülsen stehen längst auf ihrer Seite.