Montag, 29. Februar 2016

Was ist eigentlich dieser Betriebsrat?!


Im Studiengang Betriebswirtschaftslehre, der unsere Chefetagen mit patentem Nachwuchs versorgen soll, werden Themen wie Arbeitnehmermitbestimmung, Betriebsverfassungsgesetz oder Betriebsrat kaum behandelt.

Die Süddeutsche Zeitung berichtete unlängst über eine Studie der Europäischen Akademie der Arbeit an der Universität Frankfurt, die genau zu diesem Ergebnis kam. Untersucht wurden dabei Dutzende Studiengänge an 25 Hochschulen, darunter die zehn größten Universitäten des Landes.
Süddeutsche Zeitung "Betriebsrat? Nie gehört"

Das Fazit, zu dem die Autoren Martin Allespach und Brigita Dusse kommen, ist aus Sicht der Gewerkschaften und Arbeitnehmer ernüchternd. Die Mitbestimmung, die als zentraler Bereich die Unternehmenskultur entscheidend prägt und ein wichtiges Gegengewicht zu rein ökonomischen Überlegungen darstellt, wird in den Studiengängen zwar nicht komplett ignoriert, ist aber definitiv auch kein angemessen gewichteter Bestandteil der Ausbildung.
Angeboten wird der Komplex z.B. im Bereich Personalmanagement als freiwillige Seminare. Kann man machen, muss man aber nicht!
Das Thema Mitbestimmung wird nicht in seiner realen Bedeutung für den Betriebsfrieden beleuchtet, sondern vielfach auf eine Rahmenbedingung reduziert, mit dem sich die Führungsetage  irgendwie zu arrangieren hat. Vereinzelt wird sie sogar explizit als "Störfaktor" dargestellt, der einem gewinnorientierten Management im Wege steht. Eine Auseinandersetzung im positiven Sinne, die ein entsprechendes Bewusstsein für die Rechte der Mitarbeiter bei den Studenten entwickelt, ist somit die Ausnahme.
Die Vorsitzende des Verbands der Hochschullehre für Betriebswirtschaft, Barbara Weißenberger, sieht darin keinen Nachteil. Es sei vielmehr ein Zeichen dafür, dass der Studiengang nicht mehr den "Denkmustern der 50er und 60er Jahre verhaftet sei". Mitbestimmung würde im ganzheitlichen Kontext durchaus berücksichtigt, sei aber nur ein Teilaspekt von vielen. Mehr Gewicht erhalten aktuelle Themen, wie "Macht über Daten und ständige Erreichbarkeit."

Wirft man, parallel zu den Ergebnissen der Untersuchung, einen Blick auf die Gruppe junger Menschen, die sich für das Studium der Betriebswirtschaftslehre entscheiden, zeigt sich ein eher bedenkliches Bild.  Es wird deutlich, dass weniger wissenschaftliches Interesse als vielmehr die Hoffnung auf eine schnelle und finanziell lukrative Karriere der primäre Antrieb sind ein BWL-Studium zu beginnen. Dazu kommen Umfrageergebnisse, die zeigen, dass BWL-Studenten deutlich öfter eine "distanzierte demokratische Grundhaltung" haben als Kommilitonen anderer Fächer. Gesellschaftlicher Nutzen oder soziale Verantwortung als Motive würden im Vergleich zu anderen Studenten selten genannt.
Wer nach dem Abitur kein spezielles Interesse habe und dennoch ein Studium mit karrieretechnischer und finanzieller Perspektive sucht, entscheidet sich somit häufig für eine BWL-Studium. Fast 10 % aller Studenten sind dafür eingeschrieben.

Niemand erwartet, dass die Universitäten Idealisten mit ausgeprägtem sozialen Bewusstsein in den Arbeitsmarkt entlassen, die in den Betrieben versuchen, eine Revolution anzuzetteln. Wünschenswert wäre allerdings, wenn ein gewisses Maß an Verständnis und Respekt für die gesetzlich garantierten Rechte  der Arbeitnehmer zur Grundausstattung zukünftiger Führungskräfte gehörten.
Dies setzt aber voraus, dass man sich davor schon ein Mal wertungsfrei mit dem Thema auseinandergesetzt hat.

Die meisten der jungen Highperformer, die sich zäpfchengleich in eine geschmeidige Startposition für die geplante Karriere zu bringen versuchen, werden sich nicht mit "linkem Gedankengut" sofort wieder ins Abseits schießen. Besser man funktioniert innerhalb der vorgesehenen Parameter des Stellenprofils und schaut, dass man schön im Windschatten des Vorgesetzten bleibt.

Und wer nie gelernt hat, dass auch diejenigen, die den Gewinn eines Unternehmens erwirtschaften, Rechte haben und Respekt verdienen, der kann auch in Konfliktsituationen nicht mehr angemessen reagieren. So entstehen dann zwangsläufig Situationen, in denen sich Geschäftsführung und Betriebsrat völlig blockieren, anstatt eine schnelle Lösung herbeiführen zu können. Dieser Stillstand kostet oftmals richtig viel Geld. Und da Geldverdienen und Gewinnoptimierung sehr wohl zu den Kerndisziplinen der Betriebswirtschaft gehören, wäre hier ein angemessenes Verhalten absolut im Sinne des Unternehmens.



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