Freitag, 20. Dezember 2019

Tolles Jahr – aber etwas fehlt…


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ihr habt es sicher schon bemerkt: Die Blog-Redaktion freut sich auf den Winterschlaf und ist bereits tiefenentspannt. Wir haben uns ein bisschen Ruhe verdient, meinen wir.

Nachdem 2018 extrem konfliktreich war, haben wir in 2019 sehr viel Energie in die Vermittlung von Maßnahmen und Vereinbarungen gesteckt, die ein Jahr zuvor so gar nicht denkbar gewesen wären: Gesundheitsschutz, Umzugsplanung, Integration der WBF und Mitwirkung bei der Personalplanung. Der Betriebsrat hat 2019 extrem viel erreicht und wir haben das publizistisch begleitet.

Dazu kamen etliche allgemeinpolitische Themen: der um sich greifende Rechtsextremismus in unserem Land, die Europawahl oder die Fridays-for-Future-Bewegung, um nur einige zu nennen. Außerdem immer wieder Angriffe von Arbeitgebern auf KollegInnen, die sich als BetriebsrätInnen oder GewerkschafterInnen für andere stark machen.

Wir haben in diesem Blog stets Stellung bezogen und bei vielen Auseinandersetzungen auch persönlich unterstützt. Darum sind wir im Moment tatsächlich ein bisschen erschöpft.



Aber das wird sich nach der Weihnachtspause ändern: Für das kommende Jahr haben wir uns vorgenommen, das Thema Tarifbindung in den Fokus zu nehmen. Der Tarifvertrag „Buchhandel und Verlage in Bayern“ gilt für WELTBILD-KollegInnen nur noch in der Nachwirkung. Tarifliche Lohnerhöhungen gehen an uns vorbei. EIne Runde haben wir bereits verpasst. Während die Mieten kontinuierlich steigen und die Spritpreise voraussichtlich nächstes Jahr explodieren werden, sind unsere Gehälter eingefroren.

In 2019 hat der Arbeitgeber nach dem Nasenprinzip Lohnerhöhungen an einzelne verteilt. Wir sind sicher, dass jeder und jede dieses Geld redlich verdient hat. Aber alle anderen arbeiten ebenfalls hart und haben genauso Anspruch auf die Anpassung ihrer Gehälter an die steigenden Lebenshaltungskosten. Dafür wollen wir im kommenden Jahr mit euch gemeinsam kämpfen.

Aber bevor wir wieder in den Ring steigen, wünschen wir euch frohe Weihnachten im Kreise eurer Lieben und ein gesundes, erfolgreiches und glückliches neues Jahr.

Glück auf! Eure Blog-Redaktion

Donnerstag, 5. Dezember 2019

Klimawandel muss nichts Schlechtes sein ...


Am 28. November 2019 lud der Betriebsrat die Belegschaft zur letzten Betriebsversammlung des Jahres ein, die nach den Zeiten harter Auseinandersetzung mit der Geschäftsführung, von schier unglaublicher Harmonie geprägt war.

Zu Beginn begrüßte der BR-Vorsitzende Timm Boßmann die Kolleginnen und Kollegen, sowie CEO Christian Sailer, Björn Minnier und Personalchef Manfred Ries aus der Geschäftsleitung. Er betonte, dass sich die Zusammenarbeit der Betriebsparteien in den letzten Monaten wieder deutlich verbessert hat. "Wir haben uns wieder zusammengerauft" umschrieb er den langen Weg zurück zu einem normalen und konstruktiven Umgang.
Dadurch wurde es endlich auch wieder möglich, in vielen wichtigen Punkten, Positives für die Belegschaft und das Unternehmen zu erreichen. Grundlage dafür ist ein regelmäßiger, offener Informationsaustausch, lösungsorientierte Verhandlungen und die Bereitschaft die Perspektive der anderen Seite im Blick zu behalten.  
Mit der Beteiligung des Betriebsrats an der Personalplanung, sowie der Anerkennung des gemeinsamen Betriebs der Weltbild GmbH & Co. KG und der Weltbild Filialvertriebsgesellschaft, sind  dann auch die zwei elementaren Streitpunkte beigelegt worden. 
Im Fortgang der Veranstaltung stellten dann Mitglieder des Gremiums die weiteren Ergebnisse der Arbeit des Betriebsrats vor.

  Der große Umzug  (Dirk Neu) 
Angestrebt war die Zusammenführung von bisher räumlich getrennten Abteilungen bereits im Herbst 2018. Da die ersten Planungen für sehr viele Kollegen eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen mit sich gebracht hätten und auch zentrale Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung nicht eingehalten wurden, hat der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert und Nachbesserungen gefordert. Erst durch die Anmietung neuer Büroflächen konnte das Projekt dann im September 2019 durchgeführt werden. Bei Feinjustierungen und Nachbesserungen wurde auf dem "kurzen Dienstweg" zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung zügig Einigkeit erzielt, so dass sich das Ergebnis für beide Seiten positiv gestaltet hat. Vor allem für die Mitarbeiter war das Stühlerücken dann letztlich ein Gewinn, was die Qualität ihrer neuen Arbeitsplätze angeht. Dass aber nicht alles eitel Sonnenschein ist, deutet sich im Bereich Marketing an, wo aufgrund von Neueinstellungen bereits wieder ein gewisser Platzmangel herrscht. Der BR wird auf diesen Bereich ein besonderes Auge haben, damit nicht wieder eine unzulässige Verdichtung stattfindet.

Betriebsvereinbarungen im Bereich Software (Jürgen Puschmann)
Der zentrale Punkt bei neu eingeführten Programmen und Veränderungen an bereits verwendeter Software ist, dass der Schutz der MitarbeiterInnen gewährleistet sein muss. Es gilt zu verhindern, dass eine personenbezogene Auswertung mit dem Ziel einer Leistungskontrolle durchgeführt werden kann. Zusätzlich müssen die Zugriffsrechte für bestimmte Usergruppen und die Dauer der Datenspeicherung festgelegt sein. Ausnahmen können nur mit Erlaubnis des Betriebsrats gemacht werden.
Zu folgenden Programmen wurden Betriebsvereinbarungen geschlossen, beziehungsweise bereits bestehenden mit verbindlichen Ergänzungen versehen:
  • neue SAP Systeme
  • JIRA-Service-Desk
  • neue Drucker
  • AFI (Rechnungs-Genehmigung)
In Planung:
  • neues Zeiterfassungssystem
  • Windows 10
Maßnahmen zur Senkung der psychischen Belastung (Hannes Walk)
In der seit 2016 verschleppten und vor sich hindümpelnden Umsetzung notwendiger Verbesserungen für die Belegschaft, hat sich im Zuge der von HR-Chef Ries einberufenen Einigungsstelle, wirklich viel getan. So sind inzwischen in allen Bereichen Maßnahmen umgesetzt worden oder stehen zumindest kurz davor. 
  1. Zur Bekämpfung der körperlichen Beschwerden aus sitzender Tätigkeit und Bildschirmarbeit fanden mehrere Workshops statt. Dort wurden Möglichkeiten aufgezeigt, wie man Rückenbeschwerden, Nackenschmerzen und Verspannungen mit keinen Übungen selbst zu Leibe rücken kann.   
  2. Im Zuge des großen Umzugs wurden die räumlich bedingten Defizite der einzelnen Arbeitsplätze, soweit es möglich war, beseitigt oder zumindest deutliche Fortschritte erzielt.
  3. Zur Verbesserung des allgemeinen Arbeitsklimas, vor allem was  Führungsstil und  Wertschätzung durch die Vorgesetzten angeht, haben die Betriebsparteien verbindliche Führungsleitlinien vereinbart. Hervorzuheben ist, dass den Führungskräften von Seiten der Geschäftsführung Zeit für ihre Führungsaufgaben neben dem Tagesgeschäft eingeräumt wird und auch Unterstützung in Form von Schulungen zugesagt wurde. Es wird auch eine doppelte  Evaluierung zum Stand Umsetzung erfolgen. Der Betriebsrat führt eine Mitarbeiterbefragung zum Führungsstil durch  und parallel gibt es Feedbackgespräche der Geschäftsleitung mir den Führungskräften. Eine Betriebsvereinbarung ist bereits unterschrieben und die Belegschaft wird zeitnah ausführlich darüber informiert.
  4. Zur Optimierung von "hakeligen" und umständlichen Arbeitsabläufen, wird demnächst eine Art Prozessanalyse durchgeführt bei der Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten ermittelt werden sollen. Es geht dabei sowohl um die verwendeten Arbeitsmittel, als auch um die Abläufe im Allgemeinen, sowie Kompetenzen und Kommunikation. Dies wird vom Betriebsrat begleitet und soll den KollegInnen unnötigen Stress bei der tägliche Arbeit nehmen.
 Sicherheit im Betrieb und  Gesundheitsschutz (Manuela Natterer)
  • Es gibt jetzt endlich in allen Gebäuden ausreichende Benennungen und vollständige Listen mit Erst- und Brandschutzhelfern
  • Alle in den Büros verwendeten Elektrogeräte sind geprüft worden und entsprechen den nötigen Sicherheitsanforderungen
  • Über Begehungen wurde sicher gestellt, dass alle Arbeitsplätze die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung erfüllen
  • Durch eine Vorverlegung der Arbeitszeit, hatten die KollegInnen die Möglichkeit der Sommerhitze in ihren Büros zu entgehen 
  • Wo es angebracht ist, wurden Klimageräte und Luftbefeuchter angeschafft
Nach dem Bericht zu Tätigkeit des Betriebsrats hatte CEO Christian Sailer das Wort. Er informierte die Belegschaft über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und die laufenden und geplanten Aktivitäten, um Weltbild weiter zu entwickeln und nach vorn zu bringen.
Wirtschaftlich liegt das Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr über dem Stand des Vorjahrs und über den für 2019 geplanten Umsätzen. Ausschlaggebend für das finale Ergebnis wird allerdings das Weihnachtgeschäft sein, für das er persönlich positive Erwartungen hat. Kern des Erfolgs sind eine Erhöhung der Margen und die Fokussierung auf Eigenproduktionen, die es nur bei Weltbild gibt. Ein entscheidender Schritt hierbei war die Gründung einer eigenen Einkaufsgesellschaft in China. Positiv wirkte sich auch die Schließung unrentabler Filialen aus und die Tatsache, dass der Versand über unser Lager im tschechischen Bor jetzt besser funktioniert.
Der Trend neue Sortimente zu integrieren hat gut funktioniert und wird im nächsten Jahr weiter fortgesetzt. Er nannte hier die Bereiche Ernährung, Spititualität und Gesundheit. Auch die Digitalisierung soll weiter vorangetrieben  werden. Positiv bewertete Sailer die Einbindung neuer Marken, wie Orbisana und Gärtner Pötschke, die nächstes Jahr weiter ausgebaut werden sollen. Nach seiner Darstellung scheint sich Weltbild nun endlich wieder auf Erfolgskurs zu befinden ...
Am Ende seines Vortrags informierte er die Belegschaft über eine geplante Änderung in der Unternehmensstruktur. Wie in der Schweiz und Österreich, sollen  nun auch in Deutschland die Filialen nicht mehr über eine separate Gesellschaft betrieben werden. Er kündigte an, dass die Weltbild Filialvertriebsgesellschaft im Zuge einer "Anwachsung" noch dieses Jahr in der Weltbild GmbH & Co. KG aufgehen wird. Für die Angestellten würde sich durch diesen Schritt nichts ändern, vielmehr würde die Struktur der Weltbild Gruppe nun klarer und transparenter, was für zukünftige Kreditgeber ein positives Zeichen ist. 

 Zum Abschluss der Veranstaltung trat nochmals Timm Boßmann ans Rednerpult und ergänzte die Liste der abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen um zwei weitere:
  1. Für die außertrariflich angestellten Mitarbeiter wurde die Möglichkeit festgeschrieben, ihren variablen Gehaltsanteil von Zielerreichungsprämien zu entkoppeln und den faktischen "Gehaltsverzicht" über einen Freizeitausgleich in Form von zusätzlichen Urlaubstagen zu kompensieren.
  2. Die Vergütung von Praktikanten wurde einheitlich geregelt und die maximale Praktikumsdauer auf 6 Monate festgelegt ,um sie nicht als billige Arbeitskräfte weiter beschäftigen zu können.

Dann, nach knappen zwei Stunden, bedankte sich Timm Boßman für das zahlreiche Erscheinen und wünschte den KollegInnen eine schöne und entspannte Weihnachtsfeier, die direkt im Anschluss stattfand.

Freitag, 29. November 2019

125 Jahre Gewerkschaftlicher Rechtsschutz



Am 1. November 1894 eröffnete in Nürnberg das erste Arbeitersekretariat, eine Anlaufstelle für rechtssuchende Arbeiter*innen. Es markiert damit den Beginn der institutionalisierten Rechtshilfe bei Gewerkschaften. Heute ist der Rechtsschutz ein selbstverständlicher Teil der Mitgliederleistungen, auch bei ver.di. Mitglieder haben einen in der ver.di-Satzung verankerten Anspruch darauf, in rechtlichen Fragen beraten und im Konfliktfall auch gegenüber ihren Arbeitgebern oder den Sozialversicherungsträgern vor Gericht vertreten zu werden. Zum Teil erbringen sie diese Leistung durch eigene Beschäftigte, zum Teil durch die DGB Rechtsschutz GmbH.

Rechtsschutz sichern, bevor Du ihn brauchst? Hier lang: https://www.verdi.de/ueber-uns/mitmachen 


Der Beginn des Rechtsschutzes als breit aufgestellte Institution ist die Gründung der Arbeitersekretariate. Zwar gab es schon Anfang des 19. Jahrhunderts, insbesondere im Bergbau, sogenannte Rechtsschutzvereine, die den Bergleuten bei ihren Beschwerden gegen die Oberbergämter halfen. Mit den Arbeitersekretariaten dehnte sich diese Möglichkeit jedoch auf die gesamte Arbeiterschaft aus. Der Rechtsschutz war umfassender und professioneller.


Hinzu kam, dass durch die Bismarck'sche Sozialgesetzgebung Ende des 19. Jahrhunderts zwar neue Ansprüche für die Arbeiter*innen geschaffen wurden, diese waren jedoch zum Teil nur schwer zu verstehen und noch schwieriger durchzusetzen. Das Bedürfnis an qualifizierter Rechtsberatung war also erheblich gewachsen. Nicht verwunderlich ist daher, dass das 1894 gegründete Arbeitersekretariat in Nürnberg nicht nur schnell wuchs, sondern auch viele Nachahmer fand. Bis zu Beginn des Ersten Weltkriegs wuchs die Zahl die Arbeitersekretariate auf insgesamt 127.

Ursprünglich gegründet, um Hilfestellung in sozialversicherungsrechtlichen Fragen zu geben, beschäftigte sich das Arbeitersekretariat mit einer Vielzahl von Rechtsfragen. Ab 1906 traten die Arbeitersekretäre auch bei Gericht auf. Sie verstanden sich aber als Streiter für das Recht der Arbeiter in einem umfassenden Sinne. Viele Arbeitersekretäre engagierten sich politisch, traten als Redner bei Gewerkschaftsversammlungen auf und waren lokal gut vernetzt.

Der erste Arbeitersekretär, Martin Segitz, wurde im März 1919 Präsident und Innenminister der bayerischen Räterepublik, andere Arbeitersekretäre waren Abgeordnete, Minister, oder gar Reichskanzler. Der prominenteste Arbeitersekretär ist zweifellos der spätere Reichspräsident Friedrich Ebert.


Quelle: verdi 
Bild: flickr, "John, Justice or In-justice-1&", CC-Lizenz (CC BY-SA 2.0)

Dienstag, 26. November 2019

Einmal reich, immer reich


aus https://publik.verdi.de/2019/ausgabe-06/gesellschaft/meinung/seite-15/einmal-reich-immer-reich

EINKOMMEN - Nie waren die Unterschiede so groß wie zurzeit


Polarisierung und Verfestigung, das war der Titel eines Referats, das die Soziologin Dorothee Spannagel vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung auf dem ver.di-Bundeskongress gehalten hat. Es beschreibt die traurige Realität der Verteilungs­ungerechtigkeit in Deutschland. Mehr Arme, mehr Reiche, die Gesellschaft driftet immer weiter auseinander. Und das betrifft nicht nur die Verteilung der Ver­mögen. Eine Anfang Oktober vorgestellte WSI-Studie kommt zu dem Schluss, dass die Ungleichheit bei den Einkommen in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht hat, trotz guter Konjunktur und niedriger Arbeitslosigkeit. Gemessen wird diese Ungleichheit in dem sogenannten Gini-Koeffizienten. Der ist hoch wie nie zuvor. Das spürt man besonders an den Rändern. Arm wird ärmer, reich wird reicher, auch, weil die Einkommen sich auseinander­entwickeln.

Bis zum Jahr 2005 hat es schon mal einen starken Schub gegeben, nach der Wirtschaftskrise, also etwa ab 2010, so stellen die Wissen­schaftler*innen fest, hat die Einkommensungleichheit erneut stark zugenommen – und diesmal besonders der Abstand vom unteren zum oberen Rand. Die materiellen Mittel der Armen sind so gering, dass immer mehr Menschen nicht mehr am kulturellen oder sozialen Leben teilhaben können. Sie sind ausgeschlossen von weiten Bereichen des alltäglichen Lebens in diesem Land. Und nicht nur das, denn je ungleicher die Einkommen sind, desto ungleicher sind die Lebenschancen. „Einmal reich, immer reich“, sagte Spannagel in ihrem Vortrag. Hinzu kommen steigende Mieten, die diese Situation weiter verschärfen.

Es muss endlich umverteilt werden. Reiche Haushalte müssen über höhere Steuern ihren Beitrag leisten. Niedrige Einkommen müssen durch einen höheren Mindestlohn aber auch durch eine stärkere Tarifbindung und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen aufgewertet bzw. abgesichert werden. Sonst wird das nichts mit Gerechtigkeit.

Donnerstag, 21. November 2019

Einladung zur Betriebsversammlung


Die nächste Weltbild-Betriebsversammlung ist am Donnerstag den 28.11. 

Wie üblich findet die Versammlung in der Böwe-Kantine statt.
Die Veranstaltung beginnt um 13:30 Uhr.


Alle Beschäftigten der WBD in Augsburg und erstmals auch alle Beschäftigten der WBF-Zentrale in Augsburg sind herzlich eingeladen und können daran teilnehmen. 

Hierzu ein Hinweis:  Betriebsversammlungen haben Vorrang vor anderen Terminen im Betrieb. Andere Termine sollten in diesem Zeitraum nicht angesetzt bzw. nach Möglichkeit verschoben werden.

Worum geht es?


Auf dem Programm stehen unter anderem neue Betriebsvereinbarungen und Regelungsabsprachen, die zwischen Betriebsrat und der Unternehmensführung vereinbart wurden sowie ein Bericht der Geschäftsführung über den Verlauf des Geschäftsjahres und die wirtschaftliche Entwicklung bei Weltbild.

An dieser Stelle auch wieder der Hinweis an die Kolleginnen oder Kollegen in Teilzeit:
Auf Grund des Kantinenbetriebs bei Böwe kann die Veranstaltung nicht am Vormittag stattfinden.




Sonntag, 17. November 2019

Aytekin muss bleiben!

LIDL kündigt Gewerkschafter!

Der Fall Aytekin Erayabakan zeigt deutlich, dass bei LIDL in Graben bei Augsburg seit Jahren „Union Busting“ mit hohem Aufwand betrieben wird. Der Führungsspitze in Graben ist anscheinend jedes Mittel recht, um engagierte Gewerkschafter*innen aus dem Unternehmen zu drängen.

Traurigerweise gehört „Union Busting“ für Aytekin mittlerweile zum Alltag. Es vergeht kein Tag, ohne Angriffe der Geschäftsführung in Graben auf Aytekin.

Arbeitgeber, die aktive Gewerkschafter*innen aus dem Betrieb drängen wollen, müssen öffentlich gemacht werden. Was bei Lidl in Graben passiert, ist als Generalangriff auf aktive Gewerkschafter*innen, die für gute Arbeit im Betrieb täglich kämpfen, zu verstehen.

Was kannst Du tun?

Klicke hier auf dem Link  , dort auf die Solikarte und zeig der Arbeitgeberseite mit Deiner solidarischen Erklärung/Unterstützung, dass „Union Busting“ sich nicht lohnt.

Wie geht’s weiter?

Montag, 02.12.2019 um 11:45 Uhr (neuer Termin) findet die Güteverhandlung am Arbeitsgericht Augsburg in der Frohsinnstraße 2, im Sitzungssaal 1 statt.

Aytekin war tagtäglich immer wieder aufs Neue Bossing ausgesetzt. Im Unternehmen ist man meistens auf sich allein gestellt, jedoch nicht in der Güteverhandlung. Lasst uns gemeinsam Aytekin in der Güteverhandlung zu Seite stehen.

Freitag, 15. November 2019

Betriebsräte: Aldi: Diffamierungskampagne gegen BR - Biogrosshändler Dennree: betriebsratsfeindliches Verhalten


siehe auch ver.di Handel Magazin Ausgabe 04/2019


Gegenwind für neuen Betriebsrat bei Dennree


Mitte Mai konnten die 1300 Mitarbeiter des Biogroßhändlers Dennree im oberfränkischen Töpen erstmals einen Betriebsrat wählen.
Der rührige ver.di Gewerkschaftssekretär Paul Lehmann setzte das zusammen mit engagierten KollegInnen aus der Belegschaft durch.
Trotz angeblicher Begrüßung eines BR durch Unternehmensvertreter sieht die Realität anders aus und Dennree torpediert auf allen Kanälen die Zusammenarbeit mit dem BR.

Ärger gab es für den Betriebsratsvorsitzenden und einen weiteren Betriebsrat.
Wegen offener rechtlicher Fragen darf der Inhalt des Problems nicht wiederholt werden, Berichte sind in der Frankenpost vom 10. September gewesen, auch mit Nennung von Paul Lehmann.
Diesem wurde per Unterlassungsverfügung untersagt, sich zu dem Problem zu äußern.

Vertreten läßt sich Dennree in demaskierender Weise von einer Rechtsanwaltskanzlei, die für Union-Busting (Gewerkschafts-Zerstörung - systematische Bekämpfung, Unterdrückung und Sabotage von Arbeitnehmervertretungen) bekannt ist.

Dennree torpediert die Initiativen des BR und verweigert jeglichen Dialog, so dass wohl die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmervertretung über Einigungsstellen und Arbeitsgerichte durchgesetzt werden müssen.

Konsequenz des Verhaltens von Dennree: immer mehr Beschäftigte treten inzwischen in die Gewerkschaft ein.

Aldi schlägt um sich


Seit 2014 boxt Aldi Nord bereits neue Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen durch, die die Arbeitsbedingungen verschlechtern und letztlich auf einen Verzicht auf Mitbestimmung in Arbeitszeitfragen hinaus laufen.
Mit Hilfe der arbeitgebernahen AUB konnten in vielen Gremien die neuen Regelungen schnell durchgewinkt werden, die restlichen Widerstand leistenden Betriebsräte wurden mit Androhung von Schließungen, Investitionsstopps oder Ausgliederungen konfrontiert.

Inzwischen leisten nur noch zwei Betriebsratsgremien Widerstand gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.

Gegen diese läuft nun eine intensive Diffamierungskampagne.
Beschäftigte werden aufgestachelt, vorgefertigte Briefe gegen die Interessensvertretung zu unterschreiben, in Betriebsversammlungen und Betriebsratssitzungen wird versucht, Einschüchterung zu betreiben.

Gegen den engagierten Betriebsratsvorsitzenden Uli Kring der Aldi-Nord-Region Bad Laasphe wird eine perfide Diffamierungskampagne gefahren.
Filialleiter schreiben einen offenen Brief, Uli Kring sei aus angeblicher Sorge um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter in ihrer Filiale unerwünscht.

Durch aus dem Zusammenhang gerissene Äußerungen wurde auf einer Betriebsversammlung im September versucht, den Eindruck zu erwecken, er habe etwas über die Mitarbeiter gesagt, in Wirklichkeit war die Aussage auf den Arbeitgeber gemünzt gewesen und aus dem Jahr 2016.

Im Internet wurde von ver.di eine Protestpetition gegen die Behinderung der Betriebsratsarbeit durch Aldi Nord gestartet, die innerhalb nur weniger Tage dort und auf ausgedruckten Listen weit mehr als 1.500 Menschen unterzeichneten (tinyurl.com/yyztsk4y – Stand Ende September).

siehe auch:
https://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++fa04dca8-db87-11e9-9e46-525400b665de


Mittwoch, 6. November 2019

Nie wieder Faschismus

Im Rahmen des AntiFa-Kongresses des DGB haben Neo-Nazis zur einer Demonstration aufgerufen.

Um ein Zeichen gegen Rechts zu setzten, hat die ver.di zu einer Gegendemonstration aufgerufen und lädt alle herzlich ein, daran teilzunehmen.




Quelle: ver.di

Freitag, 1. November 2019

Es profitieren die reichen Haushalte


aus ver.di publik 5/19:


GRUNDSTÜCKSPREISE - Eine soziale Reform des Bodenrechts ist nötig


Die Wohnungsfrage ver­schärft sich weiter. In den Großstädten schießen die Mieten durch die Decke. Die Mietpreisbremse brachte keine große Entlastung. Zwischen Kiel und München wird zwar inzwischen etwas mehr gebaut. Der Neubau bleibt aber hinter dem Bedarf zurück. Zudem entstehen Wohnungen überwiegend im mittleren und höheren Preissegment. Folglich bleibt bezahlbarer Wohnraum knapp. Explodierende Grundstückspreise machen Mieten und Bauen immer teurer. Die starke Nachfrage nach Bauland und die Spekula­tion mit „Betongold“ treiben die Preise nach oben. Eigentümer von Brachflächen müssen nur Däumchen drehen. Jedes Jahr können sie zweistellige Renditen einstreichen. Erschwerend hinzu kommt, dass in den letzten Jahrzehnten viele öffentliche Wohnungs- und Grund­stücksbestände privatisiert wurden. Dadurch wurde öffentlicher Boden aus der Hand gegeben. Folglich sind die wohnungs­politischen Gestaltungsspielräume kleiner geworden.

Boden war noch nie so teuer wie heute. Seit den 1960er Jahren sind die Bodenpreise im Schnitt um das 18-fache gestiegen. In München explodierten sie seit den 1950er Jahren um das 340-fache. In einigen Stadtteilen Berlins verzehnfachten sich die Bodenpreise in den letzten zehn Jahren. In der Hauptstadt kostet ein Quadratmeter Bauland inzwischen rund 700 Euro. Die Immobilienbesitzer kommen so in den Genuss leistungsloser Vermögenszuwächse. Dabei profitieren die Eigentümer von staatlichen Vorleistungen. Der steuerfinanzierte Bau von U-Bahnen, Schulen, Theatern, Museen oder Parks steigert den Wert des dortigen Baulandes. Diese leistungslosen Bodenrenditen erreichen jedes Jahr rund 150 Milliar­den Euro. Da der Immobilienbesitz hoch konzentriert ist, profitieren überwiegend reiche Haushalte.

Grund und Boden ist aber keine normale Ware. Boden ist knapp und nicht beliebig vermehrbar. Seine Verteilung und Nutzung muss am Gemeinwohl ausgerichtet werden. Was mit den knappen Grundstücken geschieht, darf nicht der Profitlogik weniger Privat­eigentümer überlassen werden. Deswegen brauchen wir eine soziale Reform des Boden­rechts. Das Eigentumsrecht kann bereits mit kleinen Eingriffen qualitativ verändert werden. Das Erbbaurecht ist eine seit 100 Jahren bewährte sozial gerechte und spekulationsfeindliche Eigentumsform.


Die Kommunen vergeben befristete Bodennutzungsrechte mit Gemeinwohlbindung. Der öffentliche Boden wird verpachtet und der Pächter kann darauf ein eigenes Gebäude errichten. Der Boden bleibt in kommunaler Hand und kann nicht weiterverkauft werden. So wird der Besitz von Boden und Gebäuden entkoppelt. Das reicht aber nicht aus. Auch die kommunalen Vorkaufsrechte sollten gestärkt werden, damit Städte und Gemeinden besser an Boden gelangen. Die öffentliche Hand darf dabei keine Mondpreise zahlen. Daher sollten sich die Kaufpreise nicht länger am Verkehrs­wert, sondern an einem sozialverträglichen Ertragswert orientieren. Darüber hinaus können private Investoren mit städtebaulichen Verträgen gezwungen werden, sich an den kommunalen Kosten der Baulandbereitstellung zu beteiligen und in festgelegtem Umfang bezahlbaren Wohnraum anzubieten. In München und Münster ist das gängige Praxis.

Öffentliches Eigentum an Grund und Boden spielt für eine soziale Stadtentwicklung eine zentrale Rolle. Mit Hilfe einer strategischen Bodenbevorratung kann das öffentliche Grundeigentum erweitert werden. Die Stadt Ulm hat die Bodenspekulanten vor 125 Jahren mit einer solchen Politik aus der Stadt vertrieben. Ulm besitzt heute noch knapp ein Drittel des Bodens seines Stadtgebietes und kann so den Wohnungsmarkt sozialer steuern. Mit Hilfe eines bundes­weiten Boden- und Infrastrukturfonds könnten auch andere Städte und Gemeinden dem Ulmer Beispiel folgen. Zudem muss der Verkauf öffentlichen Grund und Bodens gestoppt werden.

Darüber hinaus lassen sich steigende Bodenwerte auch steuerlich abschöpfen. Mit einer Bodenwertzuwachssteuer könnten leistungslose Wertzuwächse abgeschöpft, die Spekulation mit brachliegenden Grundstücken eingedämmt und der Wohnungsbau angekurbelt werden. Ferner sollte die Spekulationsfrist abgeschafft werden. Wer nach zehn Jahren Grundstücke verkauft, sollte seine Gewinne künftig wieder versteuern müssen. Bodenpolitik kann also viel zur Lösung der Wohnungsfrage beitragen.


Montag, 21. Oktober 2019

Wohnungen statt Holzkisten

aus ver.di publik 5/19


WOHNUNGSNOT IN DER EU


Die Europäische Bürgerinitiative „Housing for All“, Wohnen für alle, fordert eine soziale Wohnungspolitik, damit Wohnen wieder für alle Menschen bezahlbar wird

Von Werner Rügemer

Aus Wien, der europäischen Stadt mit den meisten öffentlichen Wohnungen, kam der Anstoß: Wir gründen eine europaweite ­Bürgerinitiative! Unsere Forderung: Bezahlbare Wohnungen für alle! Wohnen ist ein Menschenrecht!

„Großinvestoren spekulieren auf hohe Renditen und kaufen ganze Stadtteile auf. Fakt ist: Der ungezügelte Kapitalmarkt wird niemals breite Schichten der Bevölkerung mit leistbarem Wohnraum versorgen. Hier muss die nationale Politik eingreifen und die EU bessere Voraussetzungen schaffen“,sagt die Sprecherin der Initiative, die Wienerin Karin Zauner-Lohmeyer. Sie arbeitet im ­öffentlichen Wohnungsbau der österreichischen Hauptstadt. „Wir müssen dieser unfassbaren, unmenschlichen Spekulation radikal entgegentreten! Das zerstört unsere Gesellschaft, und das ist der Boden der ­radikalen Rechten in Europa! Da müssen wir ein Zeichen setzen!“

Gewerkschaften beteiligen sich


So gründeten im März 2019 sieben Bürgerinnen und Bürger aus Österreich, Kroatien, Spanien, Portugal, Schweden, Zypern und Deutschland die Europäische Bürgerinitiative (EBI) „Housing for All!“. Die Initiative hat ihr Büro in Wien. Mittlerweile sind 48 nationale und internationale Initiativen, Gewerkschaften, Mieterbünde, Architektur- und Studierendengruppen und Forschungsinstitute beteiligt. Aus Deutschland sind der DGB, der Mieterbund und Attac dabei.

Die Initiative will bis zum 18. März 2020 mindestens eine Million Unterschriften in den EU-Staaten sammeln. In Deutschland müssen es mindestens 72.000 gültige ­Stimmen sein. Wenn die zustandekommen, müssen die Europäische Kommission und das Europäische Parlament die Forderungen behandeln.

Wohnungspolitik unterliegt den jeweils nationalen Regierungen. Aber die EU ist für einige Rahmenbedingungen verantwortlich.

Deshalb fordert die EBI:

1. Die EU beschränkt ihr Beihilferecht auf arme „Problemgruppen“. Das muss geändert werden, denn Wohnungsnotstand betrifft längst auch die Mehrheit der abhängig Beschäftigten.

2. Die Maastricht-Kriterien für die Grenzen der öffentlichen Verschuldung müssen für den Sozialwohnungsbau außer Kraft gesetzt werden.

3. Die EU muss, etwa über die Europäische Investitionsbank EIB, für gemeinnützige und öffentliche Wohnbauträger günstige Kredite mit niedrigen Zinsen bereitstellen.

4. Die gewinngierige Kurzzeitvermietung von Wohnungen durch Online-Plattform-Konzerne wie Airbnb muss eingeschränkt werden.

5. Die offiziellen Angaben zu Durchschnittsmieten wie durch die EU-Statistikbehörde Eurostat verschleiern die Notstände. Deshalb: kleinteilige Datenerfassung über einzelne Städte, Stadtviertel, Straßen!

Zauner-Lohmeyer beruft sich auf die weltweit bekannten Wohnverhältnisse in der österreichischen Hauptstadt. „Seit hundert Jahren ist in Wien das Wohnen eine Auf­gabe der öffentlichen Daseinsvorsorge. 60 Prozent der Wiener Bevölkerung wohnt in Wohnungen des geförderten genossenschaftlichen und des kommunalen Wohnbaus.“ So etwas ist also möglich, mitten im Kapitalismus.

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Donnerstag, 17. Oktober 2019

Gesunde Chefs führen besser


Gesundheitsschutz ist seit Jahren ein Schwerpunkt in der Arbeit des WELTBILD-Betriebsrats. Wie wichtig das ist, belegen wissenschaftliche Studien immer wieder. Drei davon stellen wir hier kurz vor. 

Die erste Untersuchung zeigt, dass Gesundheitsschutz im Betrieb kein Luxus ist, sondern im wahrsten Sinne des Wortes lebensnotwendig. Die zweite lenkt das Augenmerk auf die Gesundheit der Führungskräfte. Zu guter letzt eine Studie aus Michigan, die beweist, dass „Waldbaden“ tatsächlich funktioniert.

Wer schwerer schafft, ist früher tot

ForscherInnen der Uni Duisburg haben den Zusammenhang von Arbeitsbelastung und Lebenserwartung untersucht. Sie fanden heraus, dass eine hohe Arbeitsbelastung nicht nur das aktuelle Wohlbefinden beeinflusst. Negative Effekte sind über das Erwerbsleben hinaus nachweisbar. Unwissenschaftlich ausgedrückt: Wer schwer arbeitet, stirbt früher und hat weniger von der Rente.

Führungsverhalten als Gesundheitsfaktor

Eine besondere Rolle beim Gesundheitsschutz kommt den Führungskräften zu. Eine große Meta-Studie der Universitäten von Kiel, Frankfurt und Koblenz-Landau zeigt: Gestresste Chefs neigen zu einem destruktiven Führungsstil. Damit schaden sie nicht nur ihren Untergebenen, sondern auch dem Unternehmen.

Sozialpsychologin Antonia Kaluza sieht hier einen wichtigen Ansatzpunkt für die Gesundheitsförderung im Betrieb: „Da das Führungsverhalten wiederum Auswirkungen auf die Leistung, aber auch auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter hat, ist die Förderung des Wohlbefindens von Führungskräften ein wichtiger Ansatzpunkt für Gesundheitsmaßnahmen in Unternehmen. Zum Beispiel sollte das Thema Gesundheit und die Kommunikation über Stress und Belastungen bei Führungskräften enttabuisiert und zu einer Selbstverständlichkeit werden. Gezielte Trainingsmaßnahmen, um die Führungskräftegesundheit zu stärken, aber auch strukturelle Veränderungen, damit Führungskräfte ihre Arbeit effektiv UND gesund ausüben können, sind hier wichtige Elemente.“

BR fordert Coaching für Führungskräfte

Vor diesem Hintergrund gewinnt die Initiative des WELTBILD-Betriebsrats zur Führungskräfte-Entwicklung nochmals an Bedeutung. Eine der Maßnahmen nach der Gefährdungsbeurteilung war ein Coaching für Führungskräfte. Mittlerweile wurden die Erkenntnisse aus diesen Workshops zwischen BR und Geschäftsführung besprochen. Der nächste Schritt ist die Erarbeitung von Führungsleitlinien inklusive eines Programms zu deren Einführung. Dem Betriebsrat ist wichtig, dass es nicht bei der bloßen Forderung nach gesunder Führung bleibt. Entscheidend für den Erfolg ist, dass die Vorgesetzten dabei auch aktiv unterstützt werden.

Einfach mal raus in den Stadtwald

Was früher schlicht Spaziergang genannt wurde, heißt heute "Waldbaden" und ist Teil von Burnout-Therapien. Alles Kokolores? Nein! Eine Studie der University of Michigan zeigt, dass Waldbaden tatsächlich funktioniert. Drei Mal die Woche zwanzig Minuten im Wald spazieren gehen: Das senkt den Level des Stresshormons Cortisol nachweisbar und schützt vor Folgeerkrankungen wie Herzproblemen oder Übergewicht. Warum also nicht einfach mal rüber in den Stadtwald statt in die Kantine? Kleiner Tipp noch: Lasst das Handy dabei im Büro liegen, sonst funktioniert‘s nicht…

Donnerstag, 10. Oktober 2019

Gut mit ver.di starten - das sollten Azubis wissen


Das Ausbildungsjahr 2019 ist vor etwas mehr als einem Monat gestartet.
Inzwischen dürften die Auszubildenden im Unternehmen "angekommen" sein, ihre KollegInnen kennengelernt und erste Eindrücke ihres künftigen Arbeitsfeldes bekommen haben.
Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hat, spuken wahrscheinlich auch die ersten Fragen im Kopf umher.

Das sollten Azubis wissen

Was heißt Probezeit?

Die Probezeit dauert ein bis maximal vier Monate. Während dieser Zeit können sowohl Auszubildende als auch der Betrieb das Ausbildungsverhältnis ohne Begründung kündigen. Dies muss aber schriftlich erfolgen.

Kann man nochmals wechseln?

Auszubildende können kündigen oder einen Aufhebungsvertrag mit dem Betrieb vereinbaren und ihre Ausbildung in einem anderen Betrieb fortsetzen.
Wenn der bisherige Betrieb aber nicht einverstande ist, brauchen sie einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung.
Azubis sollten erst kündigen, wenn sie einen neuen Betrieb gefunden haben, der sie übernimmt.

Was ist mit Urlaub?

Wieviel Urlaub Auszubildenden pro Jahr zusteht, kann man im Ausbildungsvertrag und im entsprechenden Tarifvertrag nachlesen.
Mindestens zwei Wochen vom Jahresurlaub müssen am Stück gewährt werden.

Wie viel Vergütung ibt es?

Die Ausbildungsvergütung ist für viele Auszubildende in Tarifverträgen festgelegt.
Aber auch wenn kein Tarifvertrag gilt, muss die Vergütung angemessen sein.
ver.di hilft weiter, wenn es Fragen gibt.

Was ist mit Überstunden?

Überstunden sind in der Ausbildung nicht vorgesehen, da die Auszubildenden den Beruf ja erst in dem Betrieb erlernen sollen. Dazu reicht die vertraglich festgelegte Ausbildungszeit aus.
Sollte es doch zu Ausnahmefällen kommen, dann gelten das Arbeitszeitgesetz und das Jugendarbeitsschutzgesetz.

Welche finanziellen Hilfen gibt es?

Auszubildende können bei der Arbeitsagentur Berufsausbildungsbeihilfe beantragen, wenn das Geld nicht reicht.
Eltern von Auszubildenden unter 25 Jahren erhalten außerdem weiterhin Kindergeld, solange ihr Kind eine Ausbildung macht. Wenn der/ die Auszubildende nicht mehr zu Hause wohnt und den Eltern keine Kosten durch ihn/ sie entstehen, müssen die Eltern ihm / ihr das Kindergeld auszahlen.

Noch nicht alle Fragen beantwortet?

Wenn hier noch nicht alle Fragen beantwortet sind, oder ihr gerne genauere Informationen möchtet, findet hier Hilfe:
  •  euer Betriebsrat
  •  jugend.verdi.de
  •  www.ausbildung.info (Infoportal der ver.di zur Ausbildung)
  •  start.verdi-mitgliederservice.de (ver.di-Mitgliederservice)
Quelle: ver.di Publik 5/2019


Dienstag, 1. Oktober 2019

20.000 Euro Entschädigung für Betriebsrätin, die Opfer eines Kündigungs-Krimis wurde



Wilde Räuberpistole um Alkoholgenuss im Dienst sollte stellvertretende BR-Vorsitzende ins Aus katapultieren


In der Intrige in Bad Nauheim ging es dem Arbeitgeber, einem örtlichen Pflegeheim, darum, die Betriebsrätin loszuwerden. Betriebsräte genießen jedoch in Deutschland besonderen Schutz: dieser ist nötig, um sich im Streitfall zwischen die KollegInnen und den Arbeitgeber stellen zu können, ohne selbst für ihren Einsatz Schikanen in Job befürchten zu müssen. Diesen rechtlichen Schutz angreifen und hinterlaufen ist das selbstausgesuchte "Arbeits"-gebiet von speziellen Arbeitsrechtlern. 

Diese Kanzleien greifen dabei tief in ihren Werkzeugkasten schmutziger Tricks: Im vorliegenden Fall hatte das Pflegeheim den für seinen "Service"bekannten Rechtsanwalt Helmut Naujoks engagiert, der auf die Betriebsrätin auch gleich zwei Detektive auf einmal hetzte. Das Ziel: mit fingierten Vorwürfen von Alkoholgenuss im Dienst im Pflegeheim der BR Vizechefin eine besonders schwere Pflichtverletzung vorwerfen zu können und die Kündigung zu erreichen. 


Arbeitsgericht Gießen verurteilt sowohl Arbeitgeber als auch deren Rechtsanwalt zu 20.000 Euro


Ebenfalls Ziel der Kampagne - die BR Vorsitzende: Die Kammer sah es nach einer Beweisaufnahme als erwiesen an, dass die Betreiberin von Senioreneinrichtungen gemeinsam mit einem Rechtsanwalt im Jahr 2012 ein Strategiekonzept zur Entfernung ihrer unliebsamen Betriebsratsmitglieder entwickelte. Danach sollten eingeschleuste Lockspitzel die Betriebsratsmitglieder in Verruf bringen, Kündigungsgründe provozieren und erfinden. Ein als Zeuge vernommener Detektiv bestätigte den Vorwurf, man habe der Klägerin einen Verstoß gegen das betriebliche Alkoholverbot untergeschoben, um ihre fristlose Kündigung gerichtlich betreiben zu können. 

Zur strategischen Umsetzung habe auch gehört, dass die Kollegin der Klägerin, die Betriebsratsvorsitzende (siehe dazu Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Gießen Nr. 2/2019), von zwei weiteren Detektiven durch Beschimpfen und Bespucken zu Tätlichkeiten provoziert werden sollte. Als diese nicht zuschlug, verletzte einer der Detektive den anderen und bezichtigte die Betriebsratsvorsitzende dieser Tätlichkeiten.

Die Kammer wertete die strategische Vorgehensweise der Arbeitgeberin und ihres Rechtsberaters als schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung (§§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 1, 840 Abs. 1 BGB i.V. m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) und verurteilte sie zu gemeinschaftlicher Entschädigungszahlung.

Unkündbare kündigen helfen - eine besonders schmutzige Dienstleistung 


Wer mehr zu diesem und anderen Fällen erfahren will, kann dies in der ARD Mediathek. Dieser und andere Fälle waren Thema einer "panorama" Berichterstattung im NDR: https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Die-Rausschmeisser-Feuern-um-jeden-Preis-,rausschmeisser100.html 

Quelle: https://arbeitsgerichtsbarkeit.hessen.de/pressemitteilungen/fingieren-von-k%C3%BCndigungsgr%C3%BCnden-zur-entfernung-unliebsamer-betriebsratsmitglieder

Montag, 23. September 2019

Herzlich willkommen bei Weltbild


Am 2. September hat das neue Ausbildungsjahr begonnen und auch bei Weltbild setzt man wieder verstärkt auf den Nachwuchs und dessen Förderung.


Nachdem in den vergangen Jahren die Nachwuchsförderung bei Weltbild eher nicht existent war, ist es sehr erfreulich, dass die Ausbildung junger, motivierter Menschen einen deutlichen Aufschwung erlebt.

Sechs junge Frauen und Männer haben daher Anfang September ihre Ausbildung im Hause Weltbild begonnen.

Foto: Copyright @Weltbild
CEO Christian Sailer, Betriebsratsvorsitzender Timm Boßmann und die Ausbildungsbeauftragte Irene Marquardt, sowie die Vorgänger-Azubis heißen die neuen Auszubildenden willkommen

Wie wichtig das Ausbilden eigener Fachkräfte ist, stellt  auch Christian Sailer, CEO Weltbild, fest:
"Wir freuen uns , dass junge Menschen aus dem Raum Augsburg bei Weltbild den Einstieg in die Verlags- und digitale Handelswelt suchen. Unsere Anforderungen sind aufgrund unseres besonderen Geschäftsmodells - einer Mischung zwischen Verlag/Hersteller und Händler - sehr speziell und neue Fachkräfte, die wir selbst ausbilden, verstärken uns enorm."

Ins Berufsleben starten die neuen Auszubildenden dieses Jahr als Fachinformatiker Anwendungsentwicklung, Kaufleute E-Commerce und Medienkaufleute Digital und Print.

Nach der Ausbildung Schicht im Schacht?


Viele Auszubildende, die sich dem Ende ihrer Ausbildung nähern, befürchten - oftmals zurecht - dass sie nicht in ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen werden.
Auch hier scheint man bei Weltbild umzudenken. 
Gerade weil das Geschäfstmodell speziell ist, aber auch durch Integration anderer Unternehmen unter dem Dach der Weltbild Gruppe, will man seine selbst ausgebildeten Fachkräfte nicht verlieren.
So haben Vorgänger-Azubis, die ihre Ausbildungen erfolgreich im Unternehmen abgeschlossen haben eine unbefristete Festanstellung bekommen.

Studieren und Arbeiten


Ein weiterer Pfeiler der Nachwuchsförderung ist die Anstellung als Werkstuden*In .
Hier bietet das Unternehmen motivierten Student*Innen die Möglichkeit, neben dem Studium erste Berufserfahrungen sammeln zu können, also die Theorie mit der Praxis zu verbinden.

Derzeit werden Werkstudent*Innen in den folgenden Bereichen gesucht:
  •   Marketing, Wettbewerbsbeobachtung, Pricing
  •   Online- und E-Mail - Marketing
Bei Interesse kann man sich hier informieren und bewerben.

Wir heißen die Azubis bei Weltbild herzlich willkommen, wünschen ihnen eine erfolgreiche Ausbildung und einen gelungenen Start ins Berufsleben.

Quelle: www.weltbild.com






Mittwoch, 18. September 2019

Vereinbarung über Praktikanten bei Weltbild


Wer ein Praktikum bei Weltbild ableistet, solle auch etwas dafür bekommen. Allerdings gab es bisher noch keine klare Absprache über alle denkbaren Formen der Aufwandsentschädigung. Betriebsrat und Personalleitung habe jetzt eine Übereinkunft getroffen, die verschiedenste Praktikums-Varianten abdeckt. 


Und davon gibt es mehr als man denkt:
- Schul- und Schnupperpraktika
- FOS-Praktikanten
- Jobsuchende Berufseinsteiger, die von der Bundesagentur für Arbeit unterstützt werden und solche, die nicht von der Bundesagentur unterstützt werden
- Studenten, die Pflichtpraktika absolvieren oder bereits im Unternehmen beschäftigte Weltbild-Werkstudenten, die eine Praktikums-Bescheinigung benötigen
- Bachelor-Aspiranten, Masteranten oder Diplomanten

Nicht alle diese Praktikumsarten kommen im Unternehmen häufig vor. In der Mehrzahl handelt es sich bei Weltbild um Schnupperpraktika oder FOS-Praktikanten.

Für die verschiedensten Formen eine Praktikums gibt es nun dennoch eine Regelung.
Die Aufwandsentschädigung reicht dabei von 25€ Gutscheinen für Schnupper-Praktikanten bis zu 900€ für jemanden, der seine Master- oder Diplomarbeit bei Weltbild schreibt.

Wichtig war dem Betriebsrat auch die Beschränkung der Dauer des Praktikums auf maximal 6 Monate. Schließlich soll vermieden werden, dass Praktikanten eingesetzt werden, um reguläre Beschäftigte zu ersetzen.



Dienstag, 10. September 2019

Buchkritik: Best Practice Leadershit


Wolltest du auch immer schon mal Mäuschen spielen, wenn in der Chefetage bahnbrechende Marketingkonzepte geboren werden? Live miterleben wie ein brutales Sparprogramm als revolutionäre Innovation verkleidet wird? Oder dem CEO beim Pebrasto – dem persönlichen Brainstorming – unter die Schädeldecke linsen? Dann heißen wir dich herzlich willkommen in der Welt von Hannes, der Hauptfigur der Satiren-Sammlung „Best Practice Leadershit“ von Stefan Häseli.

Häseli heißt tatsächlich so und ist seit 20 Jahren als Unternehmensberater und Managercoach unterwegs. Wer dabei nicht selber komplett bekloppt werden will, muss ein Ventil für den Irrsinn finden, dem man nicht nur in multinationalen Konzernen auf der Führungsebene  ausgesetzt ist. So ist Stefan Häseli inzwischen als „Business-Comedian“ unterwegs und würzt Firmenevents und Kongresse mit einer Prise Humor. Entsprechend sind die Geschichten, die der Verlag BusinessVillage in dem kleinen Band versammelt hat, nie wirklich bösartig, sondern kommen eher selbstironisch augenzwinkernd daher.

Aber es liest sich allemal nett, wenn die neue Du-Kultur per Dekret mit Übergangsfrist angeordnet werden muss, wenn ein Riesenbohei um den neuen Fahrradstellplatz gemacht oder die Führungskräfte sich im Ü50-Triathlon gegenseitig überbieten. So eignet sich der Band auch als Geschenk für Manager und solche, die es noch werden wollen. Für die MitarbeiterInnen unterhalb der Teppichetagen bleibt die tröstliche Einsicht: Die da oben haben es auch nicht immer leicht. Allerdings werden sie für den Unsinn deutlich besser bezahlt als jene, die ihn ausbaden müssen…


Freitag, 6. September 2019

Der Umzug hat begonnen ...


Fast zwei Jahre ist es her seit das Thema bei Weltbild aufkam. Und der lange Weg zum jetzt angelaufenen Umzug war ein sehr steiniger. Aber die Hartnäckigkeit des Betriebsrats hat sich am Ende gelohnt - vor allem für die Kollegen!

Die zusätzlich angemieteten Räumlichkeiten waren am Ende das Schwert, das den Gordischen Knoten gelöst hat ... der Rest war dann eigentlich ganz einfach. Mit dem Mehr an Fläche, ergaben sich neue und schlüssige Raumplanungen, die den gesetzlichen Vorgaben auch entsprechen konnten. 

Die von der Geschäftsführung vorgelegten Pläne wurden mit dem BR beraten und die dann noch notwendigen Änderungen und Anpassungen schnell und einvernehmlich beschlossen. Am Ende Stand eine von beiden Seiten akzeptierte Lösung, die für alle Büros eine fixe Belegung festgelegt und die das maximal Machbare aus der gegebenen Situation herausgeholt hatte. Im nächsten Schritt musste die GF die zeitliche Koordination festlegen nach der das Stühlerücken ohne allzu große Verwerfungen stattfinden konnte. Dieser Prozess begann in der letzten Augustwoche und ist aktuell in vollem Gange - eine große Anstrengung für die Kollegen, die die Arbeitsplätze von  A nach B transportieren müssen und die IT, die für ein Funktionieren der PCs am neuen Arbeitsplatz zu sorgen hat.

Eine letzte Herausforderung könnte die Verteilung der Kollegen innerhalb der neuen Büros darstellen. Die Vorgaben in den jeweiligen Räumen sind mit der Anzahl der Mitarbeiter zwar erfüllt, eine persönliche Zuweisung der einzelnen Schreibtische war allerdings nicht Teil der Planung. Dies ist Aufgabe des Vorgesetzten, der im Gespräch mit seiner Abteilung eine gerechte und zufriedenstellende Lösung finden muss. 

Am Ende, wenn der Umzug komplett über die Bühne ist, werden alle Bereiche vom Sicherheitsbeauftragten begutachtet und auf Einhaltung der geltenden Vorschriften kontrolliert. Wenn die dabei auffallenden Mängel korrigiert sind, kann das Großprojekt  endlich abgeschlossen werden. Der Betriebsrat ist sehr zuversichtlich, dass die Kollegen mit dem erzielten Ergebnis zufrieden sein werden.

Donnerstag, 15. August 2019

URTEIL - Von den Grenzen der Arbeitszeit


ver.di Publik Ausgabe 4:


URTEIL  - Von den Grenzen der Arbeitszeit


Europäischer Gerichtshof stärkt Beschäftigten den Rücken


Im Grunde ist es eine Binsenweisheit, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 14. Mai 2019 in ein Grundsatzurteil zu­gunsten aller abhängig Beschäftigten gekleidet hat: Weil es in der Europäischen Union rechtlich zwingende Vorschriften über Höchst­arbeitszeiten und Mindest­ruhezeiten gibt, muss es – ebenso zwingend – in jedem Betrieb und für jeden Einzelfall auch möglich sein, die geleistete Arbeitszeit objektiv, zuverlässig und systematisch aufzuzeichnen. Ohne eine solche Dokumentation, so die „Große Kammer“ des EuGH in Luxemburg, hätten die einzelnen Arbeitnehmer*innen keine Chance, ihre Rechte gerichtsfest geltend zu machen und durchzusetzen. Klingt plausibel, ist plausibel, aber bezeichnend für die tägliche Praxis kapitalistischen Wirtschaftens bleibt, dass es wieder erst eines ambitionierten höchstrichterlichen Machtworts bedurft hat, damit ein Problem wie das der langen und überlangen Arbeitszeiten zu einem vielbeachteten Tagesthema wird.

Neben dem Kampf um höhere Löhne und Gehälter hat im Zentrum gewerkschaftlicher Tarifpolitik stets der tägliche, wöchentliche, monatliche und alljährliche Zeitaufwand gestanden, den abhängig Beschäftigte zu leisten hatten und haben, um ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familien zu sichern und dabei einigermaßen bei Gesundheit und Kräften zu bleiben: die tarifliche Arbeitszeit. Nicht nur in Deutschland hat die neoliberale Agenda- und Austeritäts­politik von übergroßen Koalitionen seit der Jahrtausendwende bei Löhnen und Arbeitszeiten heftige Verwerfungen mit sich gebracht. Eine rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikations­techniken tut dabei ein Übriges.

Die Stichworte sind bekannt: Massenarbeitslosigkeit, prekäre Arbeitsverhältnisse, Leiharbeit, Minijobs, Niedrig­löhne, befristete Jobs, Schicht­arbeit, Nachtarbeit, illegale Beschäftigung, materielle und kulturelle Verarmung. In der Folge lösen sich auf der an­deren Seite die Grenzen auf zwischen fremdbestimmter Arbeit und – jedenfalls ge­fühltem – selbstbestimmtem Tun oder eben auch Lassen.Es gilt immer öfter: die Ver­trauensarbeit. Die muss der Arbeitgeber tatsächlich nicht mehr kontrollieren, weil jede*r nach eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten so lange arbeitet, bis das Produkt fertig, die Ware ausge­liefert, das Projekt abge­schlossen, alle Patient*innen „versorgt“ sind. Wieviel Zeit dabei draufgeht, spielt keine Rolle mehr, aber wer schneller ist als die anderen, dem „vertraut“ der Arbeitgeber noch ein bisschen mehr Arbeit an. Er kauft Arbeitskraft nicht mehr in Form von Zeit, sondern nur noch als Output, als fertiges Produkt, als erledigte Dienstleistung – zum reinen Stücklohn sozusagen, als Rückkehr zum früher ver­breiteten, gehassten und mit gewerkschaft­lichen Instrumenten bekämpften Akkordlohn. Die Folgen werden zunehmend sichtbar: in der rasant steigenden Zahl von psychischen und psychogenen Erkrankungsfällen, in der Ausbreitung von Burnout, Depressionen und anderen Erschöpfungszuständen.

In dieser Situation haben unsere Gewerkschaftskolleg*innen von den Comisiones Obreras (CCOO) die spanische Niederlassung der Deutschen Bank (sic!) vor dem Nationalen Gerichtshof in Madrid verklagt, der sich wiederum an den EuGH wandte. Und dessen Richter*innen haben mit ihrer Grundsatzentscheidung einen stabilen sozialpolitischen Pflock eingeschlagen, an dem nun die Beschäftig­ten und ihre Interessenver­tretungen ihre eigenen Ansprüche an Systeme zur Erfassung der Arbeitszeit festmachen können. Dabei müssen sie nicht auf die Umsetzung des Urteils in nationales deutsches Recht warten, so die Einschätzung der Rechtsabteilung von ver.di. Rahmenbedingungen der Arbeitszeiterfassung könnten tarifver­traglich geregelt werden, deren betriebliche Umsetzung der Mit­bestimmung des Betriebsrats unterliegen würde, um etwa mit Regelungen zur Personalbemessung und zum Datenschutz zu verhindern, dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung zu Arbeitsver­dichtung oder verstärkter Überwachung der Beschäftigten führt.

Nicht zuletzt eröffnet das Luxemburger Urteil neue Chancen, in Deutschland die überbordende Zahl von jährlich mehr als zwei Milliarden Überstunden (davon die Hälfte unbezahlt) einzudämmen, ohne die Betroffenen individuellen Konflikten am Arbeitsplatz auszusetzen. Summa summarum: Mit seinem Urteil vom 14. Mai hat der EuGH den Arbeitnehmer*innen kräftig den Rücken gestärkt.

Freitag, 9. August 2019

Klimademos am 20. September - Frank Bsirske: "ausstempeln und mitmachen"

 

Der ver.di Chef Frank Bsirske empfiehlt seinen Gewerkschaftsmitgliedern die Teilname an den großen Klima-Demonstrationen am 20. September


Im Gespräch mit der WAZ erklärt Bsirske: „Wir werden zur Teilnahme an den Veranstaltungen aufrufen. Es geht darum, Flagge zu zeigen – wir brauchen ein deutlich konsequenteres Handeln der Politik beim Klimaschutz“. Am 20. September ruft Fridays for Future allein Deutschland in über 100 Orten zum Klimastreik der Schüler und Jugendlichen auf. Dass die Arbeitnehmer natürlich nicht streiken dürfen wegen des Klimas, ist auch Bsirske klar: "Aber wer kann, sollte ausstempeln und mitmachen. Ich werde jedenfalls hingehen."


Bsirske, der nicht nur Mitglied im RWE Aufsichtsrat, sondern selbst auch Mitglied der Grünen ist, fordert unter anderem den schnellen Ausstieg aus der Kohleverstromung. Trotzdem weiß er, dass bestimmte Bedingungen gegeben sein müssen: "Der Strom müsse bezahlbar bleiben, der Ausstieg sozialverträglich erfolgen und nachhaltig organisiert werden.", sagt er im Interview mit der WAZ.

Die von der deutschen Organisation der Fridays for Future Proteste bekannte junge Aktivistin Luisa Neubauer freut sich über den Rückenwind durch die ver.di. Sie twittert: "Der Chef der 2. größten Gewerkschaft Deutschlands ruft zum Klimastreik auf. Ein unendlich wichtiger Schritt - nicht nur für uns junge Menschen. Auch für ein Land, auf dessen Klimapolitik die Welt wartet. Und das gefragt ist zu zeigen, wie eine gerechte 1,5° Politik aussehen kann."

GLS Bank gibt Mitarbeitern am Streiktag frei

Die ökologisch und sozial ausgerichtete GLS Bank bleibt am 20. September geschlossen: Laut dem GLS Vorstandssprecher haben Unternehmen Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung. Auch deswegen hat die Bank ein Spendenkonto für Schüler eingerichtet, denen rechtliche Konsequenzen durch ihre Streikteilnahme drohen.  

Hier gibt es die Karte, wo am 20. September überall in Deutschland demonstriert wird:

https://fridaysforfuture.de/allefuersklima/










Quellen: 
Bild Frank Bsirske: "selber erstellt [Copyrighted free use]" https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/ad/Frank_Bsirske_2018.JPG  
Fridays for Future Logo: Von Bregfra - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=80998264





Donnerstag, 8. August 2019

UNION BUSTING - Hanebüchene Anschuldigungen


ver.di Publik Ausgabe 4:

Hanebüchene Anschuldigungen


UNION BUSTING - Sparkasse Regen-Viechtach will Personalratsvorsitzende loswerden


Seit ihrer Ausbildung, seit fast 40 Jahren, arbeitet Margit W. bei der bayerischen Sparkasse Regen-Viechtach. Zehn Jahre ist sie bereits Personalratsvorsitzende in Freistellung, setzt sich für ihre Kolleg*innen ein. Wiederholt machte ihr die Sparkasse in den letzten Jahren das Leben schwer, gab es Auseinandersetzungen, die vor Gericht landeten. Zweimal hat sie dabei gewonnen. Im Oktober letzten Jahres dann der Höhepunkt der Konflikte: Die Sparkasse legte dem Personalrat die außerordentliche Kündigung seiner Vorsit­zenden zur Mitbestimmung vor. Der Personalrat lehnte seine Zustimmung ab. Daraufhin wandte sich die Sparkasse an das Verwaltungsgericht München und beantragte ein Zustimmungsersetzungsverfahren.

Auf Unkündbare spezialisiert


ver.di wurde für die Personalrätin aktiv, sammelte über 4.000 Unterschriften und übergab sie dem Verwaltungsratsvorsitzenden der Sparkasse. „Wir fordern die Sparkasse auf, ihrer sozialen Verantwortung als Arbeitgeber nachzukommen und die fristlose Kündigung um­gehend zurückzunehmen“, sagt die Leiterin des Fachbereichs Finanzdienstleistungen bei ver.di Bayern, Tina Scholze. Die Anschuldigungen und die Begründung für das Kündigungsbegehren sind „hanebüchen“, sagt sie, ver.di habe das geprüft. Auffällig sei aber, dass die Sparkasse einen Anwalt aus München, Tobias Schwartz, beauftragt habe, der eigens auf die Kündigung von Unkündbaren spezialisiert sei, also Schwangere, Schwerbehinderte und eben Personalräte, wie noch bis vor kurzem auf seiner Homepage zu lesen gewesen sei. Deshalb spricht ver.di in diesem Fall auch von „Union Busting“, der systematischen Bekämpfung von Gewerkschaftsarbeit und der Arbeit von Personal- und Betriebsräten.

Auch der Blog arbeitsunrecht.de hat den Fall aufgegriffen. Er schreibt, die Sparkasse habe ein 70-seitiges Begründungsschreiben aufgesetzt, um die Personalratsvorsitzende zu kündigen. Die Vorwürfe reichen von Störung des Betriebsfriedens über unerlaubtes Weiterleiten von E-Mails bis hin zu der Behauptung, sie halte Mitarbeiter von der Arbeit ab. Wenn man allerdings als Vorstand, dem bayerischen Personalvertretungsrecht verpflichtet, sich die Blöße gebe, eine Personalratsvorsitzende, die mit Mehrheit gewählt wurde und mit gutem Feedback dastehe, zu kündigen, dann habe das „eine neue Qualität“, betont Tina Scholze von ver.di. Immerhin gelte die Personalrätin unter den Beschäftigten als gute Seele, die ihre Leute nicht im Stich lasse. Aber genau das sei den Vorgesetzten offenbar unbequem.

Tina Scholze kritisiert, die Sparkasse Regen-Viechtach werbe mit Sprüchen wie, der Mensch stehe im Mittelpunkt, oder langfristige Partnerschaft zahle sich aus. Für die eigenen Mitarbeiter*innen und Personalräte scheint das nicht zu gelten. So gehe man nicht mit Menschen um, sagt Scholze. Das sei vielmehr der Versuch, Menschen einzuschüchtern und die Wahrnehmung demokratischer Grundrechte zu unterbinden. „Von einer Sparkasse, die sich selbst als wichtiger Arbeitgeber in der Region sieht, erwarten wir ein deutlich anderes Verhalten“, so Scholze.    Marion Lühring


Mittwoch, 17. Juli 2019

Arbeiten im Facebook Löschzentrum Berlin-Spandau: Gefällt uns nicht

In Berlin-Spandau lässt der US-amerikanische Social Media-Konzern ein Löschzentrum betreiben. Die Arbeit, die vor allem Migranten und Migrantinnen unterschiedlichster Herkunft verrichten, ist psychisch extrem belastend, die Fluktuation entsprechend hoch


Wenn Adnan das Gebäude von Arvato im Berliner Stadtteil Siemensstadt betritt, öffnet er mit einer Schlüsselkarte die ­Türen und geht zu seinem Arbeitsplatz. Seine Schicht beginnt entweder um 8 Uhr morgens und dauert bis 16 Uhr, oder sie beginnt um 13:30 Uhr und er arbeitet bis 22 Uhr. Die Nachtschicht fängt um 22 Uhr an und dauert bis morgens 6:30 Uhr. Wenn er an seinem Arbeitsplatz angekommen ist, loggt er sich in das System, mit dem er arbeitet, mit einem Code ein. Danach hat er nur knapp zehn Minuten Zeit, um E-Mails zu lesen oder zu überprüfen, ob es neue Löschregeln gibt. Das ist die Zeitvorgabe seines Arbeitgebers. Dann startet er mit einem Befehl seine eigentliche Arbeit.

Adnan weiß nicht, was er an diesem Tag ­sehen wird: Posts oder Videos von Extremisten, Mord, Kinderpornographie, Werbeanzeigen von Prostituierten beiderlei Geschlechts oder einfach nur nackte Geschlechtsteile. Adnan wird im Akkord Facebook-Seiten überprüfen und Posts und Videos löschen. Sein Arbeitgeber Arvato wurde dafür von dem US-amerikanischen Netzwerk beauftragt. Erst vor wenigen Monaten hat Arvato mit dem marokkanischen Konzern Saham das neue Gemeinschaftsunternehmen Majorel für diesen Geschäftsbereich gegründet. Draußen an der Tür steht noch Arvato. Und auch sonst hat sich für Adnan bisher nichts geändert, an den Schichten nichts und auch an seiner Arbeit nichts. In Deutschland gibt es noch ein zweites Löschzentrum in Essen, das von der Firma Competence Call Center (CCC) betrieben wird.


Zur Verschwiegenheit verpflichtet


Adnans richtigen Namen dürfen wir nicht schreiben, er ist von seinem Arbeitgeber zu strikter Verschwiegenheit verpflichtet worden. Dennoch interessieren sich Medienvertreter*innen, Politiker*innen und auch die Öffentlichkeit für seine Arbeit. Dabei steht weniger Arvato – jetzt Majorel – als vielmehr der Auftraggeber Facebook im Fokus. Facebook verschwieg sehr lange, wo und wer all die Seiten des Netzwerks bearbeitet und kontrolliert. Im Dezember 2016 berichtete zuerst die Süddeutsche Zeitung über das Löschzentrum in Berlin. Reportern der Zeitung war es gelungen, Beschäftigte, sogenannte Agents zu interviewen.

Durch den Artikel wurden katastrophale Arbeitsbedingungen im Berliner Löschzentrum öffentlich. Die Beschäftigten klagten unter anderem über massive psychische Probleme, die die Bilder und Filme, die sie löschen mussten, bei ihnen ausgelöst hätten. Seitdem hat sich einiges getan: Es gibt „Feelgood-Manager“, Yoga­kurse werden angeboten, und wer die gesehenen Bilder und Videos nicht verkraftet, erhält psychologische Hilfe. Letztere gibt es aber nur tagsüber. Wer in der Nachtschicht Probleme bekommt, soll sich an den Berliner Krisendienst ­wenden.

Was nach welchen Regeln gelöscht wird und wer diese festlegt, ist auch heute noch unklar. Vor allem entzieht sich Facebook gern den hiesigen Gesetzen. Wer rechtsextreme – und bei uns verbotene – Posts meldet, bekommt häufig nur die ­lapidare Antwort, dass dies nach den ­„Facebook-Regeln“ statthaft sei.

„Die Regeln werden ständig geändert“, sagt Adnan. Hat er Zweifel, ob er einen Beitrag löschen muss, wendet er sich an einen speziellen Ansprechpartner, der dann entscheidet. Um bei den ständig geänderten Löschregeln noch den Überblick zu behalten, werden Agents wie ­Adnan im Schnitt alle 14 Tage geschult. Auf der Löschliste stehen auch politische Organisationen, wie die Freie Syrische ­Armee. Dies sei für einige syrische Agents unverständlich, sagt Adnan. Für sie seien dies Freiheitskämpfer und keine Terroristen.



Kein angemessener Arbeitsplatz


Die Agents sind in Teams je nach Sprache zusammengefasst. Englisch müssen alle Beschäftigten sprechen, sowie eine zusätzliche Sprache. In der Bezahlung gibt es Unterschiede. Wer eine seltene Sprache wie Hebräisch oder eine skandinavische Sprache beherrscht, bekommt mehr Geld. Zum Einstieg wird zum Beispiel für Türkisch und Arabisch 9,38 Euro bezahlt, also knapp über dem Mindestlohn. Innerhalb von zwei Jahren erhöht sich der Stundensatz auf rund 10,40 Euro. Diese Endstufe zahlt Arvato für die seltenen Sprachen sofort.

Für die ausländischen Beschäftigten ist das Löschzentrum einerseits die Chance auf einen Arbeitsplatz, auch wenn sie nicht oder nur schlecht deutsch sprechen. Andererseits ist es für sie aber schnell auch eine Sackgasse. So können ausländische Studierende, die aus Nicht-EU-Staaten kommen, sich nach ihrem deutschen Hochschulabschluss einen dem „Abschluss angemessenen Arbeitsplatz“ (Aufenthaltsgesetz, § 18b) suchen. Wenn sie dort zwei Jahre arbeiten, können sie eine Niederlassungserlaubnis erhalten und dürfen in Deutschland dauerhaft ­arbeiten. Die Arbeit im Löschzentrum falle aber nicht unter die Kategorie dem „Abschluss angemessener Arbeitsplatz“, sagt Adnan: „Sie können mit dem Zeugnis nicht einmal in einem anderen Callcenter anfangen, da sie keinen Kundenkontakt hatten.“ Auch deshalb soll die Fluktuation sehr hoch sein.

Bei ver.di haben sich in den vergangenen Monaten etliche Agents gemeldet, die wegen kleinster Vergehen entlassen wurden. Betroffen sind Beschäftigte, die einen unbefristeten Arbeitsvertrag hatten. Während lange massiv Personal eingestellt wurde, werden jetzt einige Teams radikal verkleinert. Offenbar wurde ein Teil des Auftrags nach Marokko vergeben, wo ein neues Löschzentrum eröffnet wurde. Die Einkommen und auch die Personalkosten sind in Marokko deutlich niedriger. Und: Dort gibt es vor allem auch keine Gewerkschaft, die die Beschäftigten vertritt.


Auch Betriebsräte gehen 


Nach dem Bericht in der Süddeutschen Zeitung und der Kritik an den Arbeits- und Einkommensbedingungen hatten ver.di-Vertreter*innen Flugblätter vor dem Löschzentrum in Berlin verteilt und ver.di-Mitglieder geworben. Damit kann ver.di der Zutritt nicht komplett verweigert ­werden. „Ich kann das Gebäude betreten, besuche den Betriebsrat und gehe zu ­Betriebsversammlungen“, sagt ver.di-­Gewerkschaftssekretär Oliver Hauser, der für den Betrieb zuständig ist. Im direkten Arbeitsbereich sei er bisher jedoch noch nicht gewesen, dort habe auch er keinen Zutritt.

Im vergangenen Jahr hat ver.di eine ­Liste zu den Betriebsratswahlen unterstützt. Insgesamt sind drei Listen für den 15-köpfigen Betriebsrat angetreten. „Unsere Liste hat acht Sitze gewonnen“, sagt Hauser. Das sei aber nur ein Etappensieg. Auch viele Betriebsratsmitglieder von ­dieser Liste hätten das Unternehmen inzwischen wieder verlassen. Diese Arbeit halte eben einfach niemand lange aus.


Quelle: ver.di publik

Montag, 15. Juli 2019

Gewerkschaft goes Kino


Die gemeinsame Filmreihe des Liliom Kinos und der Gewerkschaft IGBCE geht in die zweite Runde. Am 25.07. haben Gewerkschaftsmitglieder wieder freien Eintritt im Liliom Lichtspielhaus. 


Gezeigt wird der französische Spielfilm "Der Wert des Menschen" aus dem Jahr 2015, der bei den Filmfestspielen in Cannes prämiert wurde mit dem Preis für den besten Darsteller.

Wir weisen im verdi-Blog gerne auf diese Filmreihe hin, weil ein privat geführtes, engagiertes Programmkino mit gewerkschaftlicher Unterstützung gesellschaftlich relevante Filme zeigt und dabei Raum für Diskussionen über die moderne Lebens- und Arbeitswelt bietet.




Bilder: IGBCE









Dienstag, 9. Juli 2019

BUCHHANDEL - Es hat 13 geschlagen


ver.di Publik Ausgabe 3:

BUCHHANDEL

Es hat 13 geschlagen


Die Insolvenz des Zwischenhändlers Koch, Neff & Volckmar erschüttert den Buchmarkt und gefährdet 1.500 Arbeitsplätze


Von Helma Nehrlich

So etwas kennen wir alle: In der nahen Buchhandlung ist ein bestimmter Titel nicht vorrätig. „Kann ich Ihnen bis morgen besorgen“, heißt es nach einem Blick in den Computer. Und tatsächlich: Am nächsten Tag liegt das bestellte Buch bereit. Dafür sorgen hierzulande kaum bekannte sogenannte Zwischenbuchhändler. Einer von drei großen, Koch, Neff & Volckmar (KNV), musste Mitte Februar Insolvenz anmelden. Die wenigsten Buchkäufer werden etwas von der Pleite gemerkt haben, doch die Branche ist in Aufruhr.

Der Traditionsbetrieb KNV, seine Wurzeln gehen bis 1829 zurück, hat sich mit den Konkurrenten Libri und Umbreit den Markt weit­gehend aufgeteilt und wäre nicht leicht zu ersetzen. KNV beliefert Buchhandlungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch Amazon ist Großkunde. Die Lagerbestände umfassen 590.000 Titel. Dieses riesige „Barsortiment“ kaufen die Grossisten von den Verlagen mit einem beträchtlichen Rabatt und geben Bestellungen für normale Händlerrabatte weiter. Dank ausgefeilter Logistik mit vielen Umschlagpunkten, ­eigenem Fahrdienst und beauftragten Speditionen sichern sie die Über-Nacht-Lieferung, den sogenannten Nacht-sprung, der den Buchhandel locker mit dem Internet konkurrenzfähig macht.

Doch mehr noch: Als sei es ein verlängertes Außenlager, wird auch der Absatz ganzer Buchauflagen übernommen. Als exklusiver Dienstleister schickt die zur KNV-Gruppe gehörige Verlagsauslieferung für fast 300 Verlage Bücher an Händler und Privatkunden. Wenn so ein Grossist Pleite geht, bringt das sowohl kleine Läden wie Verlage in Schwierigkeiten, also den gesamten Buchmarkt durcheinander.

Umsätze um 12 Prozent gesunken


Im März, direkt nach dem Beben, sank der Buchumsatz tatsächlich um fast 12 Prozent. Klar ist auch: Vielen, vor allem kleineren Verlagen wird KNV die Einnahmen aus dem Weihnachtsgeschäft und vom Jahresanfang schuldig bleiben. Doch der Insolvenzverwalter ist rührig, der Geschäftsbetrieb läuft weiter. Auch die meisten Kunden spielen mit, weil KNV nach dem Ausfall inzwischen wieder zahlt. Die Beschäftigten bekamen bis Ende April Insolvenzausfallgeld vom Arbeitsamt.

Der Grossist sei ein unentbehrliches Scharnier, „systemrelevant“, hieß es in den vergangenen Wochen oft. Verlage erklärten sich solidarisch, der Börsenverein des deutschen Buchhandels gab einen Leitfaden heraus, Rettungsszenarien wurden erörtert. Aber wer soll da eigentlich am Leben erhalten werden?

Als Monopolist beherrscht die KNV-Gruppe an die 40 Prozent des Markts beim Barsortiment und ein Viertel bei Verlagsauslieferungen. Später als die Konkurrenz hatte die Geschäftsführung am Stuttgarter Stammsitz beschlossen, ein modernes Zentrallager in der Mitte Deutschlands zu bauen. Für Erfurt als Standort sprach nicht allein die Lage, niedrigere Personalkosten lockten wohl auch. Und die 22 Millionen Euro vom Land Thüringen für die Ansiedlung nahm KNV gern, brauchte aber am Ende noch etwa 180 Millionen Euro von den Banken. Viel Geld bei etwa 500 Millonen Euro Jahresumsatz. Die Stammbelegschaft protestierte 2011, Betriebsräte begründeten Einwände gegen die Verlagerungspläne. Umsonst. Nur wenige Fachkräfte zogen mit nach Thüringen, über Tausend Arbeitsplätze in Stuttgart und Köln fielen weg.

Das 2014 eröffnete Erfurter 175.000-Quadratmeter-Lager hat KNV von Porsche Consult nach japanischen Managementmethoden optimieren lassen. Es wurden fast 1.000 Leute für die Logistik neu eingestellt: tariflos, und viele Leiharbeiter. Die erhoffte Effektivitätssteigerung ließ auf sich warten. Anlaufschwierigkeiten zogen sich über viele ­Monate hin, Beschäftigte beklagten Willkür bei Arbeitszeiten und Kontrollen bei Krankheit. Bald fand das Unternehmen nicht mehr genügend Fachkräfte in der Region und rekrutierte Personal auch aus Polen.

„Sehr feindlich“ agierte das Management von KNV Logistik gegenüber der Gewerkschaft. ver.di-Bemühungen, eine Betriebsgruppe zu bilden, wurden offen attackiert, Aktive in der Belegschaft schikaniert. „Das ging bis zum Rausschmiss“, erinnert sich ver.di-Sekretär Ronny Streich, und auch daran, dass man ihm bei einer Werbeaktion vor dem Betriebsgelände mit Polizei drohte. In Erfurt einen Betriebsrat zu gründen gelang nicht. 2016 nominierte die Initiative Arbeitsunrecht das Unternehmen wegen seines „Rattenrennens um immer billigere Arbeit“ für den Negativpreis „Jetzt schlägt’s 13!“.

Nun ist offensichtlich: KNV hat sich finanziell übernommen. Ende April musste der Insolvenzverwalter seine Stellungnahme abgeben. Der geschäftsführende Gesellschafter will „gestärkt“ aus der Insolvenz hervorgehen. „Natürlich hoffen wir, dass der Betrieb insgesamt weitergeht und ein Investor gefunden wird“, heißt es im Betriebsrat der Tochtergesellschaft in Stuttgart. Dort sind die Kolleg*innen gut organisiert. Nach Erfurt haben sie schon mal Exemplare des Betriebsverfassungsgesetzes geschickt.

Anmerkung der Blogredaktion:

Inzwischen möchte das Berliner Familienunternehmen Zeitfracht die gesamte KNV-Gruppe übernehmen. Die Banken und Kartellbehörden müssen das noch genehmigen. Personalmaßnahmen sollen keine stattfinden. 

Das wurde uns bei Weltbild auch mal zugesichert und dann nicht eingehalten.
Allerdings hat KNV die Logistik schon ausgelagert, während bei uns erst nach der Übernahme durch den Investor Droege entgegen aller Absprachen die Logistik von Augsburg nach Tschechien ausgelagert wurde, unter Vernichtung aller Arbeitsplätze in der Logistik in Augsburg.

Interessante Parallelen zwischen KNV und Weltbild: beide haben gegen alle Widerstände der Belegschaft und des Betriebsrats die Verlagerung der Logistik durchgeführt, viel Geld und Energie investiert, um heimische Arbeitsplätze zu vernichten und neue Billiglohnarbeitsplätze aufzubauen. Ebenso kommt uns der Versuch bekannt vor, durch Kontrollen die Beschäftigten zu mehr Leistung zu "motivieren".
Beide sind dafür bestraft worden mit langwierigen Anlaufschwierigkeiten, Problemen mit der Effektivität und Schwierigkeiten, Mitarbeiter zu finden.

Unglaublich, wie kurzsichtig und beratungsresistent Manager agieren und wieviel Geld ein Unternehmen wie KNV bereit war zu investieren und von den Banken auch bekam, um im Stammbetrieb Arbeitsplätze zu vernichten.

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