Mittwoch, 24. August 2016

Gewerkschaftsgeschichte (2): Kampf um den 8-Stunden-Tag


Wir möchten gerne mal wieder auf einen interessanten Artikel aus der ver.di-Zeitschrift PUBLIK hinweisen: 
Deßhalb müssen wir für uns sorgen!

Fortsetzung:


Kampf um den 8-Stunden-Tag


"Nur Mehrarbeit kann uns retten!" Mit dieser Parole zogen die Prinzipale nach dem Ersten Weltkrieg gegen eine wesentliche Errungenschaft der Revolution von 1918 zu Felde - den 8-Stunden-Tag. Der paritätisch besetzte Buchdruckerrat hatte ihn bereits am 18. November eingeführt. Die Buchdruckergehilfen weigerten sich zwar, mit den anderen grafischen Verbänden eine einheitliche Organisation zu gründen, koordinierten aber gemeinsam mit ihnen im "Graphischen Bund" bis 1933 die Tarifarbeit. Mit den Hilfsarbeitern praktizierten sie umfassende Solidarität, als die Unternehmer die Hilfskräfte aus dem Tarif warfen. Sie verteidigten den 8-Stunden-Tag und verhinderten weitergehende Verschlechterungen bei dem durch Notverordnungen zwangsweise abgesenkten Lohnniveau.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit


Nach 1945 scheiterte eine gesamtdeutsche Druckgewerkschaft am Kalten Krieg. In Berlin wurde 1946 die IG Graphisches Gewerbe und Papierverarbeitung im Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) gegründet, in München gingen 1948 alle Verbände aus den Jahren vor 1933 in der neuen IG Druck und Papier auf. Am 1. Juli 1949 trat der von der IG Druck und Papier ausgehandelte neue Manteltarifvertrag in Kraft und löste die Tarifverträge von vier Verbänden ab. Im September 1950 wurde für die Druckindustrie ein neuer Lohn- tarifvertrag unterzeichnet, für die Papierverarbeitung gelangen nur regionale Abschlüsse. "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" blieb für Frauen und Hilfsarbeiter weiterhin Zukunftsmusik.

Im Mai 1952 beschloss die IG Druck und Papier als einzige Gewerkschaft in der Bundesrepublik, gegen das von der CDU-Regierung vorgelegte Betriebsverfassungsgesetz zu streiken. Der DGB hatte gefordert, die Mitbestimmung auf die gesamte Wirtschaft auszudehnen. Stattdessen schloss der Gesetzentwurf den öffentlichen Dienst aus und sah die Trennung von Gewerkschaften und Betriebsräten vor. Trotzdem verweigerte der DGB dem Arbeitskampf dagegen jede Unterstützung. Der Zeitungsstreik wurde als "politischer Streik" verboten, die IG Druck und Papier zu Schadensersatzzahlungen verurteilt.

In den folgenden Jahren gelang es der Drucker-Gewerkschaft, technische Fortentwicklungen tarifvertraglich umzusetzen: 40-Stundenwoche, längerer Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die 1970er-Jahre waren von harten Tarifkämpfen geprägt. 1972/73 wurde mit dem ersten Flächenstreik nach 20 Jahren eine Lohnerhöhung um 10,8 Prozent erreicht, ebenso die zusätzliche Anhebung der unteren Lohngruppen und der Ausbildungsvergütungen. 1976 gelang es trotz der zum ersten Mal von den Unternehmern praktizierten massenhaften Aussperrung die vorgegebene Lohnleitlinie von 5,4 Prozent zu durchbrechen: Der Abschluss brachte schließlich eine Lohnerhöhung von sechs Prozent.


1978 ging es um die Einführung von rechnergesteuerten Textsystemen (RTS), die Umstellung von Blei- auf Fotosatz und damit um den Einstieg in die Digitalisierung der Produktion. Mit flexibler Streiktaktik und erfolgreicher Einbeziehung aller Abteilungen gelang es, den RTS-Tarifvertrag durchzusetzen. Das bedeutete für die Schriftsetzer den Erhalt der Arbeitsplätze und Anspruch auf Weiterbildung sowie für Journalisten geregelte Arbeitsbedingungen an Bildschirmen - ein erster Erfolg beim Kampf um Rationalisierungsschutz.

Ein weiterer tarifpolitischer Schwerpunkt lag bei der "Aktion gerechte Eingruppierung". Damit erreichte die IG Druck und Papier deutliche Erfolge in der Bekämpfung der Frauenlohndiskriminierung. Ein besonderer Höhepunkt dieses Kampfes war Ende 1978 die Klage der 29 "Heinze-Frauen" aus der Firma Foto-Gruppe Heinze gegen ihren Arbeitgeber. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, das war ihre Forderung. Mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Kassel vom 9. September 1981 wurde dieses Ziel erreicht.


Fortsetzung folgt....


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