Montag, 28. April 2014

WeltbildPlus: 53 Filialen schließen, 293 MitarbeiterInnen müssen gehen, GBR verhandelt Transferangebot und Abfindungen


Jetzt steht fest, wie es bei WeltbildPlus weitergeht: von bundesweit 220 Filialen werden 53 geschlossen. Von den Schließungen sind 293 MitarbeiterInnen betroffen (von insgesamt ca. 1.300). 179 MitarbeiterInnen, die derzeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, erhalten das Angebot, in eine Transfergesellschaft zu wechseln. 114 geringfügig Beschäftigte (450-Euro-Kräfte) erhalten eine Abfindung.

Der Gesamtbetriebsrat (GBR) von WeltbildPlus hat unter dem Vorsitz von Julia Käding (Jokers Lüneburg) engagiert und nachhaltig verhandelt. So ist es den KollegInnen gelungen, die Gesamtzahl der Schließungen nach unten zu korrigieren. Nach den Plänen der Geschäftsführung waren 15 weitere Filialen von der Schließung bedroht, also 68 statt 53 Filialen.

Im Zuge des Interessenausgleichs wurden außerdem zahlreiche Maßnahmen mit der Geschäftsführung vereinbart, welche die verbleibenden Standorte nachhaltig stärken sollen: Zum Beispiel erweiterte Entscheidungskompetenzen auf Filialebene, ein Qualifizierungsprogramm für MitarbeiterInnen sowie eine stärkere Verzahnung mit dem Online-Geschäft in Augsburg. Diese Maßnahmen sollen die Umsätze in den Filialen erhöhen und so die Arbeitsplätze auch langfristig sichern.

Welche Filialen schließen zuerst?

Die ersten 24 Filialen schließen bis zum Juli dieses Jahres. Betroffen sind die WeltbildPlus-Standorte Aachen (Aachen-Arkaden), Bayreuth, Berlin (Alexa), Bochum (Uni-Center), Dinslaken, Dresden (Elbe-Park), Düren, Hanau, Hilden, Ingolstadt, Kulmbach, Lübeck, München (MIRA), Offenbach, Oldenburg (Lange Straße 51), Stuttgart (Cannstatter Carré und Schwaben-Galerie), Ulm, Weiterstadt (Loop 5) und Worms; sowie die Jokers-Filialen in Rostock, Leipzig (Marktgalerie), Mainz und eine der beiden Heidelberger Filialen. Bei den übrigen 29 Läden stehen die genauen Schließungstermine noch nicht fest, die betroffenen MitarbeiterInnen wurden aber bereits informiert.

Transfergesellschaft und Sozial-Auswahl

Im Rahmen des Interessenausgleichs wurden geographische Wirtschaftsräume definiert, innerhalb derer eine Sozial-Auswahl nach festgelegten Kriterien getroffen wird. Dazu zählen unter anderem Lebensalter, Betriebszugehörigkeit, Anzahl unterhaltspflichtiger Kinder, Schwerbehinderten-Status etc.. Aufgrund dieser Sozial-Auswahl ist es möglich, dass weniger schutzbedürftige MitarbeiterInnen einer weiter bestehenden Filiale gehen müssen, wenn sich diese im selben Wirtschaftsraum mit einer zu schließenden Filiale befindet und in dieser MitarbeiterInnen mit einer höheren sozialen Punktzahl von Arbeitsplatzverlust bedroht wären.

Den Betroffenen wird in der Regel eine 12-monatige Transfergesellschaft angeboten. Ausnahmen gibt es bei befristeten Arbeitsverträgen und in dem Fall, dass KollegInnen erst sehr kurz bei WeltbildPlus beschäftigt sind.

Während der Teilnahme an der Transfermaßnahme werden 85% des bisherigen pauschalierten Nettolohns ausbezahlt, bzw. 90% bei Netto-Einkommen unter 1.400 Euro, bzw. 1.700 Euro mit unterhaltspflichtigen Kindern im Haushalt. Wer weniger als 1.000 Euro Netto im Monat verdient hat, erhält bis zu 100%.

Abfindungen für 450-Euro-Kräfte

Nicht sozialversicherungspflichtig Beschäftigte können nach Gesetzeslage nicht an einer Transfermaßnahme teilnehmen. Sie erhalten Abfindungen im Rahmen des Insolvenzrechts. Das heißt, die Abfindung darf insgesamt maximal 2,5 Monatsgehälter betragen. Die genauen Modalitäten der Abfindungen sind noch nicht final verhandelt, wir berichten, wenn der Sozialplan unterzeichnet wurde.

Bewertung

Die verhandelten Maßnahmen zur sozialen Absicherung der Betroffenen sind unter Berücksichtigung der Insolvenz-Situation sehr gut. Der GBR von WeltbildPlus hat zäh und mit Erfolg verhandelt. Die Grundlage für diesen Erfolg bilden die Verhandlungsergebnisse in Augsburg. Hier ist es den MitarbeiterInnen im Schulterschluss mit Betriebsrat und Gewerkschaft gelungen, die Kirche als Gesellschafterin öffentlich in die Pflicht zu nehmen und so einen Standard zu setzen, von dem jetzt auch die betroffenen MitarbeiterInnen in den Filialen profitieren.

Trotzdem reicht das Ergebnis in Summe nicht an den Augsburger Sozialtarifvertrag heran. Grund hierfür ist die fehlende tarifliche Bindung von WeltbildPlus, die eine weitergehende Absicherung mit tarifvertraglichen Werkzeugen unmöglich machte. Einmal mehr zeigt sich damit, von welch existentieller Bedeutung die gewerkschaftliche Bindung gerade in Krisensituationen ist.

Weitere Fragen 

Allen Filialen sind heute ausführliche Mitteilungen des GBR und der Geschäftsleitung per Mail zugestellt worden. Darunter ein 15-seitiger Katalog mit Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen. Bitte habt Verständnis dafür, dass wir hier im Blog keine Fragen zu den Details der Vereinbarungen beantworten können. Bitte wendet euch an die örtlichen Betriebsrätinnen bzw. den GBR von WeltbildPlus. Diese KollegInnen beraten euch gerne und im Einzelfall sicher kompetenter als es die Blog-Redaktion leisten kann.

7 Kommentare:

  1. Also, super Artikel, ich will ja nicht meckern, aber Abfindungen sind bei euch auch noch nicht geflossen, von daher wäre ich bei der "Bewertung" ein wenig vorsichtiger... Insofern kein Investor kommt, müssen wir wohl alle noch mal nachjustieren... Von daher kann ich die Einschätzung (noch) nicht teilen... ich wünsche es aber natürlich jedem, egal ob Filiale oder Verlagsgruppe, dass er etwas bekommt.... Wir kämpfen alle weiter...

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    1. Gewerkschaftsmitglied28. April 2014 um 23:37

      Volumen des Sozialplans bei Weltbild Augsburg: ca. 40 Mio für rund 600 Betroffene.
      Volumen des Sozialplans bei Welbild Plus: ca. 5 Mio für rund 300 Betroffene.
      Verdi-Faktor = 400%
      Bewertung: Mein Mitgliedsbeitrag hat sich gelohnt ;-)

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    2. Fazit: Mein Mitgliedsbeitrag hat sich nicht gelohnt.

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    3. Ich kann der Logik nicht folgen, das liegt doch an der Gesellschafterstruktur, die Verlagsgruppe gehört direkt der Kirche, bei den Filialen ist noch die DBH dazwischengeschaltet gewesen, von daher hatte das doch nicht ausschließlich was mit der Gewerkschaft zu tun. Für die Filalen war zudem schlichtweg gar nicht mehr so viel übrig...
      Wenn die überteuerten Leistungen von den Filailen nicht mehr gezahlt werden, wird es vermutlich auch in Augsburg nicht mehr ganz so rosig aussehen. Das sage ich ganz ohne Sozialneid, bitte nicht missverstehen, aber die Filialen wurden ja auch ganz schön "geknechtet".

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  2. Bitte ändern Sie "die Jokers-Filialen in Heidelberg" in " eine Jokers-Filiale in Heidelberg". Eine Filiale bleibt bestehen!

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  3. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt !!!! Glückwunsch an ALLE Beteiligten, die an der Fortführung von Weltbild geglaubt und gekämpt haben. Ich bin zwar raus, freue mich aber über die Nachricht, daß ein Investor gefunden wurde !
    Und allen "Verbliebenen" wünsche ich viel Energie und Erfolg !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

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