Die Zeit in der erfundene Feste einen leichten Vorwand für Sonntagsöffnungen lieferten, geht zu ende. Ver.di und die vor zehn Jahren gegründete "Allianz für den freien Sonntag" fahren einen Erfolg nach dem anderen ein: Deutschlandweit hat es jede Menge Urteile gegen rechtswidrige Ausnahmen vom Verbot der Sonntagsöffnung gegeben - ein Gewinn für die Beschäftigten im Handel.
Darüber hinaus wird mit diesen Entscheidungen die gesellschaftliche Bedeutung des Sonntags als wichtiger Zeitanker hervorgehoben: Als freier Tag , an dem die meisten Menschen ihre Freizeit mit Familie und Freunden oder auch in Vereinen gemeinsam verbringen können.
Ver.di warnt immer wieder davor, dass Ladenöffnungen an Sonntagen das Einfallstor für Sonntagsarbeit in vielen Bereichen sein können - Kitas und andere Betreuungseinrichtungen sind nur ein Beispiel. Gerade deshalb ist es wichtig, noch stärker auch auf kommunaler Ebene gemeinsam für den Sonntagsschutz zu aktiv zu werden.
Arbeitgeber wollen noch mehr Öffnungszeiten
Inzwischen versucht der Unternehmerverband HDI eine Gegenoffensive anzustoßen. Bundesweit fordert er zehn verkaufsoffene Sonntage, ohne dass wie bisher ein besonderer Anlass vorliegen müsste. Für eine generelle Sonntagsöffnung sprechen sich Karstadt-Chef Fanderl und die FDP aus.
"Diese Forderungen sind völlig absurd", so ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Auch der Verweis auf den Online-Handel sei fadenscheinig: "Konkurrenzdruck über das Internet lässt sich durch verkaufsoffene Sonntage nicht verhindern. Um im brutalen Verdrängungswettbewerb zu bestehen, sollten die Einzelhandelsunternehmen lieber in Beratung und Service investieren und die Beschäftigten durch vernünftige, existenzsichernde Bezahlung motivieren. Diese Stärken können die Händler jede Woche sechs Tage ausspielen,"
Alle höchstrichterlichen Urteile geben ver.di und den anderen Verbündeten der Sonntagsallianz recht. Zuletzt hatte das Bundesverwaltungsgericht im November 2015 eine bahnbrechende Entscheidung getroffen. Ver.di war in Bayern mit einer Klage gegen eine Sonntagsöffnung in der Gemeinde Eching erfolgreich - Motto: "Der Sonntag gehört den Menschen, nicht dem Kapital".
Auf dieses Urteil bezogen sich letztes Jahr auch die Richter am Hessischen Verwaltungsgerichtshof, als sie es der Stadtverwaltung von Frankfurt am Main im April und Oktober untersagten, wegen einer Musikmesse bzw. der Buchmesse die Läden stadtweit öffnen zu lassen.
Auch der Verwaltungsgerichtshof München, sowie das Oberverwaltungsgericht in Münster griffen die Argumentation der Bundesrichter auf und ließen eine Sonntagsöffnung nicht zu. Auch das OVG in Weimar entschied im September 2016, dass bereits durchgeführte Sonntagsöffnungen in Erfurt nicht gesetzeskonform waren und stoppte die noch geplanten Termine.
Kernpunkte der aktuellen Rechtsprechung:
- Die Veranstaltung, die den Anlass für die Sonntagsöffnung bietet, muss prägend sein. Sie müsste auch ohne Ladenöffnung mehr Besucher anziehen können, als die alleinige Sonntagsöffnung.
- Um dies vorab zu ermitteln, muss - falls keine verlässlichen Erfahrungswerte vorliegen - eine Prognose erstellt werden. Die Öffnung selbst darf lediglich als "Anhängsel" wahrgenommen werden.
- Darüber hinaus muss ein räumlicher Bezug zwischen Veranstaltung und den geöffneten Geschäften bestehen. Ist eine Veranstaltung stark begrenzt, wie etwa auf ein Messegelände, dürfen nicht kilometerweit entfernt davon Sonntagsöffnungen stattfinden.
Der Kampf um denn freien Sonntag geht weiter.
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