Mittwoch, 16. September 2009

Die "10 Gebote" von Weltbild – Teil 2


Seit 2003 gelten bei Weltbild offiziell "Unternehmensleitlinien". Wir hinterfragen in einer kleinen Serie, ob diese Leitlinien das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben wurden. Den ersten Teil unserer Serie können sie hier nachlesen und kommentieren.

§2: Unsere Kunden
Unsere Zielgruppe ist das breite Publikum. Wir orientieren uns hierbei besonders an dem Bedarf und den Erwartungen von jungen Familien mit Kindern, ohne dabei andere Gruppen wie Senioren oder Singlehaushalte auszuschließen.

Wir meinen:

Die Aussage ist so ungenau wie das derzeitige Weltbild-Programm austauschbar. Blättern wir doch einmal gemeinsam durch den aktuellen Katalog: Auf den ersten Seiten der gefühlte 100 - 110. Aufguss der "Wanderhure" und ihre Epigonen. Dann folgen auf eine Strecke mit leichter und leichtester Unterhaltungsliteratur familienfreundliche Thriller wie "Der Tod kommt wie gerufen", "Leichenraub" und "Der Kruzifix-Killer". Weiter geht es mit Fantasy ("Die Orks – Blutnacht") und Vampir-Geschichten ("Biss I - IV"), an die sich Heimatromane anschließen. Über eine kurze Sachbuch-Strecke geht es zu Kochbüchern und Gesundheitsratgebern, es folgt wiederum Sachbuch, ein paar Schnäppchen-Seiten und schließlich eine kleine "Kinderecke".

In der Katalogmitte verabschiedet sich das Buch und macht Platz für Kalender, Kleinmöbel, allerlei nützliche Helferlein, Dekoartikel und Heimwerkerbedarf. Neues Highlight auf den Seiten 180/181: Weltbild-Wurstwaren. Der Katalog endet mit Computerspielen, DVDs und Musik-CDs.

Unser Fazit:

Beim Versuch es allen und jedem recht zu machen, bietet Weltbild ein buntes Sammelsurium feil. §2 der Unternehmensleitlinien wird damit eingelöst. Eine echte programmatische Idee können wir zwischen Wanderhuren und Wurstwaren allerdings nicht erkennen. Vor dem Hintergrund spektakulärer Pleiten großer Universalversender (Quelle) stellt sich uns auch die Frage, ob diese Strategie wirklich Erfolg versprechend sein kann oder mittelfristig zum Verlust weiterer Arbeitsplätze führen wird.

Bedenklich finden wir auch die neuen Angebote zur Ratenzahlung. Während Schuldnerberatungen beklagen, dass gerade junge Familien und untere Einkommensschichten durch immer neue und nur vorgeblich günstige Kreditangebote in den finanziellen Crash gelockt werden, bietet Weltbild bereits ab 54,- Euro die Ratenzahlung an. Und das zu einem Zinssatz, der mit einem effektiven Jahreszins von 14,99% deutlich über den Dispokonditionen der Sparkassen liegt. Ist es moralisch zu verantworten, Menschen zum Kauf von Bauch-Weg-Trainern und Geld-Zähl-Maschinen (Katalogrückseite, 29,99 Euro) zu verführen, die sich diese Dinge ganz offenbar nicht leisten können? Das ist eine Frage, die vielleicht am besten die Sozialdienste der Kirche beantworten können, die Betroffene hinterher aus der Schuldenfalle befreien dürfen.

4 Kommentare:

  1. Wie ist das eigentlich, wenn die Leute nach 3 Monaten nicht zahlen können? Schicken die dann die Wurst zurück?

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  2. Ich glaube, Weltbild kann die Entwicklung in den papierlose Zukunft nicht stoppen. Aber ich glaube es wäre doch gut, die Verbraucher zu bedienen, die noch andere Vorstellungen oder Werte haben. Wenn alle das gleiche verkaufen und produzieren, wird es immer nur einige Gewinner und viele Verlierer geben.

    Was die Gewerkschaft angeht: Wir müssen als Arbeitnehmer so gut uns stark wie es geht um unsere Zukunft kämpfen. Wenn es keine Gewerkschaften gibt, ist jeder nur noch Einzelkämpfer. Aus den jüngsten Erfahrungen wissen wir ja, wie das ausgeht. (siehe Weltblid-Plus, siehe vorgelegte Aufhebungsverträge)

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  3. Wie ist das eigentlich, kann man die Wurstwaren auch in die Filiale bestellen? Bekommt dann jede Filiale einen Kühlschrank um diese dann zu lagern?

    Ich stelle mir gerade Tante Trude vor wie sie in die Filiale kommt: "Ich möchte mein Wurstpaket und meine Bücher abholen!" :-)

    Ich meine, die Filialen verkommen immer mehr zu vollgestopften Ramschläden, der Überblick geht verloren. Nein, das sind nicht mehr die Weltbildplus Läden die ich aus früheren Zeiten kenne. Vom Service mal ganz abgesehen.

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  4. Eine peinlich Berührte21. September 2009 um 12:58

    Die Rubrik "Dinge, die die Welt nicht braucht" hat bei WB schon immer einigen Platz eingenommen, mal vorn im Laden, mal hinten, dann doch wieder vorn...und mit ein bißchen schwarzem Humor kriegte man viel zu Lachen beim Auspacken der Türme.
    Unschön jedoch, daß die Ware qualitativ alles andere als hochwertig war (und bestimmt auch noch ist), so daß man beim Kassieren schon ein schlechtes Gewissen und das ungute Gefühl baldiger Reklamation bekam. Die Menge der Beschwerden war bekannt, was allerdings nur selten ein Grund war, Artikel aus dem Sortiment zu nehmen (ich erinnere an den Stepper mit etwa 50% Rückgaben! Da kam ein paar Monate später nichts weniger als ein kleiner Stapel Aufkleber mit der Warnung, das Gerät nur bis 100 kg zu belasten!) Give-aways für "gute Kunden" waren teilweise dermaßen windig, billig und peinlich, daß ich sie gar nicht erst unterm Ladentisch vorgekramt habe, aber dies nur am Rande...
    Zum Thema Wurstwaren: soweit ich weiß, läuft das nicht über die Läden, da steht irgendein Lebensmittelgesetz vor. Wir haben ja auch nie die gar lustigen Lokomotiven mit Pralinen-Inhalt bekommen oder das "Wir-brauen-unser-Bier-nun-selbst"-Fäßchen, gottseidank!
    Es steht aber zu befürchten, daß demnächst auch "Tena Lady" und Katzenstreu ins Angebot aufgenommen werden -und als Give-away gibt es dazu ein Beutelchen blaue Ersatzflüssigkeit...

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