Samstag, 18. März 2017

WELTBILD-Logistik nimmt Abschied: Danke, Herr Dröge, für NICHTS!


"Ihr wart verantwortlich für die Arbeitsbedingungen von Menschen, die ihr gar nicht kennt." Sichtlich bewegt nahm ver.di-Sekretär Thomas Gürlebeck am Freitag Abschied von den KollegInnen der WELTBILD-Logistik. Als einer der wenigen streikfähigen Betriebe habe WELTBILD die Tarifverträge des bayerischen Buchhandels entscheidend geprägt. "Ohne euch ist die Luft raus", fürchtet der Gewerkschafter und bedankte sich auf der letzten Betriebsversammlung vor der Schließung bei den KollegInnen.



Auch BR-Vorsitzender Peter Fitz nahm nach 26 Jahren Abschied: "Den größten Teil von euch kenne ich schon seit Jahrzehnten, und es war mir immer eine Freude mit euch zusammenzuarbeiten. Wir haben in dieser Zeit viel erreicht, und wir konnten uns immer aufeinander verlassen. Ohne euch wäre es unmöglich gewesen, auch nur eine der zahlreichen Gehaltserhöhungen durchzuboxen."

Der BR wehrte sich bis zuletzt gegen die Schließung

Peter Fitz betonte, dass sich der Betriebsrat bis zuletzt "vehement und mit allen guten Argumenten" gegen die Schließung gewehrt hatte. Am Ende leider erfolglos: "Wieder einmal hat es ein Kapitalist, in unserem Fall ein Herr Droege aus Düsseldorf, geschafft, ein Unternehmen, das man nach der Insolvenz wieder gut hätte weiterführen und zum Erfolg bringen können, durch Ignoranz, Kaltschnäuzigkeit und Rechthaberei an die Wand zu fahren."

Das bestätigte auch Gürlebeck: "Ihr seid dafür verantwortlich, dass es 2014 weiterging. Durch euren unverdrossenen Einsatz war es möglich, Herrn Dröge ein zukunftsfähiges Unternehmen zu übergeben. Jetzt nimmt er WELTBILD die größte Stütze weg – eine funktionierende Logistik."

Das betonte auch die langjährige Betriebsrätin Visnja Bernhard: "Wir haben bis zum Schluss unseren Job gemacht. Wir gehen erhobenen Hauptes hier raus, denn wir sind es wert!" Zusammen mit Peter Fitz hat Visnja Bernhard den Betriebsrat von WELTBILD über Jahrzehnte geprägt. Etliche Betriebsvereinbarungen – wie zum Beispiel zur flexiblen Arbeitszeit – gehen wesentlich auf ihren unermüdlichen Einsatz zurück. Dafür und für den kämpferischen Einsatz als Gewerkschafter bedankte sich Thomas Gürlebeck bei beiden mit einem Blumenstrauß.



"Wir gehen erhobenen Hauptes hier raus!"

Im Anschluß meldeten sich auch die Betriebsseelsorger Erwin Helmer, Hans Gilg und Leo Bernhard zu Wort. Alle drei haben die WELTBILD-Belegschaft während der letzten Jahre intensiv begleitet und unterstützt. Helmer erinnerte an Artikel 14 des Grundgesetztes: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. "Da hat wohl jemand gelesen: Eigentum soll der Gemeinheit dienen. Ihr seid Opfer einer Gemeinheit geworden und falscher Versprechungen. Hier werden Menschen zu Spekulationsobjekten gemacht, das ist eine Ungerechtigkeit."

Hans Gilg von der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) erzählte von der Begegnung mit einer Kollegin: "Die hat mir gesagt: Dröge hat mir die Gesundheit genommen und jetzt auch noch meinen Arbeitsplatz und meine Existenz. Aber meine Würde nimmt er mir nicht." Gilg ist sich sicher: "Wenn ihr am letzten Tag in den Spiegel schaut, dann könnt ihr reinschauen, denn ihr habt bis zuletzt gekämpft. Ich weiß nicht, was ein Herr Dröge sieht, wenn er in den Spiegel schaut."

Milliardär Dröge jetzt auf Platz 15 der reichsten Deutschen

Dazu passte auch ein Hinweis von Peter Fitz: In dem Zeitraum, in dem Droege tausende von Arbeitsplätzen bei WELTBILD und in den Filialen vernichtete, "kletterte er von Platz 74 auf Platz 15 auf der Liste der reichsten Deutschen und hat inzwischen ein Privatvermögen von unvorstellbaren 6,4 Milliarden Euro angehäuft."

Entsprechend versammelten sich ein letztes Fähnlein ungebrochener Logistik-KollegInnen für ein letztes Foto hinter einem Banner mit der Aufschrift "Vom Retter zum Schredder – Hauptsache Dröge geht es gut!" Beendet wurde die Betriebsversammlung mit einigen Piccolos Sekt, den die Gewerkschaft ver.di spendiert hatte. Auf den Etiketten stand zu lesen, was den KollegInnen auf der Zunge lag: "Ich habe fertig… Danke, Herr Droege, für NICHTS!"


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