Mittwoch, 21. Juni 2017

Die Sonntagsfrage


Ist es unbedingt nötig am Sonntag Shoppen zu gehen?


Die Diskussion um die Ausweitung der Sonntagsöffnungszeiten ist voll entbrannt. Zuletzt gab es eine erfolgreiche Klage der Katholischen Arbeiterbewegung im Zusammenschluss mit ver.di und anderen Verbänden gegen weitere geplante Sonntagsöffnungen der Stadt Augsburg. Erwin Helmer war einer der Klagevertreter. Viele von euch kennen ihn als Betriebsseelsorger, der in den letzten Jahren immer wieder als Ansprechpartner für Sorgen und Nöte der KollegInnen in den Büros und Versandhallen von Weltbild unterwegs gewesen ist.


Erwin Helmer, Hans Gilg und weitere Klagevertreter nach ihrem Erfolg
vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht in Hof. Foto: KAB Augsburg


Sonntagsöffnungen müssen die besondere Ausnahme bleiben 


Der Sonntag ist in unserem Kulturraum eben kein Tag wie jeder andere. Derzeit gibt es von Seiten großer Händler und Einkaufszentren vermehrt Vorstoße für Sonntagsöffnungen. Angeblich, damit man mit den Online-Händlern weiterhin konkurrenzfähig bleibe. Das ist natürlich Blödsinn. Stationärer Handel und Online-Handel sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Daran ändert sich auch nichts, wenn ein Geschäft sonntags offen ist.

Auch ein zweites Argument zieht nicht: Es gibt bereits viele Menschen, die sonntags arbeiten – in der Gastronomie, in Krankenhäusern, Tankstellen etc. Ja, das ist unbestreitbar. Aber das ist noch lange kein Argument dafür, dass künftig noch viele, viele weitere Beschäftigte an diesem Tag arbeiten sollen.

Und die armen Konsumenten? Ist das Shoppen so wichtig, dass die verbleibenden 6 Wochentage nicht dafür ausreichen? Selbst wenn man als Berufstätiger unter der Woche kaum Zeit findet, bleiben immer noch die langen Öffnungszeiten am Donnerstag und der komplette Samstag. Ist das eine Bevormundung des Konsumenten durch Kirchen und Gewerkschafter? Das klingt dann doch sehr weit her geholt. Immerhin geht es darum, wenigstens einen Tag in der Woche weitestgehend arbeitsfrei zu halten. Auch darauf sollte es ein Anrecht geben.

Unterschiedliche Weltauffassungen


Wie ein Kommentator in der Augsburger Allgemeinen Zeitung richtig erkannte, treffen hier verschiedene Weltauffassungen aufeinander. Steht das Wirtschaften und der Konsum im Vordergrund oder ist man der Meinung, dass an einem Tag in der Woche andere Dinge Priorität haben sollten, insbesondere das Familienleben? Daran werden sich auch künftig die Geister scheiden.

Ver.di jedenfalls hat sich klar positioniert. Hier Auszüge aus dem Statement von Hubert Thiermeyer, dem Leiter des Fachbereichs Handel in Bayern: 

" ... Abgesehen davon wird durch längere Öffnungszeiten nicht mehr gekauft, der Umsatz wird lediglich verschoben: von der Woche ins Wochenende und von den kleinen Läden hin zu den Konzernen.
Alarmierend ist, dass die Handelskonzerne weder vor der Verfassung noch vor der Zerstörung des wichtigsten Zeitankers unserer Gesellschaft zurückschrecken. Das Bundesverfassungsgericht hatte erst 2009 den verfassungsmäßigen Schutz des arbeitsfreien Sonntags gestärkt. Dabei machten die Richter auf dessen Bedeutung als wichtigsten Zeitanker für die Gesellschaft, Familien und Individuen aufmerksam. In Zeiten zunehmenden Burn-Outs und anderer besorgniserregender Entwicklungen muss dem Ausbrennen einer ganzen Gesellschaft ein Riegel vorgeschoben werden. Der Schutz des arbeitsfreien Sonntags überall dort, wo Sonntagsarbeit nicht zwingend erforderlich ist, hilft allen Menschen.“


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