Freitag, 25. Januar 2019

Betriebsversammlung Teil 2: Darüber streiten WELTBILD und Betriebsrat vor Gericht


Noch nie in der 70jährigen Geschichte von WELTBILD standen sich Geschäftsführung und Betriebsrat so oft vor dem Arbeitsgericht gegenüber. Auf der Betriebsversammlung am 17. Januar 2019 fasste BR-Vorsitzender Timm Boßmann den Stand der juristischen Auseinandersetzungen zusammen. Für viele überraschend war sicher die Erkenntnis, dass nur vier der Verfahren seit Februar 2018 vom Betriebsrat eingeleitet wurden.

Die 4 Verfahren des Betriebsrats

Verfahren 1: Bereits im April 2018 zeigte der Betriebsrat die fortgesetzten Verstöße gegen die Betriebsvereinbarung „Flexible Arbeitszeit“ beim Arbeitsgericht an. Dieses Verfahren wurde am 19. September 2018 mit einem Vergleich abgeschlossen, der mehrere gerichtliche Auflagen für den Arbeitgeber beinhaltete. Erst danach war die Personalleitung bereit, über eine Regelung mit dem Betriebsrat zu sprechen. Diesen Sachverhalt haben wir im ersten Teil unseres Berichts zur Betriebsversammlung ausführlich dargestellt.

Verfahren 2: Hier ging es um die Einsetzung der Einigungsstelle zu den Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan für den Personalabbau im Logistikkompetenzzentrum und die Ausgliederung von Beschäftigten in die WELTBILD FIlial GmbH.

Dieses Verfahren hat der Betriebsrat am 17. April 2018 vor dem Augsburger Arbeitsgericht gewonnen. Einen Tag vor Ablauf der Einspruchsfrist am 9. Mai hat der Arbeitgeber eine juristisch völlig aussichtlose Beschwerde beim Landesarbeitsgericht in München eingelegt und so das Ende des Verfahrens nochmals um 3 Monate hinausgezögert. Das Landesarbeitsgericht bestätigte den Augsburger Richterspruch erwartungsgemäß und damit endete dieses Verfahren am 25. Juli 2018.
Leider hat die Einigungsstelle bislang keine Ergebnisse gebracht, außer dass der Arbeitgeber die Überleitungsvereinbarung von 2014 gekündigt hat. Wir berichteten hier ausführlich.

Verfahren 3: Obwohl diese Einigungsstelle noch nicht abgeschlossen ist, hat der Arbeitgeber mehrere KollegInnen und Kollegen in die WELTBILD Filial GmbH ausgegliedert. Dabei wurde zum Teil massiver psychologischer  Druck seitens der Personalleitung aufgebaut, um die KollegInnen in eine Gesellschaft zu zwingen, die keinen Betriebsrat hat, und die faktisch ohne Vermögen ist, aus dem im Falle einer Insolvenz Abfindungen gezahlt werden könnten.

Der Betriebsrat hatte dagegen vorgeschlagen, eine Regelung zu treffen wie im Falle der Übergänge in die Jokers GmbH und die Editionen GmbH. Diese beiden Gesellschaften werden als gemeinsame Betriebe mit der WELTBILD geführt. Das heißt: im Falle von Personalmaßnamen bestehen – auch finanzielle! – Ansprüche gegenüber der WELTBILD und der bewährte Betriebsrat bleibt für die KollegInnen zuständig.

Nachdem die Geschäftsführung das rigoros ablehnt, hat der BR eine Klage bei Gericht eingereicht, das feststellen soll, dass der gemeinsame Betrieb faktisch ohnehin besteht und entsprechend zu verfahren ist, egal ob die Geschäftsführung darin einen eigenen Vorteil sieht oder nicht. Der Kammertermin in diesem Verfahren wird am 17. April diesen Jahres sein.

Verfahren 4: Im Betriebsverfassungsgesetz gibt es zwei Paragraphen, die eine Beteiligung des Betriebsrats an der Personalplanung des Unternehmens gesetzlich vorschreiben. Das sind der § 92, der diese sogenannte „Unterrichtungs- und Beratungspflicht“ konkreter beschreibt und der § 92a, der den Arbeitgeber zwingt, verschiedene Maßnahmen der Beschäftigungssicherung mit dem Betriebsrat zu beraten und die Vorschläge des Betriebsrats in diesem Zusammenhang zumindest ernsthaft zu prüfen.

Beides findet bei WELTBILD – natürlich –  nicht statt. Deshalb hat der BR das Gericht bemüht, dem Arbeitgeber aufzugeben, seinen Verpflichtungen zukünftig nachzukommen. Dieses Verfahren läuft ebenfalls noch und der nächste Termin findet am 14. März statt.

Die meisten Prozesse hat der Arbeitgeber eingeleitet

Im Gegenzug hat der Arbeitgeber insgesamt 10 Verfahren gegen den Betriebsrat eingeleitet. Es handelt sich dabei um Zustimmungsersetzungsverfahren im Zusammenhang mit Neueinstellungen. Im Laufe des letzten Jahres hat der Betriebsrat in 12 von insgesamt 31 Neueinstellungen seine Zustimmung verweigert. Das hatte unterschiedliche Gründe, zum Beispiel,

  • weil die Neueinstellung auf einem Arbeitsplatz erfolgen sollte, den auch eineR der gekündigten Beschäftigten aus dem Logistikkompetenzzentrum hätte übernehmen können, oder 
  • weil neue MitarbeiterInnen für eine Position eingestellt werden sollten, die bereits von einem oder einer KollegIn besetzt ist. Das hat in der Vergangenheit schon einmal dazu geführt, dass nach einer solchen Neueinstellung die Person, welche die Stelle bis dahin innehatte, regelrecht weggemobbt wurde. Deshalb ist der BR in diesem Zusammenhang besonders kritisch.
  • weil dem Betriebsrat wichtige Informationen fehlen, was der oder die Neueingestellte in Abgrenzung zu den anderen KollegInnen in der Abteilung überhaupt tun soll. Aber die Personalleitung weigert sich offenbar aus Prinzip, Stellenbeschreibungen zu verfassen und schaltet auf stur – um den Preis eines teuren Gerichtsverfahrens…
  • Last but not least hat der Betriebsrat einen kleinen Teil der Einstellungen auch deshalb verweigert, weil sie dem geplanten Personalabbau gegenüberstehen: Im Februar letzten Jahres hat Personalchef Ries dem BR-Vorsitzenden mitgeteilt, dass der Personalstand auf unter 300 Beschäftigte gesenkt werden soll. Wenn gleichzeitig neues, zusätzliches Personal eingestellt wird, heißt das nichts anderes, als das für jede Person, die neu kommt, eine andere, die derzeit da ist, gehen muss. Dem kann ein Betriebsrat, der seine Verantwortung ernst nimmt, nicht zustimmen! 

Ob und in welchem Umfang die Geschäftsführung weitere Arbeitsplätze streichen möchte, war auch im weiteren Verlauf der Versammlung Thema.

Fortsetzung folgt…

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