Mitte November haben die ver.di-Vertrauensleute von WELTBILD folgende Bitte per E-Mail an alle Fraktionen im Augsburger Rathaus geschickt:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie wissen sicher schon: Der Weltbild-Verlag steckt in der schwersten Krise seit Bestehen des Unternehmens. Einer der größten Arbeitgeber in Augsburg muss sich neu aufstellen, um zukunftsfähig zu bleiben.
Hunderten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern droht der Verlust ihres Arbeitsplatzes. 140 Beschäftigte im Kundenservice erwarten im Januar die Kündigung. Doch das ist erst der Anfang. Weitere Bereiche des Unternehmens werden folgen.
Alle bisher getroffenen Maßnahmen dienen allein einem kompromisslosen Stellenabbau und einer kurzfristig kalkulierten Kostensenkung. Gewerkschaft und Betriebsrat hingegen suchen den Dialog mit der Firmenleitung um neue Wege und Konzepte für die Zukunft zu finden. Nicht auf Kosten der Beschäftigten, sondern gemeinsam mit ihnen, wollen wir die Neuausrichtung des Unternehmens schaffen.
Ihnen, als gewählte politische Repräsentanten der Stadt Augsburg wird das nicht gleichgültig sein. Im Sinne der Stadt und ihrer BürgerInnen, werden Sie nicht wollen, dass es bei Weltbild massenhaft zu Entlassungen kommt. Die Mehrzahl der Beschäftigten hat schließlich ihren Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in Augsburg und der nahen Umgebung.
Wir bitten Sie hiermit um ein kurzes schriftliches Statement in dieser Sache, mit dem Sie das berechtigte Anliegen der Weltbild-Mitarbeiten unterstützen können. Es wäre uns allen sehr geholfen, wenn die Geschäftsführung mit Betriebsrat und Gewerkschaft einen konstruktiven Dialog aufnimmt.
Für eine zitierfähige Mail als Stellungnahme in dieser Angelegenheit wären wir Ihnen sehr verbunden.
Herzlichen Dank und mit freundlichen Grüßen
Timm Boßmann
Sprecher der ver.di Betriebsgruppe
in der Verlagsgruppe Weltbild
Antworten erhielten wir von Stefan Kiefer (SPD), Bernd Kränzle (CSU) und wenige Tage später auch von Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU).
OB-Kandidat Dr. Stefan Kiefer schrieb:
Sehr geehrter Kollege Timm Boßmann,
gerne ein Statement von mir - leider konnte ich heute um 9 Uhr* nicht dabei sein:
Die derzeitigen Signale von Weltbild sind ein Schlag für die Beschäftigten, aber auch für die Region.
Wir sind solidarisch mit der Belegschaft und fordern zusammen mit dem Betriebsratsvorsitzenden Peter Fitz, dass die Anteilseigner die notwendige Zeit und finanzielle Unterstützung bereitstellen, damit das Unternehmen wieder auf gesunde Beine gestellt werden kann. Auch das gehört zur Verantwortung der Kirche, die sich am Arbeitsmarkt betätigt.
Mit solidarischen Grüßen
Stefan Kiefer*gemeint ist die ver.di-Kundgebung vor dem Arbeitsgericht. (Anmerkung der Redaktion)
OB-Kandidat
Fraktionsvorsitzender
Stv. Parteivorsitzender der SPD
Aktives Mitglied der katholischen Kirche
Wir verweisen hier auch noch auf ein Statement, das Dr. Kiefer bereits im September zur Situation bei WELTBILD auf der Website der SPD-Augsburg abgegeben hat.
CSU-Fraktionsvorsitzender Bernd Kränzle schrieb:
Sehr geehrter Herr Boßmann,
Ihre E-Mail vom 14.11.13 haben wir dankend erhalten. Sie schildern darin die schwierige Lage, in der sich Ihre Kolleginnen und Kollegen beim Weltbild-Verlag befinden. Die CSU-Stadtratsfraktion Augsburg verfolgt die Entwicklung und den drohenden Stellenabbau mit großer Sorge.
Wir haben ein großes Interesse daran, dass sich ein Prozess entfaltet, in dem sozialverträgliche Lösungen erarbeitet werden – beispielsweise im Rahmen der natürlichen Mitarbeiterfluktuation. Wir empfehlen daher, einen Runden Tisch, an dem langfristige, tragfähige Lösungen in mehreren Stufen diskutiert werden. Wir wünschen Ihnen und dem gesamten Weltbild-Verlag gutes Gelingen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Kränzle
Fraktionsvorsitzender
Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl schrieb:
Sehr geehrter Herr Boßmann,
in Ihrem Schreiben bitten Sie uns um eine Stellungnahme zu Ihren Bemühungen als Sprecher der ver.di Betriebsgruppe in der aktuellen schwierigen Situation der Verlagsgruppe Weltbild.
Weltbild ist mit den rund 2300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Augsburger Zentrale ein sehr wichtiger Arbeitgeber und Kompetenzträger hier am Standort. Ich möchte Ihnen versichern, dass die Stadt Augsburg selbstverständlich ein sehr hohes Interesse an einer positiven Entwicklung des Unternehmens hat.
Ich bin deshalb auch in Kontakt mit den Gesellschaftern und der Geschäftsleitung.
Sie haben vorgeschlagen, dass Geschäftsführung, Betriebsrat und Gewerkschaften in einen konstruktiven Dialog zur Erhaltung der Arbeitsplätze eintreten.
Diesen Vorschlag kann ich nur unterstützen, denn der enge Dialog mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bzw. deren Vertretern hat nach meiner Erfahrung bei anderen Unternehmen mit Umstrukturierungsbedarf in Augsburg in den letzten Jahren positive Lösungswege aufgezeigt. Das Know-how, die Erfahrungen und die Ideen aus der Belegschaft sind wichtige Elemente in dieser Phase der Neuausrichtung, die den verantwortlichen Gremien bei Ihrer Entscheidungsfindung hilfreich sein können.
Die Neuausrichtung von Weltbild, stärker in Richtung Digitalisierung/E-Commerce, wird sich natürlich auf funktionale Einheiten im Unternehmen unterschiedlich auswirken. Für mich ergibt sich derzeit das Bild, dass Weltbild hier eine zukunftsorientierte Richtung eingeschlagen hat und auch bereits einige grundlegende Weichenstellungen getroffen hat.
Mir ist durchaus bewusst, dass die Neuausrichtung und Neustrukturierung den Betroffenen enorme Anstrengungen abverlangt. Ich denke, dass dafür eine feste Basis, die auf zwei Säulen steht, eine wichtige Voraussetzung ist: Einerseits der erklärte Wille der Gesellschafter, das Unternehmen auf diesem Weg weiterzuführen und andererseits erfahrene, motivierte und loyale Mitarbeiter, die diesen Weg begleiten wollen.
Ich erkenne beide tragenden Säulen im laufenden Prozess und hoffe, dass durch das Zusammenwirken der beste Weg gefunden werden kann. Wenn die Stadt, das Wirtschaftsreferat oder ich helfen können, sind wir dazu gerne bereit.
Für Fragen stehe ich Ihnen sehr gerne jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kurt Gribl
Oberbürgermeister
Die anderen Fraktionen, also Grüne, Linke, CSM, Freie Wähler und Pro-Augsburg, haben leider NICHT geantwortet.
Na ja, das typische Politikergerede. Aber was sollen die auch groß tun? Wenn Halff & Co. sagen, das CCC wird dicht gemacht, dann ist das halt so. Davon werden die leider nicht mehr abrücken, auch wenn es mittelfristig betrachtet sicher ein großer Fehler ist.
AntwortenLöschen(Immerhin hat sich OB Gribl mehr Zeilen abgerungen als Kiefer und Kränzle.)