Freitag, 31. Dezember 2010

Das Wort zum (letzten) Freitag (des Jahres 2010): Same procedure

  
Es ist wieder soweit. Schnell noch den Sekt kalt stellen, den Nudelsalat abschmecken und die Raketenbatterien auf der Terrasse platzieren. Diesmal vielleicht so ausrichten, dass die Mini-Pershings direkt Nachbar Hempels überdimensionierte Sat-Schüssel …? Aber nein, so gemein sind wir nicht, auch wenn Obersaubermann Hempel uns mit seinem Laubbläser-Tick im Herbst wieder den letzten Nerv geraubt hat. Raten Sie mal, wo er die Blättermassen mit seiner 2600-Watt-»Panzerfaust« hingepustet hat?

Friedlich wollen wir das alte Jahre verabschieden und freudig das neue begrüßen. Freudig? Mit einer rechtzeitig verabreichten Dosis Alloholl wird das schon gelingen. Da glauben wir dann bereits um 21 Uhr, dass im nächsten Jahr Wunder geschehen werden: Mehr netto vom brutto – hossa! Und Rex Gildo wird selig gesprochen.

Ach, fast hätt’ ich’s vergessen: Beim Fondueset muss ich ja noch einen Ölwechsel machen. Und wo hat sich bloß die CD-Box mit den Golden Oldies versteckt? Ohne die beruhigende Einstimmung durch vertraute Sounds und Songs der Vergangenheit (»I Can’t Get No Satisfaction«) weigere ich mich, den Null-Uhr-Schritt in eine ungewissen Zukunft zu tun. Wer weiß, was uns das Jahr 2011 alles bescheren wird. Die Autobahn-Vignette? Die Fruchtsaft-Steuer? Den Solidaritätszuschlag (für Portugal und Spanien)? Die Umrüstung der Supermarkt-Einkaufswagen auf 5-Euro-Scheine? Die Rückkehr von Lothar Matthäus zum FC Bayern (als Cheftrainer)? Die Rückkehr von Möllemann … Nein, das ist medizinisch nicht möglich. Aber wer weiß, was alles in Guido Westerwelles Albträumen so passiert …

Jetzt brauche ich aber wirklich einen Schluck. Vielleicht schon mal den Roten öffnen? Achherrje, der hat einen Kunstkorken – ist so hartnäckig wie Berlusconi. Dann halt ein Schwedenpils. Ein Prosit auf die schlauen Nordländer. Haben auf den Euro verzichtet.

Jetzt blökt mein Handy. Es ist Willi. Fragt, ob wir »Dinner for one« schauen. Wenn nicht, dann bliebe Elke zu Hause, hätte sie gesagt, denn ohne James und Miss Sophie wäre Silvester nicht Silvester. Oh my god! Ich sage, dass wir im Gästezimmer noch einen kleinen Fernseher stehen haben, verschweige aber, dass der Lautsprecher kaputt ist.

Dann höre ich meinen Sohn rufen: »Papa, wo ist eigentlich der Schokoladenbrunnen, den uns Tante Sabine mal geschenkt hat?«

»Den hat sich Sir Toby letztens ausgeliehen und noch nicht wieder zurückgebracht«, antworte ich ihm. »Immer das gleiche mit deinen Freunden», erwidert mein Sprössling, »wenn du ihnen etwas borgst, bringen sie es nie zurück.«

»Da hast du recht«, rufe ich, »aber macht nichts, wir können die Schokolade doch auch in der Mikrowelle schmelzen«. »Okay Papa. Aber gibt das nicht wieder so eine Sauerei wie letzes Jahr mit dem Käsefondue?« »Auch am Silvesterabend kann man dem Schicksal nicht entrinnen«, entgegne ich meinem klugen Kind und öffne noch ein Bier. »The same procedure as every year. Skål!«
 

1 Kommentar:

  1. Ein geknechteter Atomkraftmitarbeiter, den viele kennen, würde jetzt ausrufen: Laaangweilig

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