Freitag, 20. Juli 2012

Respekt: Eine rundum gelungene Betriebsversammlung




So wie in diesem Film geht es bei WELTBILD sicher nicht zu. Aber auf die Frage "Sind Sie heute schon gelobt worden? Oder in der letzten Woche, letzten Monat oder im vergangenen Jahr?" konnte fast niemand der 800 MitarbeiterInnen auf den beiden Betriebsversammlungen mit "Ja" antworten. Betriebsrat Peter Hellriegel warb in seiner Rede für mehr Respekt im Umgang miteinander. Als sichtbares Zeichen zur Verbesserung des Betriebsklimas hatte der Betriebsrat Buttons fertigen lassen und zusammen mit einer Extra-Ausgabe des Pickers auf allen Stühlen ausgelegt. Die Aktion kam bei der Belegschaft sehr gut an, viele steckten sich den kleinen Smiley gleich ans T-Shirt.



Zuvor hatte Betriebsseelsorger Erwin Helmer von den unhaltbaren Zuständen bei der Friedberger Landbäckerei Ihle berichtet und für Solidarität mit dem BR-Vorsitzenden Lothar Rother geworben: "Ein absolut respektabler Mann!" Die Geschäftsführung der Bäckerei-Kette Ihle hat den PC des Betriebsrats mit einem Trojaner ausspioniert und steht deshalb gerade vor Gericht (wir berichteten). 

Aber zurück zu WELTBILD: In den letzten Wochen wurde viel über die Stiftung diskutiert, die unser Unternehmen zukünftig übernehmen soll. Betriebsrat Timm Boßmann fasste noch einmal kurz zusammen, was das für die Belegschaft bedeutet, und beantwortete die Fragen aus dem Publikum.


Betriebsratsvorsitzender Peter Fitz berichtete unter anderem von Fortschritten bei der Einführung des Betrieblichen Eingliederungs-Managements (BEM) und freute sich "über einen historischen Tiefstand der Leiharbeit". Derzeit sind nur noch 50 LeiharbeiterInnen bei WELTBILD beschäftigt. Das ist das Ergebnis mehrerer Betriebsvereinbarungen, die in Summe für über 450 neue Festanstellungen zu Tarifbedingungen sorgten. Diesen beispiellosen Erfolg lobte auch Hans Gilg von der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), der bei der zweiten Versammlung am Nachmittag zu Gast war.

Ein weiteres Thema war wieder einmal die Bürosituation im Neubau. Viele Büros sind mit bis zu 6 (!) MitarbeiterInnen völlig überbelegt: "Das erinnert an Käfighaltung!" Personalchef Michael Seher versprach einen Stufenplan, um die Belegung zurückzufahren und wieder ein vernünftiges, konzentriertes Arbeiten zu ermöglichen. 


Ein weiteres Thema aus dem Verwaltungsbereich ist die geplante Neuordnung der Arbeitszeiten für BüroarbeiterInnen. Timm Boßmann stellte das geplante "Ampelmodell" dar und beschrieb die Probleme der "Nicht-Stempler": "Es kann nicht sein, dass Leute in Tarifgruppe IV oder V ohne Stempelkarte kostenlos Mehrarbeit leisten müssen!" Der Verzicht auf die Stempelkarte müsse mit deutlichen Lohnaufschlägen honoriert werden: "Alles andere ist ein ganz schlechtes Geschäft für die MitarbeiterInnen." Dabei wies Boßmann darauf hin, dass nach der derzeitig gültigen Betriebsvereinbarung jedeR ein Recht auf eine Stempelkarte habe, auch die sogenannten "Außertariflichen": "Wenn Sie ihre Karte zurückhaben wollen, kommen Sie ins Betriebsratsbüro, wir gehen zusammen in die Personalabteilung und holen Ihre Karte wieder!"

Zum Ende des Geschäftsjahres zogen die Geschäftsführer Carel Halff bzw. Dr. Martin Beer Bilanz. Die Verlagsgruppe hat demnach trotz schwieriger Branchenlage einen positiven Abschluss erzielt. Vor allem aber sei man für die Zukunft bestens aufgestellt: Im Gegensatz zu Mitbewerbern wie Amazon verfügt WELTBILD über ein ausgebautes Filialnetz, starke Katalog-Werbung und punktet bei den KundInnen mit redaktioneller Kompetenz und vielen Eigenausgaben. Im nächsten Jahr werde die Renovierung der IT-Landschaft abgeschlossen und das neue automatische Kisten-Lager in Betrieb genommen. Dann werde die Nummer 2 im deutschen Buchhandel noch ein Stück näher an den Marktführer Amazon heranrücken. 


Zu Amazon nahm auch ver.di-Sekretär Thomas Gürlebeck Stellung. Die miesen Arbeitsbedingungen zum Beispiel im Amazon-Lager in Graben sorgten für eine Wettbewerbsverzerrung: "Ich mache im Bekanntenkreis gern Werbung für WELTBILD: Mag sein, dass euer Paket 12 Stunden länger unterwegs ist, aber dafür sind die Arbeitsbedingungen im Großen und Ganzen in Ordnung!" Gürlebeck lobte die Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung. Auch wenn man unterschiedliche Positionen vertrete, gebe es am Ende meist gemeinsame Ergebnisse: "Der Zukunftstarifvertrag und die Betriebsvereinbarungen zur Leiharbeit sind sehr positive Beispiele."

Für die kommende Tarifrunde kündigte Gürlebeck Lohnforderungen von 6% und mindestens 110 Euro für die unteren Tarifgruppen an: "Aber da werden wir uns wahrscheinlich noch ein bisschen streiten müssen", grinste der Gewerkschafter, der am Mittwoch einen sehr sympathischen und von der Belegschaft viel gelobten Auftritt hinlegte.



11 Kommentare:

  1. Schön, dass sich der Sache mit der Käfighaltung angenommen wurde! Danke, lieber BR!
    Könnt Ihr demnächst dann noch mitteilen, wenn der Stufenplan vorliegt, wie dieser aussieht?
    Danke!

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  2. Was wurde denn gegen die Käfighaltung unternommen? Nichts! 2 Büros werden nicht mehr mit 6 Personen belegt. Das ist das Ergebnis der ganzen Sache? Lachhaft. Es gab nur die Aussage, wenn die Ciber-Kollegen nächstes Jahr wieder abziehen, werden Tische frei. Und bis dahin? Bleibt alles beim Alten. Doppelt belegte Büros, in denen kein konzentriertes Arbeiten möglich ist. Was sind das denn für Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der neuten IT-Landschaft.

    Den Auftritt von Herrn Gürlebeck fand ich nicht lobenswert. Was hat er uns denn mitgeteilt, was interessant wäre? Eigentlich nur, dass Verdi - ohne vernünftige Erklärung - bis nach der Sommerpause, nicht in die kommende Tarifrunde startet. Da unser Tarifvertrag seit April abgelaufen ist, hat Herr Gürlebeck kein Lob verdient.

    Trotz dieser zwei Punkte auch von mir ein Lob für die gute Betriebsversammlung. Seit langem habe ich mich wieder gut informiert gefühlt, als die Versammlung zu Ende war.

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  3. Die angestellten kollegen haben es gut,die gewerblichen sind nur unteres nivo wo der BR nur bei den wahlen stimmen abgreift um vier jahre lang sich gut gehen läst.und die idioten me.

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    1. die behauptung finde ich jetzt schon recht unfair. ich bin auch nicht immer fan unseres Betriebsrates bzw. deren arbeit. Bei uns angestellten entsteht oft der eindruck, dass der BR sich nur für die gewerblichen einsetzt. ich glaube, es kommt immer darauf an, welcher seite man "angehört".

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  4. Ok war wollen ein bisschen hart, aber es ist leider so der BR ist zur Zeit auf dem Standpunkt ;irgend einen tot muss man sterben.. Das heißt Verlust der Leistunsprämie, und das ist eine Verschlechterung

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  5. Heute nachzulesen. Die GDL , Gewerkschaft der Lokführer ( bundesweit ) geht in die zweite Verhandlungsrunde. Der Tarifvertrag ist ENDE JUNI !!! ausgelaufen. Der Tarifvertrag Buchhandel Bayern ist ENDE MÄRZ ausgelaufen und man hat sich geeinigt die erste Verhandlungsrunde auf nach der Sommerpause ( was ist die Sommerpause ?? ) zu vertagen. Was ist da los bei ver.di Buchhandel Bayern ??? Das sollte man sich nicht bieten lassen. Wir warten auf eine Stellungnahme von Thomas Gürlebeck oder Tim Bossmann. Warum dauert das bei euch so lange?? Habt ihr keine Lust? Das geht gar nicht. Wir arbeiten auch voll Pulle trotz unsicherer Lage. Warum dann ihr nicht? Verdi kooperiert mit den Arbeitgebern auf Verschleppung und Aufschiebung der Verhandlungen.Die Dummen dabei sind die Arbeitnehmer die auf ihre Lohnerhöhung monatelang warten müssen und draufzahlen. Anders kann man das nicht bezeichnen.
    Bin gespannt wie lang es dauert bis dieser kritische Artikel gelöscht wird.

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    1. Wir löschen hier keine kritischen Artikel. Nur unsachliche bzw. solche, die falsche Informationen enthalten.

      Der Start in die Tarifrunde war in der Tat unglücklich. Richtig ist aber auch: weder Thomas Gürlebeck noch Timm Boßmann gehören der Tarifkommission an. Diese setzt sich aus jeweils zwei VertreterInnen von Verlagen/Buchhändlern aus ganz Bayern zusammen. Die Verhandlungsführung liegt beim ver.di-Landesbezirk in München.

      Die notwendige Verschiebung der Verhandlungen, die am Donnerstag geplant waren, hat persönliche Gründe, über die wir nicht im Internet kommunizieren.

      Es nutzt aber wenig, über den verpfuschten Auftakt zu jammern: Wir müssen jetzt zusammenhalten und gemeinsam Druck machen, um ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. Unterstellungen wie die, ver.di kooperiere mit den Arbeitgebern, sind dumm, haltlos und helfen uns keinen Prozentpunkt weiter!

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    2. Wo werden die Gründe für die Verschiebung denn dann kommuniziert, wenn es im Internet nicht getan wird? Auch in den Zeitungen oder im Weltbild-Picker war nichts darüber zu lesen. Etwas mehr Tranparenz würde in diesem Fall auch wieder Sympathiepunkte bringen - oder sind es doch keine "persönlichen Gründe" (von wem überhaupt?), die zur Verschiebung geführt haben?

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    3. naja, es steht ja "persönliche Gründe". Dass die nicht im Internet stehen ist doch verständlich und auch dass derjenige nicht namentlich genannt werden will.
      Aber ich frage mich, ob die verhandlungen, die ja doch eine Menge Menschen betreffen von einer Person abhängen (dürfen)?! Was wenn die persönlichen Gründe sich als längerfristig erweisen? Müssen wir dann ewig auf einen tarifabschluss warten?

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  6. Gott sei dank: es gibt noch Menschen, die den Sinn des Wortes "persönlich" kapieren. Danke, Anonym von 18:06!

    Selbstverständlich müssen wir nicht "ewig" auf den Tarifabschluss warten. Der Termin wird gerade vereinbart und hier mitgeteilt, wenn er steht.

    Unglücklicherweise sind wir die, die etwas neues verhandeln wollen, für die Arbeitgeber könnte der alte Tarif noch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag gültig bleiben. Deshalb ist jetzt schon abzusehen, dass es keinen Termin im August geben wird: die Ausrede "Urlaubszeit" ist einfach zu schön…

    Wie gesagt: ein echter Kaltstart heuer :-(

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  7. Verdi Verantwortlicher Thomas Gürlebeck kneift

    Vor zwei Wochen wurde dem Verdi Vertreter Thomas Gürlebeck von mehreren Weltbild Kolleginnen und Kollegen ( darunter auch verdi Mitglieder )eine mail zugestellt. Es wurde um einen Gesprächstermin gebeten. Wir wollten etwas über die Gründe des Verzuges in der Tarifangelegenheit wissen. Immerhin ist der alte Tarif vor mehr fast fünf Monaten ausgelaufen. Irgendwelche Aktivitäten seitens verdi bezüglich eines neuen Tarifes sind bisher kaum erkennbar. Leider hat Thomas Gürlebeck bisher nicht geantwortet. Das verdi in seiner Satzung ein Bekenntnis zur Förderung der Demokratie hat ist ihm offenbar nicht bekannt. Wie sein Vorgänger Berthold Schleidt agiert dieser Herr in absoluter Selbstherrlichkeit und ohne auf die Basis zu hören oder mit dieser reden zu wollen. Dies ist einer Gewerkschaft absolut unwürdig. Die Mitglieder taugen zwar ganz gut dazu seinen Lohn zu bezahlen aber reden will er mit ihnen nicht. So einen Gewerkschaftsfunktionär lehnen wir ab.

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