Neben vielen wichtigen Themen, über die hier im Blog berichtet wird, ist das zentrale Thema augenblicklich das betriebene Betriebsrats-Mobbing, im speziellen die angedrohte fristlose Kündigung des BR-Vorsitzenden.
Leider stehen die Betriebsräte bei Weltbild nicht alleine vor dem Problem, sich gegen unfaire Methoden durch den Arbeitgeber wehren zu müssen.
Neben Lidl, Zara, Ihle - um nur ein paar Beispiele zu nennen, ist nun auch Aldi Nord negativ aufgefallen.
Mal wieder harte Bandagen bei Aldi
Ein Bericht von Andreas Haman, erschienen in der ver.di Handel Nr. 2, September 2018
Die gewinnträchtige Dicounter-Kette Aldi Nord ist einmal mehr in die Kritik geraten. Ein Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" über den Konflikt um ein neues Arbeitszeitmodell hat kürzlich für ein starkes Medienecho gesorgt.
Insbesondere wird die Frage aufgeworfen, ob Aldi aus der Tarifbindung aussteigen will. Anlass ist eine Formulierung in den seit 2014 erneuerten Arbeitsverträgen. Dort heißt es jetzt, der arbeitsvertragliche Verweis auf die Tarifverträge gelte "nur solange der Arbeitgeber tarifgebunden ist".
Bei ver.di-Aktiven und engagierten Betriebsräten hat das für großes Misstrauen gesorgt. Einer von ihnen ist Uli Kring, Betriebsratsvorsitzender in der Aldi-Gesellschaft Bad Laaspe. "Ich sehe die riesige Gefahr, dass Aldi Nord einen Tarifausstieg plant", sagt er. Das Unternehmen selbst dementiert dies: Aldi stehe zu den Tarifverträgen. Die Arbeitsverträge seien lediglich an die neue Rechtsprechung angepasst worden und man wolle "auf gegenwärtig nicht absehbare Zeit in der Not vorbereitet sein", zitiert das Handelsblatt.
Der "Spiegel"-Bericht ist für den Discounter insbesondere deshalb ärgerlich, "weil wir einer großen Öffentlichkeit mal wieder als schlechter Arbeitgeber vorgeführt werden", wie ein regionaler Geschäftsführer bereits vor einiger Zeit beklagte.
Starke Belege für das kritikwürdige Verhalten gibt es seit langem.
Illustration: BLEIFREI TEXTE + GRAFIK |
Trotz neuer Zeiterfassung: Pausen- und Minutenklau
2014 begann Aldi Nord, außer neuen Arbeitsverträgen auch neue Betriebsvereinbarungen zur Arbeitszeit und zur Vergütung durchzuboxen, die einen großen Spielraum für Verschlechterungen bieten.
Zum Beispiel wird in einer Betriebsvereinbarung der pauschale Verzicht auf Mitbestimmung in Arbeitszeitfragen festgeschrieben. Über den Weg von Arbeitszeitkonten soll Mehrarbeit zu einem pauschal genehmigten Dauerzustand gemacht werden und keine Ausnahme mehr sein, so ein Einwand von Betriebsräten.
Zwei Betriebsräte leisten Widerstand
Auch eine inzwischen weitgehend eingeführte elektronische Arbeitszeiterfassung, die ver.di seit langem gefordert hatte, ist nach Auskunft von Insidern lückenhaft.
Arbeit vor und nach der eigentlichen Schicht sowie Pausenzeiten werden - anders als von Aldi Nord behauptet - oft nicht minutengenau erfasst.
Der erwähnte "Spiegel"-Artikel gibt wieder, dass anfänglich rund die Hälfte der damals 35 Betriebsratsgremien die geplante Betriebsvereinbarung über ein neues Arbeitszeit- und Vergütungsmodell abgelehnt hatte. Diesen Zustand haben die regionalen Geschäftsführer dann mit zum Teil erpresserischen Methoden verändert, über die erstmalig in ver.di Publik ausführlich berichtet worden ist: Es wurde mit der Schließung von Standorten, der Ausgliederung des jeweiligen Fuhrparks oder der Abgabe von Teilen des Filialnetzes gedroht.
Dieses Vorgehen und die sichere Zustimmung von Betriebsratsmehrheiten aus dem Dunstkreis der arbeitgeberfreundlichen AUB haben dazu geführt, dass Aldi Nord fast überall zum Ziel gekommen ist. Nur noch zwei von ver.di-Mitgliedern geführte Betriebsräte, in Bad Laaspe und in Horst, leisten Widerstand. "Wir sprechen uns mit Nachdruck gegen Einschüchterungen und Drohungen durch Vorgesetzte aus. Arbeitsverträge, die die Bedingungen für die Beschäftigten verschlechtern, lehnen wir ab", so ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. "Unser gemeinsames Ziel ist Tarifsicherheit und ungehinderte betriebliche Mitbestimmung."
(Bericht: Andreas Haman)
Wir wünschen den engagierten Betriebsräten Bei Aldi Nord viel Kraft in ihrem Kampf um faire Arbeitsbedingungen.
Quelle: Ver.di Handel Nr. 2 (Beilage der Ver.di Publik), September 2018
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