Montag, 3. März 2014

Konzernbetriebsrat: "Filial-Schließungen gefährden Digital-Geschäft"


Nach der Trennung von Hugendubel wurde letzte Woche der Konzernbetriebsrat neu konstituiert. In dem Gremium vertreten jetzt je zwei Betriebsrätinnen der Verlagsgruppe in Augsburg und von WELTBILDplus die Interessen der Beschäftigten auf Konzernebene. 

Unser BR entsendet wie in der Vergangenheit Dolores Sailer und Timm Boßmann, von Plus kommen Julia Käding (Filiale Jokers Lüneburg, GBR-Vorsitzende von WELTBILDplus) sowie Christian Augustin (Filiale Essen) dazu. In der konstituierenden Sitzung am Freitag wurde Timm Boßmann zum Vorsitzenden des KBR und Julia Käding zu seiner Stellvertreterin gewählt.

Timm Boßmann neuer KBR-Vorsitzender

Mit Blick auf das Multichannel-Konzept von WELTBILD kommt dem Konzernbetriebsrat jetzt eine besonders wichtige Aufgabe zu: "Wir glauben, dass die Filialen ein unverzichtbarer Bestandteil des Geschäftsmodells von WELTBILD sind. Wenn die Gruppe erfolgreich verkauft werden soll, müssen wir ein flächendeckendes und funktionierendes Filialsystem haben", sagt Boßmann. Darüber sei man sich grundsätzlich auch mit dem Insolvenz-Verwalter einig. Strittig sind dagegen die zahlreichen Filial-Schließungen, die Arndt Geiwitz derzeit gemeinsam mit Plus-Geschäftsführer Gunther Gerlach plant.

"Die Umsatzentwicklung darf nicht das einzige Entscheidungskriterium sein", so Boßmann. Die Rentabilität einzelner Filialen hänge nicht nur vom Standort ab. Vielmehr habe es in der Vergangenheit zahlreiche Fehlentscheidungen des Managements gegeben, die immer mehr Filialen in die finanzielle Schieflache gebracht hätten. "Wenn wir dort nichts ändern, dann sind die geplanten Schließungen nur der Anfang vom Ende der gesamten Kette", ist sich der KBR-Vorsitzende sicher.

Sortiment und Beratung sind die Erfolgsfaktoren

Boßmann sieht die richtigen Hebel woanders: "Die Sortiment-Auswahl ist entscheidend und wir müssen es schaffen, dass unsere Filialen von den KundInnen wieder als Buchhandlungen mit Beratungs-Kompetenz wahrgenommen werden." Dafür brauche es gute Leute, die auch vor Ort Entscheidungen treffen dürften. Derzeit kranke das System WELTBILDplus auch an zu vielen Führungsebenen.

Bevor deutschlandweite Schließungen beschlossen würden, müssten viele Fragen geklärt werden: "Das Konzept von Roland Berger für die Gruppe muss bekannt sein und diskutiert werden. Wir müssen über die Gemeinkosten-Anteile, die an WELTBILD in Augsburg abgeführt werden, reden; genauso wie über das Management und die Verwaltung in München", fordert Boßmann. Zentral sind für ihn aber die Pläne eines möglichen Investors: "Durch Filial-Schließungen, die auf Milchmädchen-Rechnungen basieren, wird möglicherweise der Wert des gesamten Gruppe beschädigt und wir werden für mögliche Käufer weniger attraktiv." Bevor ein Investor sich geäußert habe, seien die geplanten Schließungen "grob fahrlässig".

Horror-Szenario Marktbereinigung

Wenn Plus jetzt sturmreif geschossen werde, könnten Investoren auf den Plan treten, die nur eines wollen: sich unliebsame Konkurrenz vom Hals schaffen, fürchtet Boßmann: "Wenn die Filialen getrennt vom Rest der Gruppe an einen Mitbewerber verkauft werden, macht der nur eins: den Rest auch noch zu!" Damit würde über 100 Arbeitsplätzen in Augsburg die Existenzberechtigung auf einen Schlag entzogen: Filialbelieferung, Category-Management, Filialmarketing sowie Stellen in der IT und der Personalabteilung.

Deshalb sieht der Konzernbetriebsrat das Plan-Insolvenzverfahren bei WELTBILDplus auch sehr kritisch. Das Insolvenzrecht sei ein zweischneidiges Schwert: "Wir fürchten, das ist ein Schachzug, um über die kurzfristige Kündigung von Mietverträgen möglichst viele Beschäftigte möglichst schnell und möglichst billig loszuwerden", sagt Boßmann. Stattdessen sollte das Insolvenzrecht genutzt werden, um Mieten an attraktiven Standorten zu senken und so ein möglichst großes Filialnetz in Summe wieder in die Gewinnzone zu führen.

Filial-Schließungen gefährden Digital-Geschäft

"Wir wissen, dass unser TOLINO besonders gut in den Filialen verkauft wird", bringt Boßmann ein weiteres Argument für die Filialen ins Spiel. Der E-Book-Reader sei beratungsintensiv, viele KundInnen wollten das Gerät in die Hand nehmen und vor dem Verkauf erklärt bekommen. Boßmann sieht den Absatz des Readers und die Umsätze im Digital-Geschäft durch die geplanten Schließungen in Gefahr. "Es ist ganz einfach: Ohne TOLINO gibt es keine E-Book-Umsätze, auch deshalb brauchen wir die Filialen – und zwar viele und überall in Deutschland. WELTBILD und WELTBILDplus sind eine Einheit, das muss auch unter Kostengesichtspunkten viel ganzheitlicher betrachtet werden als es Insolvenzverwaltung und die Plus-Geschäftsführung derzeit tun."

7 Kommentare:

  1. Beratung klingt gut, dann bräuchte man allerdings auch mal ein Personalkonzept, das dem gerecht wird.Und Buchhändler statt Medienverkäufern...

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  2. Diese Ungewissheit macht so mürbe.....

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  3. An 6.März 00.44 Uhr : Ja, das ist wohl war. Mir und vielen anderen Kolleginnen geht es auch so. Man ist richtig kraftlos und muß warten, bis unsere Zukunft klar ist. Einfach furchtbar.......Galgenhumor hilft (wenn es geht) viel mit Menschen reden und sich ablenken .... Bis 31.3. müssen wir ja Bescheid wissen, also : durchhalten !!!!

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  4. In der letzten Betriebsversammlung hieß es doch, es solle in einem 3 Wochen Turnus weitere Betriebsversammlungen geben. Wie sieht es denn damit aus? Die letzte ist ja schon 4 Wochen her. Keine Infos wie es weitergeht, mein Vorredner hat mit mürbe machen nicht unrecht

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    1. Ein´s ist wohl sicher: Besser wird´s auf keinen Fall mehr.

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    2. Weltibld ist immer mehr zu einem Politikerkonzern geworden! Es wird einem direkt ins Gesicht gelogen, und denen die eh schon genug Geld haben, kriegen nochmal mehr Kohle in die Taschen gestopft, wenn man seine Überstunden mal noch abbauen will weil man ja die Zeit länger da war und sie nicht verfallen lassen will wird man vorgesetzten nur noch dumm angemault aber hauptsache er geht jeden Tag früher! Und da rede ich nicht nur von einer halben Stunde!!! Aber jeder nimmt es schweigend hin, und hofft nur dass es ihn selbst schon nicht treffen wird. Alle die so denken denen kann ich nur sagen: AUFWACHEN!!! LAUT AUGSBURGER ZEITUNG SOLL JEDER DRITTE JOB AKUT IN GEFAHR SEIN!!! Infos erfährt man auch immer nur aus der Zeitung oder dem Internet, in der Firma alleine hüllt man sich in von allen Seiten im großen Schweigen! Und das gilt auch für den Betriebsrat! In der Zeitung steht dass eine Betriebsversammlung für Freitag angesetzt ist. Wann erfahren wir davon auch mal innerbetrieblich?? Mittwoch-Nachmittag per Mail um 16.45 Uhr wenn der Bereich Lager/Logistik schon Feierabend hat? Es sind nur noch 3 Wochen bis zum 31.03. und wir wissen immer noch nicht mehr als im Januar als der Insolvenzantrag gestellt wurde!! Ich glaube so langsam aber sicher wird´s Zeit dem Unternehmen den Rücken zu kehren! Gut dass ich schon nen neuen Job in Aussicht habe! Ich werde aufgrund der aufgezählten Punkte jedenfalls nicht mehr länger als nötig in diesem unstrukturiertem Unternehmen bleiben da die, die sich jeden Tag den allerwertesten aufreißen und in so einer schwierigen Zeit versuchen noch möglichst viele Kunden zu halten nur noch wie der letzte Abschaum verachtet werden!!!

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  5. Kann meinem Vorredner nur zustimmen: so gehts nicht! Da plant man die Urlaubstage für die drei Monate zu nehmen, damit nichts verfällt oder Tabellenforderungen gestellt werden müssen, dafür wird man blöd angemacht und jetzt wo der Urlaub steht, ist genau da ne Versammlung. Das macht die Situation noch unerträglicher. Das ist reiner Psychoterror....

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