Sonntag, 7. Februar 2010
MitarbeiterInnen-Versammlung: Weltbild startet Großprojekt SAP-Einführung
Am Freitag lud die Geschäftsleitung zur MitarbeiterInnen-Versammlung ein. So erfuhren die Weltbild-Angestellten ausnahmsweise mal nicht über den Flurfunk oder gar aus der Zeitung von einschneidenden Veränderungen. Sicherlich auch ein Verdienst des Betriebsrats, der die miese interne Informationspolitik seit Monaten anprangert. So präsentierten Carel Halff und Dr. Martin Beer öffentlich den Fahrplan für die geplante SAP-Einführung – genannt "Projekt FIT" – und stellten sich den Fragen der Belegschaft. Den Termin nutzten insbesondere die VertreterInnen des Betriebsrats für zahlreiche kritische Nachfragen.
ES 9000 hoffnungslos veraltet
Halff stellte eingangs dar, wie das Weltbild-Versandgeschäft seit Jahren unter den Unzulänglichkeiten der ES 9000 leidet. Die Eigenentwicklung stammt aus den 80er-Jahren und ist nicht mehr in der Lage, die komplexen Geschäftsprozesse eines modernen Versandhändlers abzubilden und hinreichend zu unterstützen. Die Folge sind nach Halffs Darstellung überhöhte IT-Kosten, zu lange Projektlaufzeiten und eine wachsende Kundenunzufriedenheit.
SAP soll jährlich 10.000.000 Euro sparen
Die Business Suite der badischen Software-Schmiede SAP soll zukünftig den gesamten Geschäftsprozess von der Buchhaltung bis hin zur Logistik steuern und unterstützen. Davon verspricht sich die Geschäftsführung jährliche Einsparungen in der Höhe von 10 Millionen Euro. Der Online-Vertriebskanal soll qualitativ ausgebaut werden, das Unternehmen insgesamt schneller und flexibler werden.
Sparen – auf wessen Kosten?
Hier hakte der Betriebsrat intensiv nach. Wie dieses märchenhafte Einsparungspotential denn realisiert werden solle, das wollte man ganz genau wissen. Von Dr. Beer war daraufhin zu erfahren, dass rund 40%, also 4.000.000 Euro, beim Personal gespart würden, 60% des Einsparvolumens ergäben sich aus verminderten Betriebskosten. Zur Verwunderung der Versammlung konnte IT-Leiter Dr. Baars allerdings keine Auskunft über die zu erwartenden SAP-Betriebskosten geben. "Das ist ja merkwürdig", wunderte sich ein Betriebsrat. "Wie können Sie denn ausrechnen, was Sie sparen, wenn Sie die Kosten nicht kennen…?"
Sind 80 Stellen in der IT in Gefahr?
Nach Auskunft der Geschäftsführung treffen die Personalmaßnahmen in erster Linie den Bereich IT. Ein Betriebsrat rechnete kurz vor, was das bedeuten könnte: "Vier Millionen pro Jahr – bei einem Durchschnittsbrutto von 30.000 im Jahr plus Sozialabgaben wären das rund 80 Stellen. Was bleibt denn dann von der IT noch übrig?"
In der nächsten Zukunft müsse sich niemand Sorgen machen, wiegelte Geschäftsführer Halff ab. Der Plan sieht offenbar vor, die ES und SAP zunächst parallel zu betreiben. Der komplette Prozess könne frühestens 2012 abgeschlossen werden, intern rechne man sogar mit einer deutlich längeren Projektdauer. Bis dahin werde man den betroffenen MitarbeiterInnen – insbesondere den ES-ProgrammiererInnen – jede erdenkliche Hilfestellung zukommen lassen: von der Qualifizierung bis hin zu Hilfestellungen bei der Jobsuche. "In den nächsten zweieinhalb Jahren wird es keinerlei negative Auswirkungen für irgendwelche Mitarbeiter geben!", legte Halff sich öffentlich fest. Daran wird sich der Vorsitzende der Geschäftsführung messen lassen müssen.
Zum Projektstart: neue Jobs
Zunächst werde man sogar neue Stellen schaffen und SAP-Fachleute anstellen. Man wolle selbst Knowhow in den Betrieb holen und sich nicht ausschließlich auf die externe Unternehmensberatung Droege verlassen.
"Vergnügungsfrei": Schnelle Entscheidungen von oben
Der gesamte Umstellungsprozess wird von einem Lenkungsauschuss gesteuert, in dem neben unseren Geschäftsführern (Carel Halff, Dr. Martin Beer und Dr. Klaus Driever) auch Dr. Frankenberger von Droege sitzt. Die Gesamtprojektleitung hat Thomas Heinrich, Leiter Unternehmensentwicklung, übernommen. Besonderen Wert legt der Lenkungsausschuss auf klar definierte Top-Down-Entscheidungen. Es werde keine "basisdemokratischen Marathonsitzungen" geben, sondern schnelle und harte Entscheidungen von oben.
Auf die Nachfrage des Betriebsrats, wie mit den kleineren Unternehmensmarken Jokers, Kidoh und den Ländern verfahren werde, sagte Halff: "Der angestrebte Prozess erfordert eine weitgehende Vereinheitlichung. Das wird vergnügungsfrei!"
Geschäftsführung verspricht Transparenz
Großen Wert legt die Geschäftsführung auf Transparenz während des gesamten Prozesses. Man versprach, alle MitarbeiterInnen permanent auf dem Laufenden zu halten. Die öffentliche Präsentation des Projekts auf einer Betriebsversammlung sei der erste Schritt zur Einlösung dieses Versprechens, betonte Dr. Beer. Auch wolle man eng mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten.
Der Betriebsrat redet mit
Die VertreterInnen der Belegschaft machten deutlich, was sie erwarten: "Uns nur zu einer Präsentation einzuladen reicht nicht. Wir wollen eine echte Beteiligung und bei den entscheidenden Gesprächen dabei sein!" Der Betriebsrat wird sich intensiv mit dem "Projekt FIT" beschäftigen und sich gründlich in die Materie einarbeiten. "Dazu werden wir auch externe Fachberater an Bord holen", kündigte Betriebsratsvorsitzender Peter Fitz an.
Klar sei außerdem, dass zu allen Personalgesprächen auch VertreterInnen des Betriebsrats eingeladen werden können. Das beginnt bei den so genannten Orientierungsgesprächen, die in den nächsten Wochen mit den potentiell betroffenen MitarbeiterInnen der IT geführt werden. "Da muss niemand alleine hingehen, wenn er nicht will. Wir bieten allen MitarbeiterInnen unsere Begleitung an", sagte Fitz. Dr. Beer sicherte dem Betriebsrat seine Unterstützung zu: Auch wenn bei den Orientierungsgesprächen noch nichts entschieden werde, "ein Betriebsrat darf selbstverständlich dabei sein, wenn der Mitarbeiter das möchte", versprach Dr. Beer.
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Schlagworte:
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Die Einführung von SAP beschert der Braut "Weltbild", die in den letzten Monaten von so mancher Bettkante gestoßen wurde, sozusagen eine Schönheits-Total-OP.
AntwortenLöschenUnd das würde Kohlliesels Tochter wieder attraktiver für den Heiratsmarkt erscheinen lassen.
Aber halt! Die Verkupplungs-Aktivitäten wurden ja definitv eingestellt, hat der Erklärbär gesagt. *zawinker*
SAP? Sagte mir erst mal gar nichts. Aber es scheint wohl so, daß Wettbewerbsfähigkeit diesen Schritt erfordert. Nur – warum diese Geheimnistuerei? Das Verlags- pardon Handels-wesen ist sicherlich Veränderungen unterlegen, doch warum sollen wieder Mitarbeiter dafür auf der Strecke bleiben? Hätte man das nicht schon vor Jahren erkennen können? Die Eitelkeit einiger Entscheidungsträger hat dies wohl hinausgezögert. Permanentes herumdoktern hat zu keiner Lösung geführt. Sprich, das unterliegt wohl dem Versagen dem Managements und auf dem Rücken der Mitarbeiter wirds nun ausgetragen.
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