Sonntag, 21. Februar 2010

Bisher keine Beschäftigungsgarantie für Weltbild-IT

EinE KollegIn aus der IT hat diesen Beitrag für unser Infoblog verfasst:

Wie bekannt, möchte die Verlagsgruppe Weltbild die selbst entwickelte zentrale Betriebssoftware gegen das Standardprodukt SAP austauschen. Mit dem eigenen System für Warenwirtschaft, Auftragsbearbeitung, Logistik und Kundenkontobetreuung wurde Weltbild vom kleinen Zeitschriftenverlag zum Milliardenunternehmen mit hunderten von Buchläden und erfolgreichen Internetshops.

Nun vertraut die Geschäftsführung den weiteren Geschäftsfortschritt der Firma SAP an, die momentan selbst in den Schlagzeilen steht, weil der Einsturz der Gewinne von 2,2 auf 2 Milliarden Euro trotz Stellenabbau den Vorstand ins Schlingern brachte.

Sie vertraut darauf, daß SAP jeweils rechtzeitig und vollständig die Anforderungen des Versandhandels im In- und Ausland in neuen Releases der SAP-Software berücksichtigt.
Nebenbei bemerkt, die SAP-Software ist keine spezielle Versandhandelssoftware.
Ein hingenommer Nachteil bei dieser Vorgehensweise ist, daß jedes Konkurrenzunternehmen, welches auch SAP nutzt, dieselben Softwarestände zur Verfügung hat.
Möglicherweise ist das auch ein Vorteil für langsame oder phantasielose Unternehmen, da keiner schneller als der andere sein kann oder etwas anderes machen kann.

Scheinbar aber nicht aber für den größten und erfolgreichsten Konkurrenten Amazon, der, wie man hörte, auf Eigenentwicklung setzt.

Weltbild ist bis zum erfolgreichen Abschluß der SAP-Umstellung, die im Prinzip fast das komplette Unternehmen betrifft, da praktisch jeder Mitarbeiter die neue Software erlernen muß, auf das bewährte Ist-System angewiesen.

Statt den Mitarbeitern, die alle mit großem Einsatz und zum großen Teil langjährig, das Ist-System betreut und weiterentwickelt haben, ganz selbstverständlich eine Beschäftigungsgarantie auszusprechen, um die Unterstützung des Ist-Systems bis zur Ablösung sicher zu stellen, wird eine Anzahl von bisher 30-60 verdienten Mitarbeitern zugemutet, noch 2,5 Jahre weiterzuarbeiten, ohne eine Perspektive zu haben, wie es danach weiter geht.

Das ist eine äußerst unwürdige Vorgehensweise, nicht nur für ein kirchliches Unternehmen.
Zumal es bei einem Unternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern im Zeitraum von mindestens 2,5 Jahren kein Problem sein sollte, für 30-60 Mitarbeiter eine Lösung innerhalb des Unternehmens zu finden und das auch verbindlich zuzusagen.

Erschwert wird die Situation dadurch, daß es die Leitung IT ganz offen ablehnt, die Mitarbeiter, die heute das Ist-System betreuen, für die Betreuung des neuen Systems zu übernehmen, was die normale Vorgehensweise wäre.
Wenn das alle Firmen so machen würde, dann gäbe es heute gar keine SAP-Spezialisten...

Das ist eine Übertragung der Wegwerfmentalität auf Menschen und Familien und ein gutes Beispiel, wie die aktuelle Managergeneration funktioniert.
Leider zeigt die Erfahrung der Krisen der letzten Jahre, daß die Manager, die verbrannte Erde hinter sich zurück lassen, am Ende mit großen Vermögen ihr Leben genießen können, während ihre Opfer, die vorher für gesunde Firmen arbeiteten, von Hartz IV leben müssen...

Kleine Ironie am Rande: die Umstellung wird auch mit gestiegenen IT-Kosten begründet. Interessanterweise ist die Belegschaft, die deswegen abgebaut werden soll, zahlenmäßig seit vielen Jahren konstant und hat auch schon mit erlebt, wie der heute amtierende Geschäftsführer Hr. Driever, damals IT-Leiter, als Erfolg verkündet hat, daß die IT-Kosten unterdurchschnittlich wären. D.h. die, deren Kosten seit vielen Jahren stabil unterdurchschnittlich sind, werden "eingespart" und durch teure Neueinstellungen ersetzt, um die Gesamt-IT-Kosten zu verringern ?
Offensichtlich ist hier nicht nur die Menschlichkeit, sondern auch noch die Logik auf der Strecke geblieben.

Die Redaktion bedankt sich ganz ausdrücklich für diesen aufschlussreichen Beitrag. Je mehr KollegInnen sich hier beteiligen, umso besser können wir die Belegschaft über aktuelle Entwicklungen informieren und eine Plattform zum Austausch bieten. Weiter so!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Sie können Ihre Kommentare vollständig anonym abgeben. Wählen Sie dazu bei "Kommentar schreiben als..." die Option "anonym". Wenn Sie unter einem Pseudonym schreiben wollen, wählen Sie die Option "Name/URL". Die Eingabe einer URL (Internet-Adresse) ist dabei nicht nötig.

Wir lassen Sie nicht allein! Klicken Sie auf das Logo.