Donnerstag, 25. Februar 2010

Wie Fehlentscheidungen und Missmanagement die Kosten treiben


Ein weiterer, sehr spezifischer Beitrag zur SAP-Einführung, der uns zugesandt wurde. Danke, liebeR KollegIn!

Doch, doch, lieber Autor des letzten IT-Beitrags – ist alles logisch!

Natürlich sind die IT-Kosten in den letzten Jahren explodiert. Und natürlich ist das nicht in den Bereichen passiert, in denen jetzt gespart werden soll.

Ein Blick ins IT-Organigramm reicht, um zu sehen, wo neue Kosten entstanden sind. Die Befürworter schlankerer Lösungsansätze für die noch junge Medien- und Produktdatenbank wurden nicht gehört – es gab z.B. einen Vorschlag mit wesentlich mehr Realisierungen auf vorhandener Rechnerwelt (CMS und ES), durchaus betreubar durch vorhandenes Personal. Die Entscheider für das jetzt entstandene System wurden von Hardware- und Personalbedarf „total überrascht“ (Was, das werden viele Daten? Was, wir brauchen auch Testsysteme?) – und sitzen jetzt im FIT-Team…

Ein Blick auf die neuen Projektmanagement-Prozesse reicht, um zu sehen, wo zusätzliche Kosten entstanden sind. Neben Priorisierungsprozessen in neu etablierten Gremien und der neuen Verwaltung „Weltbild Projekte“ kommt nun das teure MS-Project zum Einsatz. Frühe Warnungen von Resourcenverantwortlichen und Projektleitern vor dessen Komplexität wurden nicht gehört.
Der notwendige „schnelle Blick auf die Resourcen“, mit dem die Einführung begründet wurde, wird offensichtlich nie ausgeübt – sonst würde auffallen, dass sich ganze Abteilungen bereits wieder davon verabschiedet haben, und dass die Pläne der unzureichend geschulten Fachbereiche die Resourcen-Auslastung eher verschleiern als aufklären.
Oder ist MS-Project doch zu mächtig und unübersichtlich? Oder die Sache an sich? Dass FIT aktuell in MS-Project noch keine Resourcen bindet, obwohl es faktisch bereits begonnen hat, sei dabei nur am Rande erwähnt. Allein in Lotus Notes wurden bereits 60 h gebucht, obwohl noch gar niemand dafür „frei geschaltet“ wurde. Die hohen Kosten für eine Fülle von MS-Project-Lizenzen bleiben, aber offensichtlich haben die Entscheider das Interesse daran verloren – und sitzen jetzt im FIT-Team…

Ein Blick in die ersten FIT-Runden reicht, um zu sehen, wo zusätzliche Kosten entstehen werden. Fragen, die die externen Berater und die an einigen Stellen offensichtlich schlecht informierten, internen Entscheider nicht gestellt haben, bescheren uns jetzt schon die ersten Kosten-Tretminen. Es muss wohl ein wenig „frisiert“ werden, damit die 12 Mio. € Projekt-Budget ausreichen. Diese Berater und Entscheider sitzen jetzt im FIT-Team…

Ein Blick auf die Wirtschaftlichkeitsrechnungen von Großprojekten der letzten Jahre reicht, um zu sehen, wo zusätzliche Kosten entstehen werden. Da ging es häufig um große Einsparpotenziale in den Fachbereichen – nicht in der IT. Da sich bekanntlich etliches im SAP-Standard nicht abbilden lässt, geht ein Teil dieser Einsparungen natürlich wieder verloren und die Kosten in den Fachbereichen werden steigen - das hat Herr Halff bereits als „vergnügungsfrei“ im Kuppelsaal angekündigt.
Die IT-Quote sinkt dadurch automatisch:
4.000 IT-Kosten von 100.000 Gesamtkosten sind 4%
4.000 IT-Kosten von 133.000 Gesamtkosten sind 3%
Ein schöner Erfolg für die IT, aber keiner fürs ganze Haus – Operation gelungen, Patient tot…

Ein wenig mulmig könnte einem ums Haus schon werden, wenn einem noch daran läge. Die gegenseitige Wertschätzung wurde aber einseitig aufgekündigt – und so sieht man recht gelassen zu und kümmert sich um seine eigene, sparsame Zukunft.

Mensch! Ganz vergessen: das Sparen! Bisher haben wir nur Kosten erhöht!

Da müssen wir uns nun eben die Systeme vornehmen, deren Kosten seit Jahren weitgehend konstant sind. Unter anderem die lethargische ES9000.

Ein Blick in die „Weltbild Projekte“ zeigt, wie wenig sich dort bewegt. Ach so, da schaut ja mangels Interesse keiner mehr hin. Hier also die Zahlen: Seit der Einführung von MPM im letzten Juni wurden mit ES-Beteiligung 166 Projekte beendet, auf den Fachabteilungstest warten 46 und in Realisierung sind 34. Da kann man schon fast von Lähmung reden.

Dass in den letzten bereichsübergreifenden Projekten selten auf die ES, sondern eher auf andere Systeme oder die IT anderer, auch SAP-nutzender Firmen gewartet wurde, interessiert ebenfalls nicht mehr.
Und auch nicht, dass Wünsche wie z.B. die immer wieder mal geforderte Online-Faktur weder an der Technik noch am unflexiblen Personal scheitern, sondern an der logistischen Zwangsjacke „jede Rechnung soll zu ihrem Packstück finden“. Ohne Hochgeschwindigkeitsdrucker vor Ort oder die bisher aus Kostengründen abgelehnte Trennung in Rechnung und Lieferschein kann natürlich auch SAP solche Wünsche nicht erfüllen. Logisch? Logisch!

Die Laufzeiten auf der ES interessieren nur im Moment nicht – das gibt sich dann aber im Rahmen der „Nach-Trauerarbeit“. Ein gelegentlicher Blick auf die entsprechenden Probleme anderer Systeme bereitet da jetzt schon viel Vorfreude.

Was soll’s, Hauptsache gespart.

Wie viel von dem erwarteten Einsparpotenzial in der IT durch steigende Kosten in den Fachbereichen voraussichtlich gefressen wird, wurde übrigens noch nicht verraten. Vielleicht wurde das vorsichtshalber nicht mit einkalkuliert?
Aber die IT-Quote wird sinken, das ist logisch!

Oder: q.e.d.! (wie sich der Mathematiker zu freuen pflegt)

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Nicht nur wir von der Blog-Redaktion, sondern auch Ihre KollegInnen freuen sich über jeden qualifizierten Beitrag!. Vielen Dank!

3 Kommentare:

  1. Ich bin der Meinung, dass die Veröffentlichungen im blogspot nicht ins
    öffentliche Internet gehören, sie betreffen zum großen Teil Internas von
    Weltbild.

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  2. Wir von der Gewerkschaft ver.di haben auch darüber diskutiert, was man im Internet veröffentlichen kann, und was kontraproduktiv ist. Deshalb prüft die Redaktion jeden Beitrag und Kommentar. Sie bzw. die Weltbild- Konkurrenz werden im Blog keine Geschäftsgeheimnisse finden, genauso wenig wie persönliche Anwürfe oder Unwahrheiten.

    Ver.di findet es aber wichtig, den KollegInnen eine Plattform zum Austausch zu bieten und das Internet im Falle eines Falles auch zu nutzen, um öffentlichen Druck aufzubauen. Ganz ohne Publicity geht es nicht – immerhin stehen viele Arbeitsplätze auf dem Spiel, und um jeden einzelnen werden wir mit allen Mitteln kämpfen!

    Abgesehen davon ist die Diskussion "öffentliches Internet oder nicht" hypothetisch. Die Geschäftsführung wird dem ver.di-Blog sicher keinen Host im Weltbild-INTRAnet anbieten. Und selbst wenn: Würden Sie oder andere KollegInnen dann noch auf die Anonymität der Meinungsäußerungen vertrauen wollen? Auch deshalb ist das Blog der Gewerkschaft im "öffentlichen Internet" besser aufgehoben.

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  3. Herr "Kollege" Anonym,
    wie der Autor so schön geschrieben hat, wurde die gegenseitige Wertschätzung einseitig aufgekündigt ! Schon schade, daß für Sie angebliche Interna wichtiger sind als der Seelenzustand der Kollegen, um den sich niemand kümmert. Nur zur Erinnerung, nach dem Übergang zu SAP sollen für uns Stellen bei anderen Firmen, und wenn gar nichts hilft, ein paar Monate Personalberater übrig bleiben. Und wenn der seine Arbeit dann einstellt, dann trägt die Öffentlichkeit die Schulungskosten, die Weltbild nicht tragen will. Das ist nach wie vor ein unglaublicher Vorgang und stellt alles andere in den Schatten.

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