Dienstag, 29. November 2011

MitarbeiterInnen von Weltbild und DBH organisieren sich bundesweit


Die Verlagsgruppe Weltbild in Augsburg und die Deutsche Buchhandel (DBH) in München bilden seit Jahren einen Konzern. Das hat ganz aktuell auch wieder Weltbild Geschäftsführer Carel Halff im Interview mit der Wirtschaftswoche bestätigt:
"Weltbild und Hugendubel arbeiten längst so eng verzahnt wie eine Firma, auch hier gilt das zuvor Gesagte."
Dem setzen die Betriebsräte der Unternehmen Weltbild, Weltbildplus, Hugendubel, Weiland, DBH Warenhaus (Karstadt) und Wohlthat Berlin jetzt einen Konzernbetriebsrat entgegen, wie ihn das Betriebsverfassungsgesetz (§ 54 Betr.VG) vorsieht. 

Als hätten wir's geahnt: Bereits Ende Oktober haben sich die Betriebsräte und Gesamtbetriebsräte der Unternehmensgruppe zu einer Sitzung als  KONZERNBETRIEBSRAT WELTBILD/DBH in Hannover getroffen. Für Augsburg wurden Dolores Sailer und Timm Boßmann mit einstimmigem Beschluss des Weltbild-BRs in das Gremium entsandt. Der KBR bündelt Informationen, koordiniert Aktionen und kann die Interessen der MitarbeiterInnen in allen Unternehmenszweigen noch besser durchsetzen. Gemeinsam fordern sie den Zukunftstarifvertrag für alle MitarbeiterInnen.

Ein Konzernbetriebsrat (KBR) ist in erster Linie eine Plattform zum Austausch von Informationen und zur Koordination gemeinsamer Aktionen. Grundsätzlich gilt: Was auf Betriebsebene entschieden werden kann, wird auch dort – also vom eigenen Betriebsrat – beschlossen. Der Konzernbetriebsrat kann die Beschlüsse des BR nicht toppen. Unter bestimmten Umständen kann ein KBR aber in die Rolle der Gewerkschaft eintreten und Tarifverträge abschließen. 

Kurz: Mit einem Konzernbetriebsrat haben wir einfach noch ein paar Möglichkeiten mehr, die wir in der aktuellen Situation nutzen werden, um den Zukunftstarifvertrag für alle MitarbeiterInnen im Konzern Weltbild/DBH durchzusetzen.

Die nächste Sitzung des KBR findet aus aktuellem Anlass am Freitag in Augsburg statt. Das Weltbild-ver.di-Blog wird über die Ergebnisse des Treffens berichten.


Medien berichten über den Kampf der Weltbild-Belegschaft / Harsche Kritik an Bischöfen


Bundesweit greifen die Medien die Forderungen der Weltbild-Belegschaft nach einem Zukunftstarifvertrag auf und berichten über teils harsche Kritik an den Bischöfen.

Der Buchreport hat heute mittag einen langen Artikel im Internet veröffentlicht. Carel Halff, so steht dort zu lesen, wehre sich in vorderster Front gegen eine Zerschlagung. Außerdem kommen der Unternehmensberater Axel Bartholomäus und der frühere Weltbild-Geschäftsführer Werner Ortner zu Wort. Hartwig Schulte-Loh, Ex-Chef vom Kulturkaufhaus Dussmann, bringt den schwedischen Investor Nicolas Berggruen ins Gespräch, der mit der Karstadt-Übernahme vor einiger Zeit für Pressewirbel sorgte.

Vor allen anderen aber wird unser Betriebsrats-Vorsitzender Peter Fitz ausführlich zitiert: "Jede Abspaltung würde den Konzern empfindlich schwächen und am Ende Arbeitsplätze kosten." Weiter sagte Fitz: "Wir werden keine Heuschrecken akzeptieren, sondern fordern einen Zukunftstarifvertrag, der sowohl betriebsbedingte Kündigungen als auch eine Zerschlagung im Zuge des Verkaufs ausschließt." Lesen Sie hier den kompletten Buchreport-Artikel.

Interessant ist auch ein Artikel aus dem BuchMarkt, der auf ein Interview mit Carel Halff in der Wirtschaftswoche zurückgeht. Der BuchMarkt zitiert hier ausführlich aus den Kommentaren zum Interview im Internet: 
"Die wahren Ursachen für die Verkaufsentscheidung bleiben also im Dunkeln und sind in einer von Männerbündeleien und Mauscheleien im Kreuzgang von Klöstern bestimmten Gedankenwelt auch schwer zu beleuchten. Vielleicht sind es einfach auch nur persönliche Aversionen bestimmter Menschen in der Kirche gegen die Führung des Weltbild-Konzerns gegen Halff oder andere. Auch andere katholische Verlage wie St. Benno, Herder, Sankt Ulrich etc. hätten sich zu einem Konzern mausern können, sind aber Klitschen geblieben, weil sie nicht das richtige Führungspersonal hatten oder sich nicht geöffnet haben. Da ist ein breites Feld für innerkirchlichen Neid, von dem auch Kleriker und Kirchenmitarbeiter nicht frei sind."
Last but not least noch ein Hinweis auf das Münchner Kirchenradio.

Wenn Sie einen aktiven Beitrag zur Sicherung unserer Arbeitsplätze leisten wollen, mischen Sie sich in die Internet-Diskussionen ein und vertreten Sie dort unsere Standpunkte: Die Bischöfe dürfen sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Wir sind hier nicht im Himmel, sondern auf der Erde. Und da werden Verträge gemacht!

Keine Stigmatisierung in der Weltbild-Abwehrschlacht

Einige Worte über Solidarität, Toleranz und eine fragwürdige Formel

Die Diskussion um den Verkauf der Verlagsgruppe Weltbild treibt seltsame Blüten. Immer häufiger wird jetzt in Statements und Kommentaren dazu aufgefordert, aus der Katholischen Kirche auszutreten und gleichzeitig Gewerkschaftsmitglied zu werden. Bei aller (berechtigten) Kritik an Missständen innerhalb der Kirche – und natürlich auch an der Entscheidung der Bischöfe als Weltbild-Eigentümer: Hat das eine mit dem anderen zwingend (und logisch) etwas zu tun?

Tenor zahlreicher Kommentare war, dass die Reaktion der Bischöfe auf den »Porno-Skandal« in direkten Zusammenhang mit Machkämpfen innerhalb der Kirche stünden. Konservative »Fundis« stritten mit liberal und pragmatisch eingestellten Katholiken über das inhaltliche Grundverständnis der Kirche Roms – und damit über die zukünftige strategische Ausrichtung. Die Verkaufsentscheidung als Signal der tradionsstarren »Hardliner« für ihr (gewachsenes) Machtpotential?

Das kann man so sehen. Es ändert natürlich nichts an der Tragweite des Beschlusses, Weltbild schnellstens zu verkaufen. Trotz geschickter Beschwichtigungsreden von Seiten der Geschäftsführung nach Verkündigung der Verkausfentscheidung haben sich mögliche gravierende Folgen für die Beschäftigten nicht in Luft aufgelöst – und damit sind die Forderungen des Betriebsrates und der Gewerkschaft nach Abschluss eines Zukunftstarifvertrag angemessen und richtig.

Jetzt muss hart verhandelt werden, Druck auf Bischöfe und Geschäftsführung muss erfolgen, die legitimen Interessen der Weltbild-MitarbeiterInnen müssen weiterhin deutlich über den Medienweg in die Öffentlichkeit transportiert werden, die Kolleginnen und Kollegen im Verlag müssen aufgerüttelt und mobilisiert werden.

Selbstverständlich ist da beim Kampf um Arbeitsplätze und soziale Absicherung jeder neue Beitritt zur Gewerkschaft eine Hilfe. Doch was bringt eine Kündigung der (katholischen) Kirchenmitgliedschaft?

Die Formel »Ich trete da aus und dort ein« ist mehr als fragwürdig. Vielleicht macht sie ein wenig Sinn, betrachtet man allein den finanziellen Aspekt – frei nach dem Motto: Dann lässt sich der monatliche Beitrag für verdi monetär besser verkraften. Na ja, ich weiß nicht … Meines Empfindens werden mit der »raus-rein-Formel« Äpfel mit Birnen verglichen. Gewerkschaftliche Organisierung ist (in erster Linie) eine politisch-solidarische Entscheidung jedes einzelnen Menschen, die Mitgliedschaft in einer Kirche (in erster Linie) eine spirituelle – auch wenn man mit der Kirchensteuer die Institution Römisch-Katholische Kirche finanziell unterstützt. Für beide Mitgliedschaften gilt natürlich das Prinzip der individuellen Freiheit.

Ich halte die Losung »Raus aus der Kirche, rein in die Gewerkschaft« für eine anmaßende Forderung – und betrache sie als Schlag ins Gesicht der Augsburger Kollegen von der Katholischen Betriebsseelsorge und der KAB, Hans Gilg und Erwin Helmer, die die Weltbild-Mitarbeiter und den Betriebsrat – nicht nur in der aktuellen Verkaufs-Angelegenheit – so engagiert und solidarisch unterstützt haben und es auch weiterhin tun. Katholische Kirche ist vielleicht doch mehr als Mixa, Meißner & Co., Kindesmissbrauch, Zölibat und Scheinheiligkeit …

Mitglied der katholischen Kirche und gleichzeit engagiertes Gewerkschaftsmitglied zu sein – das ist kein Widerspruch. Und – bei allem Respekt vor vielen berechtigten Kritikpunkten an der Institution Katholische Kirche und ihrer »Politik« und Lebensferne: Es darf nicht so weit kommen, dass die Mitgliedschaft in dieser Kirche (oder einer anderen Glaubensgemeinschaft) zum Stigma wird. Erst recht nicht in Kreisen von sozial gesinnten, engagierten, solidarisch und liberal denkenden Gewerkschaftern. Deshalb: Immer schön auf dem Teppich bleiben. Und sich an die weisen Worte von Rosa Luxemburg erinnern: »Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden«.

Im übrigen: Um die Ziele für die Weltbild-Mitarbeiter zu erreichen, die sich Betriebsrat und Gewerkschaft verdi gesetzt haben, ist ein Bündeln sämtlicher Kräfte erforderlich – und eine tolerante Grundeinstellung. KollegInnen, die eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft scheuen wie der Teufel das Weihwasser, müssen genauso für Unterstützung und Aktionen gewonnen werden, wie sonntägliche Kirchgänger und Beichtstuhl-Praktiker. Das CSU-Ortsverbandsmitglied ist als ebenso willkommen wie der Piratenpartei-Aktivist. Sie alle haben solidarisch die Aufgabe, den Bischöfen ihre soziale, moralische und christliche Verantwortung für die Weltbild-Beschäftigten vor die Nase zu halten.

Was Sie persönlich tun können, um unsere Arbeitsplätze zu sichern

Im Weltbild-ver.di-Blog verlinken wir regelmäßig die neuesten Pressemeldungen zum Thema Weltbild Verkauf. Alle Online-Medien bieten unter ihren Artikeln die Möglichkeit, einen Kommentar zu hinterlassen. In vielen Fällen gibt es sogar eigene Diskussionsforen.

Wenn Sie Gewerkschaft und Betriebsrat im Kampf um unsere Arbeitsplätze unterstützen wollen: Klinken Sie sich ein und hinterlassen Sie Ihre Kommentare und Diskussionsbeiträge auf den Seiten der Online-Magazine.

Am besten loggen Sie sich mit einer neutralen E-Mail-Adresse bei diesen Medien ein, legen einen unverfänglichen Nutzer-Account an und diskutieren öffentlich mit. Sorgen Sie dafür, das unsere Forderungen nicht ungehört bleiben, sondern das Netz überschwemmen:

• Die Bischöfe müssen sich ihrer Verantwortung für 6.500 MitarbeiterInnen stellen
Wir wollen einen Zukunftstarifvertrag, der folgendes absichert:
• Keine betriebsbedingten Kündigungen in den nächsten Jahren nach dem Verkauf
• Keine Zerschlagung des Konzerns
• Der Standort Augsburg bleibt erhalten
• Garantie der Tarifverträge für alle MitarbeiterInnen (37,5-Stunden-Woche, 30 Tage Urlaub, volle Gehälter etc.)
• Alle Betriebsvereinbarungen werden übernommen

Wenn Sie mögen, machen Sie auch noch deutlich, was Sie von Gesellschaftern halten, die Investitionen in Waffenfabriken für moralisch vertretbar halten, aber eine Goldgrube des Buchhandels wegen 0,017% Erotik-Titeln verscherbeln wollen.

Sie leisten damit einen ganz wichtigen Beitrag zur Kampagne von Gewerkschaft und Betriebsrat.

Hier die neuesten Meldungen:

Augsburger Allgemeine: "Weltbild-Mitarbeiter fürchten Verkauf an Heuschrecken

boersenblatt.net: "Betriebsrat: der Verantwortung gerecht werden"

BILD: "Die Mitarbeiter dürfen es ausbaden"

Augsburger-Skandal-Zeitung: "Hätte Bischof Mixa auch so gehandelt?"

Buchreport: "Die Vorgeschichte der Weltbild-Erotik-Affäre"

FAZ: "Das katholische Weltbild"

Montag, 28. November 2011

Eine Erfolgsgeschichte: unser Weltbild-ver.di-Blog

100.000 Seitenzugriffe beim Weltbild-ver.di-Blog: Soll man das feiern oder bedauern? Denn eins ist klar: Je schlechter es den KollegInnen beim Weltbild-Verlag geht, je größer Unsicherheit und Unzufriedenheit, umso größer ist das Interesse an gewerkschaftlicher Information. 

So wie auch jetzt gerade wieder: Das Unternehmen steht zum Verkauf – da wollen natürlich jede und jeder wissen, wie es weitergeht. Und – das wissen alle – in schwierigen Zeiten sind die Informationen von Gewerkschaft und Betriebsrat oft zuverlässiger als die Verlautbarungen der Geschäftsführung.


Aber nicht nur die Belegschaft liest das Weltbild-ver.di-Blog. Auch KundInnen, BewerberInnen, die kirchlichen Gesellschafter und immer mehr JournalistInnen holen sich hier Informationen aus erster Hand. Das Gewerkschaftsblog ist so nicht nur Info-Quelle, sondern ein wichtiges Mittel der Öffentlichkeitsarbeit, weit über den Betrieb hinaus.

In den vergangenen zweieinhalb Jahren hat der BR viel bewegt. Die Geschäftsführung wurde gezwungen, auf Missstände zu reagieren, wie im Fall Kidoh, viele kleine Verbesserungen wurden durchgesetzt, wie die Kühlschränke im Versandbereich, und auch Entlassungen verhindert, wie sie zum Beispiel im Zuge der SAP-Einführung geplant waren. Bei all diesen Konflikten hat dieses Blog eine wichtige Rolle gespielt.

In diesem Sinne ist der Erfolg des Weltbild-ver.di-Blogs unbestritten – und 100.000 Klicks ohne Zweifel ein Grund zur Freude!

Was halten Sie vom Weltbild-ver.di-Blog? Nutzen Sie die Kommentarfunktion, um den AutorInnen zu gratulieren, die viel Engagement und ihre persönliche Freizeit in die Pflege dieser Seite stecken.

Sonntag, 27. November 2011

Kampagne von Betriebsrat und Gewerkschaft setzt Kirche unter Druck

Der Kampf der Weltbild-Belegschaft um Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen findet auch in der Presse ein positives Echo. Die Öffentlichkeit sieht genau hin, was passiert, wenn Deutschlands größter Buchversender verkauft wird.

Hier ein erstes Presse-Echo:

Frankfurter Rundschau: "Die Kirche exkommuniziert Weltbild"

domradio.de: "Es kommt darauf an, wie man mit uns umgeht."

buchreport.de: "Verhandlungen noch vor Weihnachten?"

Deutschlandfunk: "Was mit den schlüpfrigen Stellen im Alten Testament passieren soll, ist noch offen."

buchreport.de: "Lange Liste der Schrecken"

Wenn die Bischöfe geglaubt haben sollten, dass sie durch einen schnellen Verkauf der Verlagsgruppe aus den negativen Schlagzeilen herauskommen, haben sie sich getäuscht. Die Kirche steht erst dann wieder sauber da, wenn für Weltbild und seine 6.500 MitarbeiterInnen eine vernünftige Lösung gefunden sein wird.

Der Weltbild-Betriebsrat und die Gewerkschaft ver.di haben eine breit angelegte Kampagne gestartet, die noch vor Weihnachten Wirkung entfalten wird. Auf dem Programm stehen auch Aktionen vor dem Augsburger Dom. Außerdem sollen die Bischöfe Zdarsa (Augsburg) und Marx (München Freising) auf der nächsten Betriebsversammlung Rechenschaft vor der Belegschaft ablegen.

Samstag, 26. November 2011

Unser Wort zum Sonntag: Wo steht die katholische Kirche in der modernen Gesellschaft?



Das dürfte Papst Benedikt XVI. freuen: Die Diskussion um Weltbild entwickelt sich in der deutschen Presselandschaft und in deutschsprachigen Internetforen immer mehr zu einer Diskussion über die Rolle der Kirche in der modernen Gesellschaft. Klare Aussage der überwiegenden Zahl der Meinungsäußerungen: Erst die Entweltlichung der Kirche, dann die Entkirchlichung der Welt. Meint: Die Kirche soll sich von allen ihren weltlichen Firmen und Beteiligungen trennen (Brauereien, Buchhandlungen, Immobilienbesitz, Banken etc.). Das ist genau das, was auch Papst Benedikt XVI. von "seiner" Heimatkirche fordert. Und: Der Staat soll sich entkirchlichen. Sprich: Er soll aufhören, eine immer kleiner werdende Bevölkerungsgruppe zu subventionieren und ihre Institutionen durch die Einziehung der Kirchensteuer gegenüber anderen religiösen Organisationen zu bevorteilen. Auch das scheint im Sinne von Papst Benedikt XVI. zu sein. Aber wie die Jünger Jesu am Ölberg geschlafen haben, als Christus daran ging seine Mission zu erfüllen, so scheinen die deutschen Bischöfe immer noch nicht den Weckruf gehört zu haben, der ihnen von dem Vertreter Gottes auf Erden zugerufen wird. Oder wollen Sie in gar nicht hören?

Es ist fleißigen und akribischen konservativ eingestellten Katholiken zu verdanken, den gesellschaftlichen Stein über Internetseiten wie kathnet oder kreuznet ins Rollen gebracht zu haben, der zu einer Neujustierung der katholischen Kirche in Deutschland führen wird: Zum Teil verlangen innerkirchliche Kreise, zum Teil außerkirchliche Kreise die Trennung von bisher in Deutschland Liebgewonnenem. Selbst hohen Kirchenführern wie dem Kölner Oberhirten Meisner dämmert, dass der jetzige Prozess zum Abschied vom - im Bild gesprochen - Mercedes führen muss. Am Ende wird die Kirche bescheidener werden müssen und im Panda - wieder im Bild gesprochen - fahren müssen. Aber das ist ganz jesuanisch: Der Sohn Gottes selbst hat keine Privilegien erbeten oder erhalten und selbst von seinen Jüngern gefordert: "Gebt Gott, was Gottes, und dem Kaiser, was des Kaisers ist."

Der Verkauf von Weltbild kann auf dem Weg zur Neujustierung der gesellschaftlichen Position der Kirche nur ein erster Schritt sein: Wir von der Gewerkschaft werden darauf achten, dass diese Neujustierung für die Beschäftigten von Weltbild so schmerzfrei wie möglich abläuft. Dabei werden wir die katholische Kirche immer an ihrem Grundgesetz, dem Neuen Testament, messen und jede Abweichung davon aufdecken. Das wird eine starke Gewerkschaft brauchen. Denn so wie wir die Stellungnahme der Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands zur aktuellen Debatte über die Verlagsgruppe Weltbild GmbH verstanden haben, geht es den katholischen Bischöfen um einen Verkauf ohne Verzug. Das impliziert auch: ohne großes Federlesen. Dem werden wir uns mit allen in einem demokratisch verfassten Staat zur Verfügung stehenden Mitteln entgegen stemmen.


Auch in kirchlichen Medien setzt jetzt ein Nachdenken ein, ob der Notverkauf der Verlagsgruppe Weltbild eine weise Entscheidung der Bischöfe war:


Kommentar im unabhängigen katholischen Nachrichtenportal

Und wie stehen Sie dazu? Klicken Sie auf den Kommentarlink unter diesem Artikel und sagen Sie Ihre Meinung. Wir glauben: auch die Bischöfe lesen mit ;-)

Freitag, 25. November 2011

Bischöfe sollen sich der Belegschaft von Weltbild stellen


Auf der Betriebsversammlung vom 24.11.11 wurde ein erster wichtiger Schritt in Richtung Zukunftssicherung gemacht. Nachdem Geschäftsführer Carel Halff einen Zukunftstarifvertrag morgens noch strikt abgelehnt hatte, sagte er am Nachmittag die Aufnahme von Verhandlungen öffentlich zu. Mit dem Zukunftstarifvertrag wollen Betriebsrat und Gewerkschaft die legitimen Interessen der Beschäftigten sichern.

Eine neugebildete Tarifkommission wird unmittelbar die Verhandlungen aufnehmen. Die Kernpunkte der Gespräche werden sein:

keine betriebsbedingten Entlassungen 
Festhalten an den bestehenden Tarifverträgen 
Bestand aller bisherigen Betriebsvereinbarungen 
Erhalt des Standorts Augsburg 
Keine Zerschlagung der Unternehmensgruppe

Der Betriebsratsvorsitzende Peter Fitz brachte die Forderungen der Beschäftigten auf den Punkt: „Klare Verträge statt weicher Worte!“

Der Betriebsrat fordert die Eigentümer des Unternehmens (die Bischöfe von 12 Diözesen) auf, ihrer Verantwortung gegenüber den 6.400 Mitarbeitern und ihren Familien gerecht zu werden. Er erwartet von den Bischöfen, dass sie der Geschäftsführung für die Verhandlungen zum Zukunftstarifvertrag einen klaren Auftrag erteilen.

Für die nächste Betriebsversammlung, die noch vor Weihnachten stattfinden wird, lädt der Betriebsrat die Bischöfe Zdarsa (Augsburg) und Marx (München) ein, vor der Belegschaft ihre Position zu erläutern und sich den Fragen der Mitarbeiter zu stellen.

Welche Fragen werden Sie den Bischöfen stellen, wenn die Verantwortlichen der Kirche den Mut haben, den MitarbeiterInnen ihres Unternehmens bei der nächsten Betriebsversammlung gegenüber zu treten? Nutzen Sie den Kommentarlink unter diesem Beitrag!


Bilder von der Betriebsversammlung am Donnerstag


So gut besucht sind Kirchen selten: Der Kuppelsaal im Verwaltungsgebäude von Weltbild war bei beiden Veranstaltungen gesteckt voll. Die 500 Sitzplätze reichten bei weitem nicht, und viele KollegInnen mussten leider stehen. Deshalb wird die nächste Betriebsversammlung in einer geeigneten Halle außerhalb des Betriebsgeländes stattfinden müssen. Der Termin – kurz vor Weihnachten – wird hier in Kürze bekannt gegeben.



Einzug des Betriebsrats mit den Forderungen der Belegschaft. Die Beschäftigten sind trotz der schwierigen Situation selbstbewusst: Das eigentliche Kapital des Unternehmens Weltbild sind die MitarbeiterInnen. Ihre Ideen und ihr Einsatz haben Weltbild zum größten Buchhändler Deutschlands gemacht! Wer soviel geleistet hat, kann auch Forderungen stellen und im Schulterschluss mit der Gewerkschaft ver-di durchsetzen. 



Sicher kein ganz einfacher Gang für den Vorsitzenden der Geschäftsführung: Nachdem er Weltbild über 36 Jahre lang aufgebaut hat, muss er der Belegschaft heute den geplanten Verkauf des Unternehmens verkünden. Immerhin haben die Bischöfe ihn selbst mit der Suche nach einem Käufer beauftragt. Das zeigt, das hier noch ein gewisses Vertrauen vorhanden ist. Die Belegschaft verlangt, dass Carel Halff seinen Einfluss nutzt und für ihre Interessen eintritt. Andernfalls werden die Auseinandersetzungen schnell an Härte zunehmen.



Als BR-Vorsitzender Peter Fitz die Forderungen der Belegschaft erläutert, hört auch die Geschäftsführung (vorn rechts im Bild) genau hin. Obwohl die Geschäftsführung verbale Beruhigungspillen verteilt, wissen Belegschaft und Betriebsrat, das die wegweisenden Entscheidungen innerhalb der nächsten Monate fallen werden. Deshalb setzen sie gemeinsam mit ver.di vollen Druck auf die Verhandlungen über den Zukunftstarifvertrag. 




Geschäftsführer Carel Halff am Rednerpult. Auf der Versammlung am Morgen lehnte er die Forderung von BR und Gewerkschaft nach einem Zukunftstarifvertrag noch ab. In der Versammlung am Nachmittag beugte er sich dem Druck und versprach die Aufnahme von Gesprächen. Außerdem soll der BR während des gesamten Verkaufsprozesses über den Stand der Verhandlungen informiert werden: "Darauf gebe ich Ihnen mein Wort!" 



Nach der Veranstaltung verteilte die Gewerkschaft ver.di Flugblätter mit den Forderungen nach einem Zukunftstarifvertrag. Wichtigste Inhalte: • Arbeitsplatz-Garantie • keine Zerschlagung • Bestand der Tarifbindung • Sicherung des Standorts Augsburg • Erhalt sämtlicher Betriebsvereinbarungen.



Die Belegschaft steht geschlossen hinter den Forderungen nach einem Zukunftstarifvertrag. Sie fordern "Klare Verträge statt weicher Worte" von den Bischöfen. Wer Jahrzehnte lang mit seiner Arbeitskraft die Kirchenkassen gefüllt hat, lässt sich jetzt nicht einfach entsorgen. Viele sind enttäuscht von der bigotten Haltung der Bischöfe und würden am liebsten sofort streiken. Ob es wirklich zu Arbeitskampfmaßnahmen kommt, hängt von der Reaktion der Bischöfe ab. "Weihnachten steht vor der Tür", rief Gewerkschaftssekretär Thomas Gürlebeck der Belegschaft zum Abschluss seiner Rede zu. "Und wir auch!"

Warum wollen Sie den Zukunftstarifvertrag? Nutzen Sie die Kommentarfunktion unter diesem Beitrag. Das geht selbstverständlich auch völlig anonym.

Hier arbeitet ein Mensch

Die Rede von Hans Gilg, Betriebsseelsorge Augsburg, gehalten auf der Betriebsversammlung am 24.11.11 Vormittags gibt es hier nochmal im Wortlaut zum Nachlesen:

Irgendwie war ich auch einmal ein Mitarbeiter der Firma Weltbild. Das ist schon über 30 Jahre her. ich war 15 Jahre alt. Damals war ich Austräger der Zeitschrift Weltbild und hab mir ein paar Mark dazu verdient.

Die Zeitschrift gibt es nicht mehr, es gab viele Umbrüche und Weltbild ist zu einem großen Konzern gewachsen.

Jetzt steht wieder ein großer Umbruch bevor, ein Verkauf - -aus welchen Gründen auch immer. Manches spricht dafür, vieles spricht – meiner Meinung nach – auch gegen einen Verkauf – aber darüber entscheiden andere.

Die Fakten sind geschaffen und vielleicht auch nicht mehr verhandelbar.

Aber verhandelbar muss das „WIE“ sein.

Wenn schon verkauft werden soll, dann darf nicht der Profit an erster Stelle stehen – meine Kirche hat genug Geld mit Weltbild verdient -, sondern die Absicherung von euch Kolleginnen und Kollegen.

Ihr habt alle dazu beigetragen, dass Weltbild groß geworden ist und ich fordere

· dass die Verantwortlichen mit Blick auf die Menschen im Betrieb verhandeln
· dass weiterhin ein sauber ausgehandelter Tarifvertrag gilt
· dass die Arbeitsplätze und die Löhne nicht angetastet werden
· dass all dies in einem Sicherungstarifvertrag schriftlich vereinbart wird

Ich rufe alle Verantwortlichen dazu auf, das gut zu machen. Viele werden beobachten, wie Kirche hier handelt – und die Art und Weise eines Verkaufs wird zum Prüfstein werden, ob unsere Werte und unsere katholische Soziallehre zählen oder nur der Profit.

Ich habe es im Sommer an dieser Stelle schon einmal sagen dürfen.
Über jedem eurer Arbeitsplätze muss stehen: „Hier arbeitet ein Mensch“

und das gilt heute noch viel mehr.

Mittwoch, 23. November 2011

Dienstag, 22. November 2011

Weltbild-Verkauf: Antwort auf die wichtigsten Fragen

Als heute vormittag die Bombe vom Verkauf der Verlagsgruppe platzte, rief die Geschäftsführung zunächst die Geschäftsleiter sowie den Betriebsrat zusammen. Im Anschluss wurde der erweiterte Führungskreis informiert. Bei der schon länger geplanten Betriebsversammlung am Donnerstag wurde die Tagesordnung gekippt: Erstes und einziges Thema ist der Verkauf und die Auswirkungen auf die MitarbeiterInnen.

Die Redaktion des Weltbild-ver.di-Blogs versucht schon jetzt die drängendsten Fragen zu beantworten.

1. Warum wird Weltbild verkauft?
Die unwahren und unangemessenen Porno-Vorwürfe von erzkatholischen Gruppen sind nur die Eskalation eines kircheninternen Richtungsstreits. Der Verkauf des Medienunternehmens ist ein politisches Signal, mit dem das kircheninterne Hauen und Stechen befriedet werden soll. Es wird interessant sein, in naher Zukunft zu beobachten, welche kirchlichen Unternehmungen als nächstes ins Visier der Vertreter der "Entweltlichung" geraten. Der Kirche gehört zum Beispiel die Liga-Bank und selbstverständlich hält die Kirche etliche Aktien unterschiedlichster Unternehmen.

2. Wer ist mit dem Verkauf beauftragt?
Im Gegensatz zu 2008, als der Aufsichtsrat versuchte Weltbild zu verkaufen, haben die Gesellschafter diesmal die Geschäftsführung beauftragt. Die Herren Halff, Beer und Driever sollen also einen geeigneten Investor finden. Das ist auch ein Ausdruck dafür, dass es noch eine gewisse Vertrauensbasis zwischen den Gesellschaftern und der Augsburger Geschäftsführung zu geben scheint.

3. Wie schnell geht der Verkauf über die Bühne?
Hier gehen die Einschätzungen weit auseinander. Die Geschäftsführung nannte heute einen Zeitrahmen von 1 – 2 Jahren. Wir dagegen meinen, dass der Verkauf deutlich schneller über die Bühne gehen wird. Gesellschafter und Unternehmen stehen während der Käufersuche in einem spannungsreichen Spagat: einerseits kann die Kirche keine weitere öffentliche Kritik am Programm von Weltbild brauchen, andererseits kann sich Weltbild nicht völlig von den Massenmärkten zurückziehen ohne den möglichen Kaufpreis massiv zu drücken. Möglicherweise geht Weltbild also innerhalb weniger Monate über den Tisch.

4. Was bedeutet das für die MitarbeiterInnen?
Extrem große Unsicherheit: Es ist völlig offen, ob das Unternehmen im Ganzen oder stückweise verscherbelt wird. Die tarifliche Bindung (37,5 Stundenwoche, 30 Tage Urlaub etc…) kann nach einem Übergangszeitraum verloren gehen. Es können sich Synergieeffekte mit bestehenden Firmen der Investoren ergeben, die in Augsburg ganze Abteilungen überflüssig machen. Die Liste der möglichen Schrecken ist lang!

5. Wer kümmert sich jetzt um die Interessen der Belegschaft?
Die Kirche äußert sich dazu nur mit einem einzigen Satz in der heute veröffentlichten Erklärung: "Kirchliche und soziale Implikationen einer Veräußerung verdienen eine besondere Beachtung." Das – Verzeihung – ist Bullshit: Weder Betriebsrat noch die Gewerkschaft ver.di werden eine derart windelweiche Absichtserklärung akzeptieren! Die Interessenvertreter fordern einen verbindlichen Zukunfts-Tarifvertrag für alle Weltbild-MitarbeiterInnen. Eine breit angelegte Kampagne wird die Bischöfe öffentlich an ihre Verantwortung für die MitarbeiterInnen und ihre Familien erinnern. Um einen entsprechenden Tarifvertrag durchzusetzen, stehen der Gewerkschaft auch alle Arbeitskampfmaßnahmen zur Verfügung.

6. Was ist ein Zukunfts-Tarifvertrag?
Wesentliche Punkte werden sein: • keine betriebsbedingten Entlassungen in den nächsten Jahren • Festhalten an den bestehenden Tarifverträgen • Bestand aller bisherigen Betriebsvereinbarungen • Erhalt des Standorts Augsburg • keine Zerschlagung der Unternehmensgruppe.

7. Was können und sollten MitarbeiterInnen jetzt tun?
Ganz einfach: In die Gewerkschaft eintreten. Um unsere Arbeitsplätze zu vernünftigen Bedingungen zu sichern, müssen wir aktiv werden und alle Mittel bis hin zum Streik ausschöpfen. Das geht nur mit einer starken Organisation im Rücken. Außerdem sollte spätestens jetzt jedem und jeder daran gelegen sein, den eigenen Arbeitsplatz notfalls mit juristischer Unterstützung zu verteidigen. Die Gewerkschaft ver.di ist mit ihrer starken und erfahrenen Rechtshilfe-Organisation sicher der beste Partner, um die individuellen und kollektiven Interessen durchzusetzen.

PS: Ein Zukunfts-Tarifvertrag gilt nach deutschem Recht nur für Gewerkschaftsmitglieder. Alle anderen wären trotz Tarifvertrag rechtlich schutzlos und hätten keinerlei Ansprüche.

Ende einer Ära: WELTBILD wird verkauft!

Jetzt ist es raus: Die Bischöfe verkaufen die Verlagsgruppe Weltbild. Und zwar so schnell wie möglich! Es gibt "verbindliche Vorgaben der Gesellschafter, nach denen der Aufsichtsrat sicherstellen soll, dass die angezeigten organisatorischen und strukturellen Maßnahmen für eine Veräußerung der Verlagsgruppe Weltbild GmbH ohne jeden Verzug entschlossen aufgenommen werden", heißt es auf der Webseite der Deutschen Bischofskonferenz.

Auch Weltbild selbst hat eine entsprechende Pressemitteilung herausgegeben, die wir hier im Wortlaut veröffentlichen:

Gesellschafterbeschlüsse der Verlagsgruppe Weltbild GmbH

Gestern hat in Würzburg eine außerordentliche Versammlung der Gesellschafter der Weltbild GmbH stattgefunden. Die Gesellschafter haben beschlossen:

1. Den verbindlichen Vorgaben der Gesellschafter entsprechend soll der Aufsichtsrat sicherstellen, dass die angezeigten organisatorischen und strukturellen Maßnahmen für eine Veräußerung der Verlagsgruppe Weltbild GmbH ohne jeden Verzug entschlossen aufgenommen werden. Die Gesellschafter erwarten diesbezüglich eine vierteljährliche schriftliche und mündliche Berichterstattung der Geschäftsführung und zusätzlich des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters, die auch Angaben über die Zeitplanung enthält. Unabhängig davon sind alle Beteiligten in der Verpflichtung, zum Erhalt und der Sicherung des Unternehmenswertes beizutragen. Kirchliche und soziale Implikationen einer Veräußerung verdienen eine besondere Beachtung.

2. Die Geschäftsführung soll dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates und seinem Stellvertreter bis auf weiteres in einem Turnus von zwei Wochen schriftlich über die eingeleiteten und durchgeführten Maßnahmen zur Einhaltung der Unternehmensziele im Sinne der Satzung berichten.

3. Die Gesellschafterversammlung dankt dem Aufsichtsrat für seine Tätigkeit. Die Herren Prälat Dr. Sebastian Anneser, Dr. Adolf Bauer und Dr. Klaus Donaubauer scheiden aus dem Aufsichtsrat aus. Die Gesellschafter berufen mit Wirkung vom 22.11.2011 in den Aufsichtsrat:

• Generalvikar Prälat Prof. DDr. Peter Beer (Erzbistum München und Freising)
• Generalvikar Prälat Michael Fuchs (Bistum Regensburg)
• Generalvikar Prälat Dr. Georg Holkenbrink (Bistum Trier)

Im Aufsichtsrat verbleiben die Herren
• Dr. Paul-Bernhard Kallen (Hubert Burda Medien)
• P. Dr. Hans Langendörfer SJ (VDD)
• Dr. Matthias Meyer (VDD)
• Dr. Albert Post (Bistum Fulda)
• Dr. Stefan Schmittmann (Commerzbank)

Weltbild-Verkauf: Noch nichts Neues aus Würzburg

Die Bischöfe diskutieren, halten aber dicht. Hier zwei ganz aktuelle Artikel zum Thema:

Berliner Morgenpost

domradio.de

Sonntag, 20. November 2011

Weltbild Aufsichtsratschef Donaubauer zurückgetreten

Der katholische Kreuzzug gegen das kircheneigene Unternehmen hat ein erstes Opfer gefordert: Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Klaus Donaubauer, ist am Donnerstag nach 18 Jahren Amtszeit zurückgetreten.

Unbekannter Aufsichtsrat
Ob die MitarbeiterInnen der Verlagsgruppe Klaus Donaubauer vermissen werden, ist fraglich. Sie kannten ihren Aufsichtsratsvorsitzenden lediglich aus der Zeitung. Donaubauer stellte sich in den letzten 15 Jahren nur ein einziges Mal der Belegschaft auf einer Betriebsversammlung: Während der Umstrukturierung 2009, bei der Dutzende KollegInnen ihre Arbeit verloren, verglich er die Massenentlassungen mit dem überfälligen "Aufräumen eines Kinderzimmers". Eine dicke Liste mit Hunderten von Protestunterschriften der MitarbeiterInnen mochte er damals nicht mit in sein Domizil beim Dom nehmen.

Auch der neue Augsburger Bischof Zdarsa lehnte einen Besuch "seiner" Firma bislang ab. Die entsprechende Einladung des Betriebsrats sagte er aus Termingründen ab. So spricht auch aus Sicht der Belegschaft einiges dafür, dass die Verantwortlichen der Kirche ihre Aufsichtspflicht nicht sonderlich ernst genommen haben.

Abkehr von bewährten Prinzipien?
Trotzdem ist ein Notverkauf, wie ihn fundamentalistische Kirchenkreise jetzt fordern, aus Sicht der MitarbeiterInnen keine wünschenswerte Lösung. Durch das von den kirchlichen Gesellschaftern gelebte Prinzip, erwirtschaftete Gewinne im Unternehmen zu lassen, ist Weltbild in den letzten 30 Jahren kontinuierlich gewachsen. Es wurden und werden Jobs in der Region geschaffen – und im Vergleich zu Konkurrenten wie Amazon sind die Arbeitsbedingungen in der Augsburger Zentrale zwar nicht "himmlisch" aber im Großen und Ganzen in Ordnung. Ein neuer Investor könnte dieses Prinzip umkehren und Weltbild zur Melkkuh machen und anschließend schlachten. Damit stünden tarifliche Bindungen ebenso in Frage wie zahlreiche Arbeitsplätze.

Die Anhänger der Kampagne "Entwelt(bild)lichung" fordern noch weitere Köpfe. Nach Donaubauer ist nun Aufsichtsrat Hans Langendörfer im Visier. Als Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Diözesen (VDD) steht er für 24,2 Prozent der Weltbild-Anteile.

Pfeifen im Walde
Geschäftsführer Carel Halff macht indes den Beschäftigten Mut. In einem E-Mail-Rundschreiben an die Belegschaft hieß es am Freitag, die Anliegen des Unternehmens und seiner MitarbeiterInnen genössen bei allen Überlegungen hohe Aufmerksamkeit. Und: "Das Unternehmen ist stark und gut aufgestellt, wie Sie selbst am besten wissen. Wir können deshalb gemeinsam mit Selbstbewusstsein in die Zukunft blicken." Ein bisschen klingt das leider wie Pfeifen im dunklen Walde…

Ab Montag tagt der Ständige Rat der 27 Diözesanbischöfe in Würzburg. Dort fallen voraussichtlich Entscheidungen, die Wohl oder Wehe der Verlagsgruppe und ihrer MitarbeiterInnen in den nächsten Jahren bestimmen werden. Gut möglich, dass in Würzburg auch das Schicksal der Geschäftsführung besiegelt wird. 

Zum Abschluss noch eine kleine Presseschau:

Augsburger Allgemeine: Weltbild-Chefaufseher Klaus Donaubauer tritt zurück

kath.net: Warum trat Donaubauer wirklich zurück?

katholisches.info: Rücktritt Langendörfers fällig – Das redselige Schweigen von Erzbischof Zollitsch zu Nazi-Phantom und Weltbild

Welt online: Pornobücher – Weltbild-Aufsichtsratschef tritt zurück

sueddeutsche.de: Weltbild-Verlag droht der Verkauf

Focus online: Bischöfe beraten über Porno-Vorwürfe

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Mittwoch, 16. November 2011

Allianz für den freien Sonntag

„Schutz des Ladenschlusses bedeutet Schutz der Sozialen Marktwirtschaft!“

Augsburger Allianz mahnt zur Einhaltung der bestehenden Gesetze – häufig wird deren Einhaltung nicht verfolgt

Zu einem Jubiläum ganz besonderer Art lud die Augsburger Allianz für den freien Sonn tag am 8.November ein: Auf den Tag genau fünf Jahre zuvor fand die historische Ent scheidung in der CSU-Landtagsfrak tion statt, den Ladenschluss bis auf Weiteres unange tastet zu lassen. Aus diesem Anlass lud sie betroffene Beschäftigte dazu ein, zu berich ten, was der Laden schluss für sie bedeutet. Sie beschrieben, welche soziale Funktion diese gemeinsame Zeit für sie hat.

Gerade einmal fünf Jahre ist es her, seit der historischen Entscheidung der CSU-Fraktion im baye rischen Landtag. Im Zuge der Föderalismusreform war es notwendig geworden, für die Bundes länder eigene Regelungen zu treffen – Ministerpräsident Edmund Stoiber plädierte im Vorfeld für eine werk tägliche Erweiterung der Öffnungszeiten bis 22.00 Uhr. Doch es kam – auch gerade wegen seiner Ab wesenheit zum Zeitpunkt der Abstimmung anders: aufgrund des Patts von 51 zu 51 Stimmen blieb alles beim Alten. Bayern ist damit neben zwei weiteren westdeutschen und einem ostdeutschen das einzige Bundes land, in dem noch keine 24-Stunden-Öffnung möglich ist.

Für die Lokale Allianz für den freien Sonntag begrüßte Peter Ziegler, Diözesansekretär der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), die Anwesenden und bat Gerhard Feda, Betriebsratsvor sitzender von Dehner in Rain am Lech um sein Statement. Dieser betonte die besondere Bedeu tung gemeinsamer freier Zeiten: „Wenn man schon an drei von vier Samstagen arbeiten muss, braucht man wenigstens den Sonn tag, sonst wird das gerade für Familien besonders proble ma tisch.“ Durch die längeren Öffnungs zeiten würde nur der Kuchen umverteilt, dieser werde aber nicht größer; außer dem würden die Präsenzzeiten am Sonntag durch eine reduzierte Personalaus stat tung am Werktag auf gefangen.

In dasselbe Horn blies Reinhold Merkl, der als Vorsitzender des Betriebsrats bei Dehner in der Acker mann straße seine Situation beschrieb. Er erlaubte einen Einblick in seinen Lebenslauf und beschrieb anschaulich, wie er als im Einzelhandel Beschäftigter zunehmend zum Außenseiter im sozialen Mitei nan der geworden sei, allein dadurch, dass er zu den Zeiten, in denen sich andere zum Sport trafen, hinter der Verkaufstheke stehen musste. Er beschrieb die fatale Auswirkung etwa auch von Marktsonn tagen auf das Klima in den Filialen – die angebliche Freiwilligkeit führte am Ende doch dazu, dass sich Einzelne zur Arbeit gezwungen sähen.

Für die Allianz betonte Wolfgang Peitzsch vom DGB die Gefahr der Einkaufsnächte, die sich von Augs burg ausgehend zuneh mend in die Augsburger Umgebung auszudehnen drohten. Insgesamt, so waren sich alle Vertreter einig, wären die gesetzlichen Vorgaben durchaus ausreichend, problema tisch aber ist deren Umsetzung in der kon kreten Kommune – beispielsweise sei es sehr fragwürdig, ob die Erweiterung der Kur- und Erholungs orte wirklich sachgerecht vorgenommen worden sei, wie Tho mas Gürlebeck von ver.di es für die Allianz formulierte…

Samstag, 12. November 2011

Katholische Kampagne gefährdet Arbeitsplätze bei WELTBILD


Der "Porno-Skandal", den eine Gruppe katholischer Sektierer losgetreten hat, weitet sich zu einer regelrechten Kampagne gegen WELTBILD aus. Mittlerweile berichten auch Massenmedien wie die Süddeutsche über die Vorgänge. Bedenklich ist, dass damit auch seriöse Redaktionen die haltlosen Vorwürfe ohne erkennbare eigene Recherche übernehmen und weitertragen. Hier ein kleine Presseschau:




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Katholische Taliban
Die Erfinder des angeblichen Skandals sind im erzkonservativen Spektrum der katholischen Kirche und am äußersten rechten Rand der Gesellschaft zu verorten. Insbesondere die katholischen Webseiten kath.net und kreuz.net gefallen sich in der Rolle mittelalterlicher Inquisitoren:


(Zum Vergrößern des Screenshots auf das Bild klicken)

Warum verbreiten selbsternannte Qualitätszeitungen Verleumdungen aus Quellen wie kreuz.net, das unter der Überschrift "Israel muss weg" Reden des Massenmörders Gaddafi veröffentlicht? Die eigentliche Story hinter dem Skandal liegt in der Macht, die einige Ewig-Gestrige innerhalb der katholischen Kirche entfalten. Aber viel einfacher ist es natürlich, Artikel aus dem katholischen Internet-Sumpf zu übernehmen und über das Reizwort "Porno" Suchmaschinen-Klicks auf die eigene Website zu lenken. Kritischer Journalismus sieht irgendwie anders aus.

Was sind die Folgen?
Derzeit ist die WELTBILD-Geschäftsführung hauptsächlich mit dem Löschen der katholischen Scheiterhaufen beschäftigt. Dabei gäbe es in Augsburg mehr als genug zu tun. Deutschlands größter Buchhändler steckt mitten in der wichtigsten Umstrukturierung der Unternehmensgeschichte: Die komplette IT-Infrastruktur wird umgekrempelt, die Positionierung im Buchmarkt völlig neu definiert und die Logistik soll künftig mit Amazon Schritt halten können. Kein guter Zeitpunkt, um das Unternehmen für einen angemessenen Preis zu verkaufen.  

Dagegen steht das Szenario eines überhasteten Verkaufs der Verlagsgruppe, wie ihn die Kreuzritter von kath.net & Co. fordern: Wenn WELTBILD mitten in der Umstrukturierung in die Hände rein profitorientierter Investoren übergeht, wird das unabsehbare Folgen für die Belegschaft haben. Das Unternehmen wird womöglich zerschlagen, einzelne Teile weiterverkauft, andere werden schlicht dichtgemacht. Das absehbare Resultat: der Verlust Hunderter Arbeitsplätze, schlechtere Arbeitsbedingungen für diejenigen, die bleiben dürfen, Tarifflucht usw. Kurz: Menschen, die zum Teil seit Jahrzehnten für den Reichtum der katholischen Kirche arbeiten, werden im Namen der christlichen Lehre ins Elend gestoßen – zusammen mit ihren Familien.

Passt das zu den Prinzipien der katholischen Soziallehre? Und doch tun die Moralapostel aus der katholischen Schmuddelecke alles, um dieses Szenario Wirklichkeit werden zu lassen. Oder steckt hinter der ganzen – ziemlich professionell inszenierten – Kampagne eine Gruppe von Spekulanten, die WELTBILD zum Schnäppchenpreis einsacken will? Dann müsste die Kirche irgendwann feststellen, dass sie sich nicht nur vor den kapitalistischen Karren hat spannen lassen, sondern dass sie am Ende auch noch den Bock zum Gärtner gemacht hat.

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Freitag, 11. November 2011

Jetzt auch online: die KollegInnen bei Amazon


Unsere KollegInnen bei Amazon haben jetzt auch ein ver.di-Blog eingerichtet, um die miesen Arbeitsbedingungen beim WELTBILD-Konkurrenten Amazon öffentlich zu machen.

Wer wissen will, wie es hinter den Kulissen beim weltweit größten Internet-Buchhändler zugeht, lernt hier das Gruseln: www.amazon-verdi.de

Freitag, 4. November 2011

Das Wort zum Freitag: Verrückte Welt, mein Mädchen

Vor Urzeiten, in der nonvirtuellen Plastikära der LPs und MCs, gelang es der Band »Crazy World of Arthur Brown«, sich mit ihrem heißen Rocksong »Fire« einen Platz in der One-Hit-Wonder-Ruhmeshalle zu erobern. Jetzt, in der Epoche des digitalen Overkills, klopft ausgerechnet Kohls Mädchen an die Pforte dieser Eintagsfliegen-Hall-of-Fame: in der Hand einen Ghettoblaster, aus dem ein Song quäkt, der erst noch ein Hit werden möchte: »Mindestlohn«. Ein Lied, dessen Melodie mir irgendwie bekannt vorkommt … Ist da vielleicht ein klitzekleines Plagiat mit im Spiel, Frau Bundeskanzlerin?

Crazy World of Angela Merkel! Klingt nach frühzeitiger Eröffnung des Bundestagswahlkampfes. Oder nach geistiger Verwirrung kombiniert mit akuter Mentalschwäche. Wäre kein Wunder, schließlich kostet die Rettungsschlacht um den Euro sehr viel Kraft!

Mindestlohn, hört hört. Da will die Union wohl mal wieder das soziale Fähnchen im Populismus-Wind flattern lassen, den Schulterschluss mit den Underdogs und Tagelöhnern suchen, Solidarität mit Friseurinnen und Alleinerziehenden heucheln.

»Mindestlohn«, hat das nicht auch mal der Gregor Gysi gesungen? Oder war es die Andrea Nahles? Wer auch immer: Angela, so zu klauen ist einfach nicht anständig! Aber auch als redliche Coverversion dürfte dein Song kaum Aussicht haben, in die oberen Regionen der Charts vorzustoßen. Wer will dieses Lied in deiner dürftigen Interpretation schon hören? Sogar Heiner Geißler klappt da die Ohren zu.

Versuch’s lieber mit einer Nummer über Europa oder den Euro, liebe Kanzlerin. Lass dir den Text von Konstantin Wecker schreiben und die Melodie von Phil Collins komponieren – dann kann gar nichts schief gehen. »The Last Euro« – ein garantierter, europaweiter Chartbreaker, auch in Griechenland. Von null auf eins – wetten? Sogar die Amis downloaden bei iTunes wie verrückt. Platin – im Nu!

Aber »Mindestlohn«? Würde noch nicht einmal Xavier Naidoo zum Hit machen. Und – jetzt mal ehrlich, liebe Angela Merkel – Wahlen sind damit nun wirklich nicht zu gewinnen! Wenn die Wahlkampf-Helfer den Kleister anrühren und die ersten »Wir stehen für ein modernes Deutschland«-Plakate auf die Bauzäune und Doppelgaragentore pappen, haben sie ganz andere Lieder auf den Lippen. Den »Steuersenkungs-Song« zum Beipiel. Money, money, money, it’s so funny … Hahahah!

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