Heute sei die christliche Sozialethik vorgestellt, wie sie sich Kardinal Marx vorstellt (Das Kapital S. 44 ff). Man könne auch von Solidarismus oder „Drittem Weg“ zwischen liberalem Individualismus und sozialistischem Kollektivismus sprechen, wenn man die kirchliche Sozialethik meine. Diese katholische Sozialethik gebe zwar nicht dem liberalem Individualismus Recht, doch neige sie sich mehr dem Liberalismus zu als dem Sozialismus/Kommunismus. An erster Stelle komme im Christentum der Mensch, der als Individuum vor Gott steht, erst an zweiter Stelle die Gemeinschaft, der Staat.
Obwohl die Kirche den Menschen also vor allem als freies Individuum sieht, hat er sich nach der Vorstellung von Kardinal Marx doch an allgemeinen moralischen Überzeugungen zu orientieren, damit nicht alles, was möglich ist, Realität wird (z. B. in der Gentechnik). Auf die Wirtschaft übertragen bedeutet das: Es darf nicht alles, was Gewinne bringt, auch getan werden. Wir wollen hoffen, dass dieser Grundsatz von Kardinal Marx nicht nur im Falle Weltbild beachtet wird, wo man das Angebot von Antikatholischem, Erotischem, Esoterischen und Buddhistischem reinigt, sondern er die gleichen Grundsätze auch auf Bankbeteiligungen, Rüstungsbeteiligungen, Brauereien und andere Geschäftstätigkeiten der Kirche anwendet. Es scheint uns zu billig, immer nur auf die anderen zu zeigen und zu sagen, was die nicht dürfen. Um wieder glaubhaft zu sein, müssten die kirchlichen Oberhirten auch im eigenen Stall kehren. Und zwar nicht nur bei Weltbild, sondern umfassend.
Seinen moralischen Zeigefinger richtet Kardinal Marx auf S. 51 ausdrücklich auf das Wirtschaftsleben, wo in zügelloser Profitgier zunehmend Grenzen überschritten würden – moralische und rechtliche. Als Beispiel nennt der Münchener Kardinal z. B. Enron. Aber warum nennt er nicht auch eines der 30.000 kirchlichen Unternehmen in Deutschland, wo wegen zügelloser Profitgier Grenzen überschritten wurden? Gibt es diese Beispiele nicht? Wir von der Gewerkschaft stimmen dem Herrn Kardinal zu, wenn er diese Profitgier geißelt. Wir haben hier im Unternehmen Weltbild in den letzten Jahren gesehen, dass der Profit immer mehr an die erste Stelle von Überlegungen rückte. Aber Weltbild wird unter den 30.000 kirchlichen Firmen in Deutschland sicher nicht die einzige sein, in der Profit vor andere Richtlinien gesetzt wurde. Insofern wäre es sympathischer, wenn Kardinal Marx mit einem MEA CULPA vor die Öffentlichkeit träte als im Domradio München einen katholischen Unternehmer die kirchlichen Rüstungsbeteiligungen verteidigen zu lassen: bis 5 % solcher Aktienbeteiligungen wären erstens nicht zu vermeiden und zweitens moralisch nicht zu verwerfen.
Auf Seite 52 seines Buches schreibt Kardinal Marx, kein System könne auf Dauer alles bloß rechtlich regeln und auf die Moral und den Anstand verzichten. Gut geschrieben. Dazu nächstes Mal mehr. Diesmal nur noch als Schlusssatz: Wir hoffen, dass Kardinal Marx beim Verkauf von Weltbild uns Mitarbeitern gegenüber Anstand beweist, indem er sich für den Zukunftstarifvertrag und eine angemessene Beteiligung an den Gewinnen des Verkaufs ausspricht. Wir von der Gewerkschaft werden genau hinschauen, wie viel Moral und Anstand er und seine „Mitbrüder im Amt“ haben.
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