+ Neujahrsausgabe +
Kardinal Marx und seine Mitbrüder (Mitschwestern gibt es selbst nach 2.000 Jahren Kirchengeschichte nicht, obwohl es keine theologischen Gründe gegen Pfarrerinnen und Bischöfinnen gibt) sangen zu Weihnachten mit Inbrunst das Lied „Süßer die Kassen nie klingeln als zum Weltbild-Verkauf, unsere Mitarbeiter bringen Milliarden Euros zu hauf …“. Heute sind wir von der Gewerkschaft wieder am Zug. So lassen wir den Münchener Sozialkardinal hier erneut zu Wort kommen und lauschen fromm seinem Pattloch-Buch „Das Kapital“. Den Dialog mit uns als den Betroffenen ihrer Entscheidungen verweigern er und seine geweihten Mithäupter leider weiterhin.
Auf Seite 33 seines Buches schreibt Kardinal Marx, dass er vielen Menschen begegnet. An erster Stelle nennt er – verräterisch, wie wir finden – Mitglieder des „Bundes katholischer Unternehmer“. Diese Unternehmer, so Marx, würden ihre Mitarbeiter niemals als bloße Produktionsfaktor, als Manövriermasse im Wettbewerb sehen. Wir können nur hoffen, dass die katholischen Bischöfe diesen sozialen katholischen Unternehmern nicht nachstehen wollen, wenn es um unseren Verkauf geht. Noch haben wir nicht ganz die Hoffnung aufgegeben, dass sie den Zukunftstarifvertrag unterschreiben und uns am Gewinn aus dem Verkauf des Unternehmens anständig beteiligen.
Eine Seite weiter erklärt Kardinal Marx, dass er auch die „Katholische Arbeitnehmerbewegung“ trifft, wo es Arbeitnehmer gibt, die Angst um ihre Arbeitsplätze haben. Denen scheint es wie uns jetzt zu gehen. Dank der Weisheit des Würzburger Heiligen Geistes und der Entscheidung der katholischen Bischofskonferenz, haben auch wir jetzt Sorgen um unseren Arbeitsplatz. Keiner hier glaubt, dass der Verkauf ohne soziale Härten für uns Beschäftigte über die Bühne geht. Wenn uns Kardinal Marx besuchen würde, könnte er das auch von uns hören. Auch bei Weltbild gibt es alleinerziehende Mütter, deren Kinder Kardinal Marx und seine Kollegen in die Gefahr bringen den Arbeitsplatz zu verlieren und deren Kinder vielleicht in jene Kinderarmut schlittern, die der Kardinal auf Seite 35 seines Buches mit Worten, die zu Herzen gehen, beklagt.
Ob der liebe Herr Kardinal verstehen kann, dass wir seine schönen Worte, mit denen er in einem unserer Verlage noch schönes Geld verdient hat, als zynisch empfinden, weil er einer derjenigen kirchlichen Oberhirten war, die uns wegen einer Handvoll Pornojäger und Ex-Weltbild-Mitarbeiter, die gegen uns gehetzt haben, in soziale Unsicherheit stürzen? Oder glaubt er etwa wirklich, dass Menschen mit Migrationshintergrund, die in seinem kirchlichen Unternehmen im Sekundentakt Bücher verpacken oder sich in den Hunderten von kirchlichen Schmalspurbuchhandlungen acht Stunden die Füße platt stehen, daran schuld sind, dass es den White-Collar-Mitarbeitern im Weltbild-Haupthaus nicht gelang, in dem Wust von mehr als 1 Million Büchern auch wirklich jedes von den Rechts-außen-Katholiken nicht gewünschte Buch herauszufiltern?
Mit seiner bischöflichen Entscheidung, Weltbild nach eine kurzen Pause von einem oder zwei Jahren wieder auf den Markt zu werfen, bestraft er aber genau diese Menschen mit ihren Minilöhnen (oft sind es sogar noch Zeitarbeitskräfte, die für die Kirche schuften), nicht aber die eigentlich Verantwortlichen. Ob sich der Würzburger Bischofsclub darüber Gedanken gemacht hat? Kann sich einer dieser Herren, wenn er sich morgens wäscht und in den Spiegel schaut, noch ohne ein schlechtes Gewissen in die Augen sehen? Wahrscheinlich schon, denn als Katholiken werden sie dran glauben, dass ein Beichtgespräch jede Sünde abwäscht. Nur sollten Kardinal Marx und seine Mitbrüder nicht vergessen, auch tätige Reue zu üben!
Wir jedenfalls werden sie jeden Tag an diese tätige Reue, die sie noch zu üben haben, erinnern. Und wenn einer der Bischöfe von seinem Fahrer in seinem Mercedes zum nächsten Gemeindebesuch gefahren wird, soll er im Radio nicht „In dulci jubilo“, sondern einen Bericht über kirchliche Wirtschaftsverflechtungen hören, einen Beitrag über die Ausbeutung von 1-Euro-Jobbern in Caritas-Einrichtungen mancher Diözesen, eine Info über den in Kauf genommenen Unfalltod von Menschen, die ihr Andechser oder Scheyerer Klosterbier getrunken haben, und Nachrichten über viele anderen berichtenswerte Dinge aus dem Inneren der göttlichen Heilsinstitution Kirche.
Die Pforten der Hölle werden die Kirche nicht überwinden. Die Affäre WELTBILD wird dabei helfen, die Kirche in Deutschland zu reinigen und auf den Weg Christi zurückzubringen. Dazu wollen wir von Ver.di auch unser Scherflein beitragen, denn es gibt in unseren Reihen Katholiken, die an der Kirche, wie sie heute in Deutschland existiert, leiden.