
Vom 20. bis 26. September 2015 fand in Leipzig der "4. ver.di-Bundeskongress" statt.
Unter dem Motto „Stärke, Vielfalt, Zukunft“ bestimmten eine Woche lang
rund 1.000 Delegierte in Leipzig die politische Ausrichtung von
ver.di für die kommenden vier Jahre. Weit über 1.000 Anträge standen zur
Beratung – von der Gesellschaftspolitik bis zur Berufspolitik, von der
Friedenspolitik über Wirtschaftspolitik, TTIP und Migrationspolitik bis
zur Tarifpolitik. ver.di hat sich für die Zukunft, ob zu Digitalisierung
oder Guter Arbeit, gewappnet
.
Nach der Eröffnung durch Frank Bsiske, sprach auch die Kanzlerin. „An Ihnen kommt man nicht vorbei“, eröffnete Angela Merkel, CDU, ihre Rede. Sie würdigte den Einsatz ver.dis für
faire Arbeitsbedingungen und für die Einführung eines gesetzlichen
Mindestlohns. Den habe sie zwar nicht von Anfang an befürwortet, aber
mittlerweile finde sie ihn wichtig, da immer weniger Menschen unter den
Schutz von Tarifverträgen fallen, sagte die Kanzlerin.
Jetzt stünden Regelungen zu Leiharbeit und Werkverträgen an, da wolle sie mit den Gewerkschaften im Dialog bleiben.
Die Vielfalt und Stärke von ver.di – gemäß dem Kongressmotto – wurde im
mehr als zweistündigen Geschäftsbericht des Vorsitzenden Frank Bsirske
deutlich. Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns bezeichnete er
als „historischen Erfolg“ für die deutsche Gewerkschaftsbewegung. „Mehr
Lohn, mehr Beschäftigung, mehr Gerechtigkeit, das ist ein Erfolg für uns
alle“, sagte Bsirske. Das eindrucksvolle Spektrum der
Gewerkschaftsarbeit der letzten vier Jahre zeige die Vielfalt, mit der
es ver.di zu tun hat in den Berufen und Fachbereichen. ver.di sei,
bezogen auf die Zahl der erwerbstätigen Mitglieder, die
mitgliederstärkste Organisation im DGB und steuere im laufenden Jahr auf
ein Mitgliederplus zu.
Bei den Aussprachen zum Geschäftsbericht wurden aktuelle Tarifkonflikte
gewürdigt, aber auch Wünsche für die Zukunft aus den Betrieben geäußert,
wie etwa den arbeitsfreien Sonntag im Handel, Abkehr von Tarifflucht,
Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe, eine gesetzliche
Personalbemessung an Krankenhäusern und mehr Pflegekräfte.
Mit 88,5 Prozent der Stimmen ist der ver.di-Bundesvorsitzende
Frank Bsirske von den Delegierten des 4. ver.di-Bundeskongresses in
Leipzig im Amt bestätigt worden. Bsirske steht seit der ver.di-Gründung im Jahr 2001 an der
Spitze der Organisation. Der 63-Jährige kündigte an, dass die kommende
Amtszeit seine letzte sein werde.
In seiner Antrittsrede fächerte er die Aufgaben und Probleme auf,
die ver.di in diesem und den kommenden vier Jahren angehen müsse. Und um
welche Dimensionen es da geht, das machte Bsirske gleich in seinem
Eingangssatz klar: „Wir sind gegenwärtig mit vielfältigen Umbrüchen
konfrontiert: in der Arbeitswelt wie in der Gesellschaft, in Europa und
darüber hinaus. Umbrüche, die verunsichern, aber auch als neue
Herausforderungen wahrgenommen werden.“
Themenschwerpunkte waren:
- Digitalisierung
- Alterssicherung
- Steuergerechtigkein
- TTIP
- Flüchtlingskrise
Zum Thema Flüchtlingskrise erklärte der ver.di-Vorsitzende: „Ohne jede
Einschränkung muss gelten: Wer Schutz braucht, muss ihn in der
Bundesrepublik Deutschland erhalten. Für uns als Gewerkschaft ist gerade
die Flüchtlings- und Asylpolitik zuallererst ein humanitäres Anliegen.“
In der weiteren Folge des ver.di-Bundeskongresses begannen die Delegierten mit der Antragsberatung:
Sie beschlossen unter anderem, mit Blick auf die Digitalisierung sei es
wichtiger denn je, den Zusammenhang von Guter Arbeit, Guten
Dienstleistungen und Gemeinwohlorientierung in den Blick zu nehmen. Es
sei eine gesamtgesellschaftliche Gestaltungsaufgabe, an der sich ver.di
intensiv beteiligen wird.
Im Sachgebiet „Bildungspolitik“ sprachen sich die
Delegierten dafür aus, die Durchlässigkeit von Bildungs- und
Ausbildungswegen zu erhöhen. Außerdem soll der Bund sich dauerhaft an der Grundfinanzierung von Hochschulen beteiligen.
Der ver.di-Bundeskongress sprach sich dafür aus, die gesetzliche Rente armutsfest und beitragsgerecht auszugestalten.
Moderner Arbeitsschutz müsse die dramatischen Veränderungen der Arbeitswelt durch die Digitalisierung berücksichtigen und dürfe sich nicht auf die Vermeidung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Erkrankungen beschränken.
Die Verkürzung der Arbeitszeit und ihre Gestaltung sind für ver.di zentrale tarif- und gesellschaftspolitische Ziele.
Vor dem Hintergrund einer Großdemonstration gegen
das geplante Freihandelsabkommen TTIP am 10. Oktober in Berlin sprach
sich der ver.di-Bundeskongress dafür aus, die Globalisierung sozial und
demokratisch zu gestalten. Dazu brauche es aber einen Kurswechsel in der
EU-Handelspolitik.
Nach sieben Tagen wurde der ver.di-Bundeskongress
beendet. Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske und die Vorsitzende des
ver.di-Gewerkschaftsrats, Monika Brandl, dankten der
Kongressorganisation und den Delegierten für ihre Arbeit und betonten
die Stärke von ver.di. Sie betonten auch, dass klare Akzente gesetzt
wurden in den Themen Gute Arbeit, Digitalisierung, Freihandelsabkommen,
Tarifpolitik. ver.di wolle auch weiterhin nah am Mitglied sein und sich
organisieren.