Freitag, 30. Juni 2017

Mit deiner Stimme den Renten-Sinkflug stoppen!

Egal, wie alt du heute bist: Wenn du im Alter gut leben willst, setz dich jetzt mit uns für eine gute Rente ein! Wenn nicht umgesteuert wird, sind immer mehr Menschen von sozialem Abstieg oder gar Armut im Alter oder bei Erwerbsminderung bedroht. Heute ist klar: Private Vorsorge kann die Lücke nicht schließen. Wir brauchen wieder eine gesetzliche Rente, auf die man sich verlassen kann.
In diesem Jahr haben wir die Chance, bei der Rente viel zu bewegen. Dafür zählt jede Stimme. Denn bei der Bundestagswahl geht es auch um die Zukunft der Rente. Mit deiner Stimme fordern wir die im Bundestag vertretenen Parteien auf, die gesetzliche Rente in der kommenden Legislaturperiode wieder stark zu machen.
Wir machen gemeinsam Druck in Berlin und bundesweit, um unsere Ziele zu erreichen:
  1. Rentensinkflug stoppen!
  2. Das Rentenniveau auf dem heutigen Stand von 48 Prozent stabilisieren und im weiteren Schritt anheben, etwa auf 50 Prozent!
  3. Die betriebliche Altersvorsorge stärken – mit Tarifvertrag und vom Arbeitgeber mitfinanziert!
  4. Den Schutz der Rentenversicherung auf die Selbstständigen ausweiten und Erwerbsminderungsrenten verbessern!
  5. Gute Arbeit und gesicherte Übergänge in die Rente!
Jetzt hier UNTERZEICHNEN, damit deine Meinung zählt!

Eine gute Rente ist machbar. Wie das geht? Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat Antworten. Mehr auf www.rente-muss-reichen.de

Du willst wissen, wieviel Rente du erwarten kannst:  https://rente-staerken.verdi.de/rentenrechner
Weitere Infos: https://rente-staerken.verdi.de/

Montag, 26. Juni 2017

Prekäre Beschäftigung - Werkverträge, Befristungen und Leiharbeit


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute stellen wir Euch das nächste Seminar aus dem ver.di-Bildungsprogramm für die Mitglieder vor.
Nähere Infos finden sich auch unter www.verdi-bildungsportal.de.

Zur Erinnerung:
ver.di hat für die Mitglieder ein umfangreiches Bildungsprogramm, meist kostenlos und meist mit Fahrtkostenzuschuss.


Prekäre Beschäftigung -
Werkverträge, Befristungen und Leiharbeit


Hintergründe, Auswirkungen und gewerkschaftliche Handlungsmöglichkeiten 


vom 22.09.2017 bis 24.09.2017 in Brannenburg 
Beginn: Freitag um 18:00 Uhr
Ende: Sonntag nach dem Mittagessen
Veranstaltungsnummer: BA 03170922 12 

Teilnahmegebühr für Nicht-Mitglieder: € 189,00 
(für ver.di Mitglieder aus Bayern trägt der
ver.di Landesbezirk die Teilnahmegebühr)

Kooperationsseminar von ver.di Bayern und dem ver.di Bildungszentrum Brannenburg. 
 *Bitte beachten: für dieses Seminar entstehen für Nicht-Mitglieder abweichende Kosten im Vergleich der anderen Seminare. 
Bitte richtet eure Anmeldung an das Bildungszentrum Brannenburg und verwendet das Anmeldeformular auf Seite 20. 

Unsichere Beschäftigungsverhältnisse haben in den letzten Jahren stark zugenommen. So hat sich die Anzahl der Leiharbeitnehmer_innen in den letzten Jahren fast verfünffacht, während sich der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse im selben Zeitraum nahezu verdoppelt hat. Viele Unternehmen weichen aufgrund neuer Regulierungen für die Leiharbeit auf die Vergabe von (Schein-) Werkverträgen aus.

Allzugern wälzen Manager_innen das unternehmerische Risiko auf die Beschäftigten ab. Die Unternehmen befreien sich so von ihrer Verantwortung gegenüber den Arbeitnehmern_innen und verschaffen sich Freiräume auf Kosten der Beschäftigen. Denn wenn es konjunkturell wieder bergab geht, stehen Werkvertragsnehmer_innen und Leiharbeiter_innen wie schon bei der letzten Krise schutzlos da. Sie werden die ersten sein, die gehen müssen.

Welche Argumente und Mittel haben die Gewerkschaften gegen diese Entwicklung zu kämpfen?


  • Was ist prekäre Beschäftigung?
     
  • Werkverträge, Befristungen und Leiharbeit - was sind die Unterschiede?
     
  • Hintergründe und Ursachen prekärer Beschäftigung
     
  • Folgen für Beschäftigte, Gewerkschaften und Gesellschaft
     
  • Handlungsmöglichkeiten für Gewerkschaften 





Freitag, 23. Juni 2017

Betriebsversammlung bei Weltbild


Am 22. Juni 2017 lud der Betriebsrat die Belegschaft und die Geschäftsführung zu einer Betriebsversammlung ein. Themen waren eine Zwischenbilanz der Arbeit des Gesundheitsausschusses und ein Bericht der Geschäftsleitung zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und dem aktuellen Stand der Umlagerung der Logistik ins tschechische Bor.

 Zu Beginn der Versammlung begrüßte der Betriebsratsvorsitzende Timm Bossmann die Kollegen und die beiden Geschäftsführer Angela Schünemann und Christian Sailer. Zum aktuell viel diskutierten Thema "Extremtemperaturen in vielen Büros" sagte er, dass eine technische Lösung über die Anschaffung von mobilen Klimageräten weder zeitnah, noch in einem akzeptablen finanziellen und technischem Rahmen realisiert werden könne. Als sofort umsetzbare Alternative kündigte Bossmann eine Vorverlegung des möglichen Arbeitsbeginns in die kühleren Morgenstunden auf 6 Uhr an. Dies könne bereits in der kommenden Woche begonnen werden.

Im Anschluss wurden die Mitglieder des Gesundheitsausschusses vorgestellt und berichteten über die Zwischenergebnisse der Gefährdungsbeurteilung und die bisher erzielten Erfolge:
  1. Die Umfrage zur Gefährdungsbeurteilung lieferte in darauf folgenden Workshops eine Vielzahl von Ergebnissen, die jetzt Stück für Stück umgesetzt werden sollen. Dazu wird die Personalabteilung zusammen mit dem Betriebsrat eine Roadmap vorlegen. Es müssen in einem ersten Schritt die Handlungsschwerpunkte herausdestilliert und konkrete Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Wichtig ist dabei, eine entsprechende Priorisierung der drängendsten Maßnahmen, sowie ein verbindlicher Zeitplan für deren Realisierung. Im letzten Schritt entscheidet die Geschäftsführung über die finale Umsetzung.
  2. Über die Paritätische Kommission konnte eine Entzerrung der dringlichsten "büroräumlichen Brennpunkte" erzielt werden.
  3. Durch die neue Betriebsärztin und eine externe Sicherheitsfachkraft kommen die Begehungen der  Arbeitsstätten nun zu wirklichen Ergebnissen, die auch umgesetzt werden. Parallel dazu gibt es in jedem der drei Gebäude eine verantwortliche Sicherheitsfachkraft und der Arbeitssicherheitsausschuss kann seine Arbeit effektiv wieder aufnehmen.
  4. Mit einer neuen Betriebsvereinbarung zu Arbeitsunterbrechungen an Bildschirmarbeitsplätzen werden verbindliche Vorgaben getroffen, die mögliche Gesundheitsrisiken für die Mitarbeiter weitgehend reduzieren sollen. Dazu wurde hier im Blog bereits ausführliche berichtet.
  5. Eine Bildschirmbrille gehört, wie Sicherheitsschuhe, zur Sicherheitsausstattung eines Arbeitnehmers, die vom Arbeitgeber bezahlt werden muss. Die aktuell eher schleppend Verlaufende Kostenerstattung, soll über eine Betriebsvereinbarung verbindlich geregelt werden. Damit könnte man sowohl die langen Wartezeiten, als auch die Diskussion über die Höhe des Erstgattungsbetrags beenden.  
Nun hatte die Geschäftsführung das Wort, die die Belegschaft über die wirtschaftliche Lage von Weltbild und die Fortschritte beim Umzug der Logistik informierte.

Herr Sailer bekannte sich zur Arbeit des Gesundheitsausschusses und bekräftigte den Willen zur Umsetzung der Ergebnisse aus den Workshops. Er betonte, dass die Insolvenz jetzt endgültig Geschichte sei und wir den Blick wieder optimistisch nach vorn richten könnten. Die kürzlich erfolgte hundertprozentige Übernahme von Weltbild durch die Dröge-Group bezeichnete er als Vertrauensbeweis des Investors, der sich damit hinter das Unternehmen stelle und damit Bereitschaft signalisiere auch weiterhin in Weltbild investieren zu wollen. Als Beispiel wurde der geplante Umzug in ein neues ausreichend großes Gebäude genannt, das wieder Platz für alle Mitarbeiter biete und modern und repräsentativ sein solle.
Im vergangenen Geschäftsjahr sei Weltbild mit ca. 5 % moderat gewachsen und schreibe jetzt wieder schwarze Zahlen. Dies läge zu einem Großteil am außergewöhnlichen Engagement der Belegschaft bei der er sich ausdrücklich bedankte.
Das Versandgeschäft liefe gut, müsse aber durch stetige Investitionen weiter optimiert werden. Luft nach oben sei allerdings im Ergebnis des Filialgeschäfts.
Für das kommende Geschäftsjahr sei wieder ein realistisches Wachstum von 5% angepeilt, wobei sich das erwirtschaftete Eigenkapital und die möglichen Investitionen die Waage halten sollten.
Zur Lage in der neuen Logistik in Tschechien präsentierte Herr Sailer einige Bilder, um den Standort vorzustellen.  Das Lager sei jetzt soweit voll funktionsfähig und Anlaufschwierigkeiten seien bei einem Projekt dieser Größenordnung ganz normal. Bis zum Weihnachtsgeschäft müssten allerdings noch einige Anstrengungen unternommen werden, um das zukünftige Auftragsvolumen bewältigen zu können. Aktuell sei der Output gleich dem Auftragseingang.
Dennoch sei es nötig die Lagerflächen zu vergrößern und die Prozesse weiter zu optimieren. Herr Sailer bedankte sich bei den Mitarbeitern, die durch ihren unermüdlichen Einsatz das Projekt zu diesem ersten Erfolg geführt haben.

Dann übernahm Frau Schünemann und betonte, dass das Geschäftsmodell Weltbild weiterhin sehr tragfähig sei. Unser größtes Kapital sei der extrem treue Kundenstamm, der dem Unternehmen auch in den schwierigen letzten Jahren gefolgt sei. Wir müssten uns jetzt auf unsere Stärken besinnen und ein "organisches" Wachstum beibehalten. Kernpunkt sei dabei die sorgfältige Porduktauswahl unseres Angebots, sowie die Erhöhung der Margen.
Wichtig dabei ist und bleibt unser Katalog, der für unsere Kunden von enormer Wichtigkeit sei, auch wenn diese ihre Bestellung dann oftmals im Online-Shop aufgäben.
Unser Internetauftritt müsse daher weiter optimiert werden, was Kundenfreundlichkeit, Service und breites Sortiment anginge. So sei geplant weitere Partner anzubinden, die das bestehende Angebot erweiterten und sinnvoll ergänzten.
Das Filialgeschäft sei beim Multi-Channel-Ansatz sehr wichtig und müsse über entsprechende Maßnahmen angekurbelt werden. Dazu gehörten räumliche Umbaute in den Geschäften, ein optimiertes Verkaufskonzept und eine Erhöhung des Servicelevels.
Auch Frau Schünemann bedanke sich explizit bei den Weltbildmitarbeitern für ihren Einsatz und sagte, dass sie  in der jetzigen Situation ganz beruhigt in den verdienen Urlaub fahren könnten, ohne die Angst bei ihrer Rückkehr ein Unternehmen am Abgrund vorzufinden.

Im Anschluss stellten sich die neuen Abteilungsleiter aus den Bereichen Jokers, Kundenservice, Filialen und Finanzen/Rechnungswesen kurz der Belegschaft vor.

Am Ende der Veranstaltung hatte Gewerkschaftssekretär Thomas Gürlebeck das Wort. Er konnte die Begeisterung über die komplette Übernahme von Weltbild durch die Dröge-Group nicht ganz teilen und verglich das Unternehmen mit einem Fußballverein, der mit einem neuen Sponsor und dem Blick auf die Champions League in die Saison gestartet sei und am Ende, nach mehreren Trainerwechseln, gerade so den Klassenerhalt geschafft habe. Positiv bewertete er, das leichte Wachstum und die schwarzen Zahlen, die Weltbild wieder schreibe. Dies könne als positives Signal gewertet werden, das den Weg bereitet, um bald in Tarifverhandlungen einzutreten. Das würde den so viel gelobten Mitarbeitern die Dankbarkeit der Geschäftsleitung dann auch finanziell spürbar machen.

Zusammenfassend lässt sich die Veranstaltung als grundsätzlich positives Zeichen werten. Der Silberstreif am Horizont ist sichtbar, und das Verhältnis zwischen der jetzigen Geschäftsführung und dem Betriebsrat wirkt deutlich entspannter, als das in den letzten drei Jahren der Fall war. Vielleicht ist es zu früh von Harmonie zu sprechen, aber der eingeschlagene Weg gibt durchaus zur Hoffnung Anlass. Wünschenswert wäre es, durch eine konstruktive Zusammenarbeit auch auf den diversen innerbetrieblichen Baustellen endlich voranzukommen.

So verließ die Belegschaft am Ende in sichtlich positiver Stimmung die Versammlung, was in der Vergangenheit oftmals nicht der Fall war.

Mittwoch, 21. Juni 2017

Die Sonntagsfrage


Ist es unbedingt nötig am Sonntag Shoppen zu gehen?


Die Diskussion um die Ausweitung der Sonntagsöffnungszeiten ist voll entbrannt. Zuletzt gab es eine erfolgreiche Klage der Katholischen Arbeiterbewegung im Zusammenschluss mit ver.di und anderen Verbänden gegen weitere geplante Sonntagsöffnungen der Stadt Augsburg. Erwin Helmer war einer der Klagevertreter. Viele von euch kennen ihn als Betriebsseelsorger, der in den letzten Jahren immer wieder als Ansprechpartner für Sorgen und Nöte der KollegInnen in den Büros und Versandhallen von Weltbild unterwegs gewesen ist.


Erwin Helmer, Hans Gilg und weitere Klagevertreter nach ihrem Erfolg
vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht in Hof. Foto: KAB Augsburg


Sonntagsöffnungen müssen die besondere Ausnahme bleiben 


Der Sonntag ist in unserem Kulturraum eben kein Tag wie jeder andere. Derzeit gibt es von Seiten großer Händler und Einkaufszentren vermehrt Vorstoße für Sonntagsöffnungen. Angeblich, damit man mit den Online-Händlern weiterhin konkurrenzfähig bleibe. Das ist natürlich Blödsinn. Stationärer Handel und Online-Handel sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Daran ändert sich auch nichts, wenn ein Geschäft sonntags offen ist.

Auch ein zweites Argument zieht nicht: Es gibt bereits viele Menschen, die sonntags arbeiten – in der Gastronomie, in Krankenhäusern, Tankstellen etc. Ja, das ist unbestreitbar. Aber das ist noch lange kein Argument dafür, dass künftig noch viele, viele weitere Beschäftigte an diesem Tag arbeiten sollen.

Und die armen Konsumenten? Ist das Shoppen so wichtig, dass die verbleibenden 6 Wochentage nicht dafür ausreichen? Selbst wenn man als Berufstätiger unter der Woche kaum Zeit findet, bleiben immer noch die langen Öffnungszeiten am Donnerstag und der komplette Samstag. Ist das eine Bevormundung des Konsumenten durch Kirchen und Gewerkschafter? Das klingt dann doch sehr weit her geholt. Immerhin geht es darum, wenigstens einen Tag in der Woche weitestgehend arbeitsfrei zu halten. Auch darauf sollte es ein Anrecht geben.

Unterschiedliche Weltauffassungen


Wie ein Kommentator in der Augsburger Allgemeinen Zeitung richtig erkannte, treffen hier verschiedene Weltauffassungen aufeinander. Steht das Wirtschaften und der Konsum im Vordergrund oder ist man der Meinung, dass an einem Tag in der Woche andere Dinge Priorität haben sollten, insbesondere das Familienleben? Daran werden sich auch künftig die Geister scheiden.

Ver.di jedenfalls hat sich klar positioniert. Hier Auszüge aus dem Statement von Hubert Thiermeyer, dem Leiter des Fachbereichs Handel in Bayern: 

" ... Abgesehen davon wird durch längere Öffnungszeiten nicht mehr gekauft, der Umsatz wird lediglich verschoben: von der Woche ins Wochenende und von den kleinen Läden hin zu den Konzernen.
Alarmierend ist, dass die Handelskonzerne weder vor der Verfassung noch vor der Zerstörung des wichtigsten Zeitankers unserer Gesellschaft zurückschrecken. Das Bundesverfassungsgericht hatte erst 2009 den verfassungsmäßigen Schutz des arbeitsfreien Sonntags gestärkt. Dabei machten die Richter auf dessen Bedeutung als wichtigsten Zeitanker für die Gesellschaft, Familien und Individuen aufmerksam. In Zeiten zunehmenden Burn-Outs und anderer besorgniserregender Entwicklungen muss dem Ausbrennen einer ganzen Gesellschaft ein Riegel vorgeschoben werden. Der Schutz des arbeitsfreien Sonntags überall dort, wo Sonntagsarbeit nicht zwingend erforderlich ist, hilft allen Menschen.“


Montag, 19. Juni 2017

Veränderungen im Mutterschutzgesetz


Am 06. Februar 1952 trat das Mutterschutzgesetz (MuSchG) in Kraft. es erfuhr im Laufe der Jahre einige Veränderungen.
Dennoch hat es 65 Jahre gedauert, bis dieses Gesetz an aktuelle Entwicklungen, neue Formen des Zusammenlebens und andere gesetzliche Neuregelungen angepasst worden ist.

Was besagt das Mutterschutzgesetz und für wen gilt es?


Ziel des Mutterschutzrechts ist es, den bestmöglichen Gesundheitsschutz für schwangere und stillende Frauen zu gewährleisten.
Es soll nicht dazu kommen, dass Frauen durch Schwangerschaft und Stillzeit Nachteile im Berufsleben erleiden oder dass die selbstbestimmte Entscheidung einer Frau über ihre Erwerbstätigkeit verletzt wird
Die zentralen Bestimmung des MuSchG:
  • die Gestaltung des Arbeitsplatzes nach einer besonderen Gefährdungsbeurteilung zu chemischen Gefahrstoffen, biologischen Arbeitsstoffen sowie physikalischen Schadfaktoren (§1 MuSchArbV)
  • Beschäftigungsverbote vor und nach der Geburt (Mutterschaftsurlaub)
  • Besonderen Kündigungsschutz für Mütter
  • Entgeltersatzleistungen, insbesondere  das Mutterschaftsgeld
  • Bestimmte Mitteilungspflichten gegenüber dem Arbeitgeber und Regelungen über Mehr-, Nacht- und Sonntagsarbeit

Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) gilt für alle (werdenden)Mütter, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, das heißt auch für Heimarbeiterinnen, Hausangestellte, geringfügig Beschäftigte und Auszubildende. Künftig gilt es auch für Schülerinnen, Studentinnen und Praktikantinnen.
Weitere Regelungen zum gesundheitlichen Schutz werdender Mütter vor Gefahren, Überforderung und der Einwirkung von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz finden sich unter anderem in der Verordnung zum Schutze der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV).

Was hat sich geändert?


Folgende Änderungen im Mutterschutzrecht  sind mit dem 30. Mai 2017 in Kraft getreten:
  • Der Kündigungsschutz nach einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche wird eingeführt
  • Die Schutzfrist nach der Entbindung für Mütter von Kindern mit Behinderung kann auf zwölf Wochen verlängert werden
  • Die Regelungen zur Gefahrstoffkennzeichnung werden an unionsrechtliche Vorgaben angepasst (in Anlage 1 der MuSchArbV)
  • Arbeitsverbote gegen den Willen einer Frau sind künftig nicht mehr möglich (Ausnahme: gesundheitsgefährdende Situationen)
  • Freiwillige Sonntagsarbeit. Das war bisher nur in einigen Branchen möglich, jetzt wurde es auf alle Bereichen, in denen Sonntagsarbeit üblich ist, erweitert
  • Arbeitszeiten zwischen 20 und 22 Uhr. War bisher branchenbezogen, kann künftig allgemein zugelassen werden  (§28 MuSchG)


Bundesrat verlangt Kontrolle der Neuregelungen


Die neuen Regelungen treten überwiegend zum 01. Januar 2017 in Kraft. Die Verlängerung des Mutterschutzes auf 12 Wochen bei der Geburt eines behinderten Kindes greift ab Verkündung.

Der Bundesrat hat trotz der positiven Beschlussfassung Bedenken gegenüber dem geplanten Genehmigungsverfahren für Nachtarbeit geäußert. Damit sei ein erheblicher Mehraufwand für die Aufsichtsbehörden verbunden.
Die Bundesregierung soll dieses Verfahren kritisch im Blick behalten und im Rahmen der Evaluation des Gesetzes, die 2021 vorgelegt werden muss, die Effektivität des Genehmigungsverfahren überprüfen. 

Hier gehts zum Beschluss des Bundesrats.


Quellen:
- Bundesministerium für Familie, Senioren Frauen und Jugend; Mutterschutzgesetz
- Wikipedia, Mutterschutzgesetz
- Bundverlag




Dienstag, 6. Juni 2017

Eine Putzfrau zieht vom Leder


aus: ver.di publik 3.2017

Eine Putzfrau zieht vom Leder


DOKUMENTATION - Die Reinigungskraft Susanne Neumann hat 36 Jahre lang geputzt. Jetzt hat sie in einem Buch aufgeschrieben, warum viele Menschen im Land oft ein Leben lang arbeiten und trotzdem verarmen. ver.di publik dokumentiert Auszüge


Ehrlich gesagt verstand ich gar nicht, warum plötzlich der völlige Wahnsinn über mich hereinbrach. Ich hatte diese kurze Frage ausgesprochen, die meiner Ansicht nach vollkommen logisch war. Vorher hatte ich bereits eine ganze Menge anderer Dinge gesagt, die mir genauso logisch erschienen, und auch danach fuhr ich damit fort. Ich sagte zum Beispiel: "Man muss die Agenda 2010 endlich umkehren." Oder: "Es kann nicht sein, dass Leiharbeit zu einem Zwei-Klassen-System führt, weil der eine Bandarbeiter mehr Stundenlohn bekommt als der Kollege direkt neben ihm." Oder: "Wer immer nur einen befristeten Arbeitsvertrag kriegt, der kriegt auch keinen Mietvertrag und keinen Kredit."

Das alles wusste ich aus eigener Erfahrung. Und ich sagte es, weil ich auf einer Bühne saß und vor mir ein Pult aufgebaut war, auf dem groß und breit das Wort "Gerechtigkeit" stand. [...] Damit kannte ich mich nun wirklich aus, nach über 36 Jahren als Putzfrau. Genauer gesagt kannte ich mich mit dem Gegenteil davon aus: mit der ganzen Ungerechtigkeit, die es bei uns gab - in unserem Land im Allgemeinen und in meinem Job und dem Niedriglohnsektor im Besonderen.

[...]

Ich hatte nie das Abitur gemacht, geschweige denn ein Studium absolviert. Und ich konnte mich sicherlich auch nicht so gewählt ausdrücken wie all die Lobbyisten, Funktionäre und Mandatsträger, bei denen die meisten Zuschauer nach zehn Minuten trotzdem geistig komplett abschalten, weil sie nicht mehr kapieren, worum es eigentlich geht. Ich war nur eine kleine Arbeiterin, die immer versucht hat, sich und ihre Familie einigermaßen über Wasser zu halten. Aber dafür besitze ich 'ne verdammt große Klappe, die ich nicht halten kann, wenn ungerechte Dinge in meinem Umfeld passieren.

[...]

Dabei ging's mir im Vergleich sogar noch gut. Ein großer Teil der Bevölkerung hat einfach nicht vom Aufschwung und dem Stellen-Boom profitiert, von dem man überall lesen konnte: 15,7 Prozent der Menschen in Deutschland sind von monetärer Armut bedroht, so viele wie nie zuvor seit der Wiedervereinigung, hat das Statistische Bundesamt neulich erst ausgerechnet. Und "arm" ist bei uns demnach, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland verfügt, das bei etwas über 900 Euro netto für Singles und rund 1.900 Euro bei einer vierköpfigen Familie liegt. Natürlich betrifft dieses Risiko vorwiegend arbeitslose Menschen. Aber eben auch immer mehr Leute, die noch erwerbstätig sind oder ihr Leben lang gearbeitet haben, rutschen in eine Spirale, aus der man einfach nicht mehr herauskommt. Wer erstmal in einer unteren Einkommensschicht drinsteckt, bekommt beinahe ganz automatisch nur noch Zugang zu Minijobs und Teilzeitarbeit und erhält oft genug nicht einmal die ihm zustehenden Urlaubstage oder Krankheitszeiten ausbezahlt. Kein Wunder, dass die klassische Mittelschicht seit dem Ende der Neunziger immer kleiner geworden ist.


Ich kenne genug Beispiele, die das, was die Statistiker da so nüchtern auf dem Papier ausgerechnet haben, auf recht traurige Weise im wahren Leben bestätigen: Mir kommt immer wieder Frau Kowalski in den Sinn, eine stille, ältere Dame, die bereits weit über 70 war und sich [...] ein Zubrot zu ihrer Mini-Rente dazuverdiente, indem sie in einer Fabrik die Kantine putzte. Das aber war eine richtige Scheißarbeit: Der Speisesaal war riesengroß, Frau Kowalski musste jeden Tag Stühle und Tische verräumen, und überall lagen Essensreste herum, die sich nicht mal eben mit dem Lappen wegwischen ließen. Als im selben Werk eine andere Stelle auf der Büroetage frei wurde, wollte ich ihr einen Gefallen tun und Frau Kowalski den freien Posten verschaffen. Sie hätte dann nur noch ein bisschen staubsaugen müssen. Doch sie wollte das gar nicht!

"Bitte lass' mich einfach da, wo ich gez bin", flehte sie und guckte mich mit großen, leeren Augen an. Ich verstand jedoch nicht ganz, wo genau das Problem war, und hakte nach.

"Warum dat denn?", fragte ich. "Dat oben is' viel leichter für dich. In der Kantine gehste uns noch kaputt!"

"Susi, du musst mir versprechen, niemanden davon zu erzählen", sagte sie, und ich gab ihr mein Wort, dass ich dichthalte.

"Du weißt doch, dass wir sofort rausfliegen, wenn wir irgendwas von hier mit nach Hause nehmen. Und ich nehm' ja an sich auch nix, aber der Kantinenchef packt mir jeden Tag eins von den übrig gebliebenen Essen ein, damit ich abends was zum Futtern hab'. Wenn ich auffe Büroetage bin, dann krieg' ich das nicht mehr. Weißte, so'n Essen kann ich mir doch sonst überhaupt nicht leisten!"

Danach erklärte sie mir unter Tränen, dass sie gerade mal 210 Euro Rente erhalte und die 350 Euro Putzlohn [...] dringend zusätzlich benötige. Sie beantrage aus Scham keine Grundsicherung, weil sie nicht wollte, dass ihre Kinder mitbekamen, wie wenig Geld sie hatte. Frau Kowalski schuftete sich lieber krumm und buckelig, statt einzufordern, was ihr ohne Zweifel zustand. [...]

Auch Frau von Ichhabnix, wie sie sich selbst in einer Mischung aus Humor und Trotz nannte, hat sich tief in mein Gedächtnis eingegraben. Sie arbeitete als Altenpflegerin und pflegte später auch noch ihren Mann, einen einst selbstständigen Taxifahrer. Das machte sie über zehn Jahre so liebevoll und aufopfernd, wie man es sich nur vorstellen kann. Nachdem er gestorben war, musste sie, die ihr Lebtag in einem Seniorenheim malocht hatte, zum Sozialamt marschieren und Hilfe beantragen. Weil aber die Wohnung, die sie und ihr Gatte rund sechs Jahrzehnte bewohnt hatten, laut gesetzlicher Definition für die vollständige Bewilligung dummerweise 15 Quadratmeter zu groß war, hatte Frau von Ichhabnix nur die Wahl, ihr geliebtes Heim nach 60 Jahren zu verlassen. Oder ihre alte Wohnung als Vermögen gemäß §90SGB anrechnen zu lassen. Sie entschied sich für Letzteres - und muss nun mit 200 Euro pro Monat auskommen. [...]

Ich erinnere mich auch an Olga, eine junge und bildhübsche Polin, die in ihrer Heimat studiert hatte und mit ihrem Mann wegen der besseren Perspektive nach Deutschland gekommen war, hier aber trotz aller Bemühungen keine anständige Anstellung fand. Sie hielt sich [...]mehr schlecht als recht über Wasser und verlor trotzdem nie ihre angeborene Heiterkeit. Stolz wie Bolle zeigte sie mir eines Tages ihren Mutterpass - und ahnte nicht, dass sie mit ihrer Schwangerschaft auch noch die Notlösung ihres Putz-Jobs zu verlieren drohte: Auch ihr Vertrag war natürlich wie die meisten anderen Arbeitspapiere inzwischen auf ein halbes Jahr befristet, und wenn sie das Dokument ihres Frauenarztes, über das sie so glücklich war, unseren Vorgesetzten vorgelegt hätte, dann war sonnenklar, dass sie keine Verlängerung mehr von der Firma angeboten bekommen würde. Ich konnte das gerade noch verhindern, und Olga erhielt noch ein Mal einen neuen Kontrakt. Nach diesen sechs Monaten aber war Schluss. Kein Vertrag, kein Mutterschutz - so einfach war das in derartigen Fällen.

Tja, auch Frau Kowalski, Frau von Ichhabnix, Olga und unzählige ähnliche Schicksale sind Deutschland - ein Land, das andererseits als reisefreudigstes Land der Welt gilt. Ein Land, in dem prozentual so viele Oberklasseautos verkauft werden wie nirgendwo sonst in Europa. Ein Land, in dem es mittlerweile 1,2 Millionen Millionäre gibt. Von all dem aber merken halt die meisten Menschen rein gar nix.

[...]

...ich weiß, dass meine Zeit, in der ich noch die Mächtigen ärgern darf, sehr begrenzt ist. Aber vielleicht hilft dieses Buch ja manchen Menschen dabei, über einige Ungerechtigkeiten etwas intensiver nachzudenken. Und wenn es anderen Leuten wiederum sogar Mut macht, weil eine Frau, die eigentlich immer nur saubermachen musste, dennoch ein bisschen Staub aufwirbeln konnte, dann ist das auch kein Schaden.

Aus: Frau Neumann haut auf den Putz. Warum wir ein Leben lang arbeiten und trotzdem verarmen, Bastei Lübbe, 2017, 230 Seiten, ISBN 978-3-7857-2584-9, 15€


Freitag, 2. Juni 2017

Deutsche Niedriglöhne gefährden Europa


Wenn uns das gemeinsame Haus Europa demnächst um die Ohren fliegt, ist dafür auch die Gier der deutschen Unternehmer verantwortlich. Gemeinsam mit der neoliberalen Politik verbreitern sie die soziale Kluft: im eigenen Land und in Europa. Erste Risse im europäischen Haus sind unverkennbar: Wirtschaftskrisen und explodierende Arbeitslosigkeit in den südlichen Ländern, das Erstarken rechtsnationaler Bewegungen, Austritt(-sforderungen) aus der EU… 

Die Europäische Union hat über Jahrzehnte Frieden und Wohlstand auf dem Kontinent gesichert. Wenn Krieg und Krisen über Europa hereinbrechen, werden die ArbeitnehmerInnen die Zeche zahlen, während das Geld der Reichen und Superreichen längst in Übersee lagert. Höchste Zeit für eine Kurskorrektur also.

Die Rechten haben keine Antwort auf das Problem

Die AfD ist dafür übrigens der denkbar schlechteste Ansprechpartner. Die Rechtsradikalen sind im Kern eine neoliberale Partei und fordern in ihrem Programm weitere Zugeständnisse an Unternehmen. Die Arbeitgeber sollen noch weniger zu der Infrastruktur beitragen müssen, die sie täglich nutzen, um ihre Gewinne zu realisieren. Erben sollen weiter besser gestellt werden, als Menschen, die von ihrer Hände Arbeit leben müssen. Der Sozialstaat soll noch weniger für die Opfer der Geldgier der Unternehmer tun dürfen.

Zum aktuellen Stand der Lohnkosten in Deutschland und Europa hier eine Grafik des wirtschaftspolitischen Dienstes der Gewerkschaft ver.di, der auch den Text unter dem Diagramm zur Verfügung gestellt hat:


Spielraum nach oben

Die Lohnkosten hierzulande liegen im EU- Vergleich auf Platz 7, also im oberen Mittelfeld. Gleichzeitig weist Deutschland den weltweit größten Exportüberschuss auf. Für 240 Milliarden Euro, fast acht Prozent der Wirtschaftsleistung, wurden im Jahr 2016 mehr Güter und Dienstleistungen an das Ausland verkauft als von dort gekauft. Das ist nicht gut, sondern ein Problem. Denn die Überschüsse der einen sind die Defizite und die Verschuldung der anderen.

Zu hoch sind die Löhne bei uns also nicht. Im Gegenteil. Mit höheren Löhnen könnten wir mehr Güter und Dienstleistungen aus dem Ausland kaufen, z. B. aus Defizitländern wie Griechenland. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist nicht gefährdet, sondern übermäßig.

Besonders niedrig sind die Löhne im Dienstleistungsbereich, mehr als 20 Prozent geringer als in der Industrie. Hier gibt es Nachholbedarf. In den anderen Ländern ist der Abstand viel kleiner. In manchen sind die Dienstleistungslöhne sogar höher als in der Industrie.

Die prozentualen "Lohnnebenkosten" der Arbeitgeber liegen bei uns unter dem EU-Durchschnitt. Das macht Druck auf andere Länder, die Sozialbeiträge zu senken. Besser wäre, wenn die Arbeitgeber bei uns endlich wieder die Hälfte der Beiträge zahlen. Anderswo zahlen sie sogar mehr als das. Dann würden auch höhere Beitragssätze zur Finanzierung von besseren Renten die Beschäftigten wenig belasten. Deutschland kann es sich leisten.

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