Innerhalb weniger Wochen aus dem Umfrage-Tief ins Hoch der Wähler-Gunst?
Was Anfang des Jahres in Polit-Kreisen als Utopie belächelt wurde, scheint der SPD bis jetzt mit ihrem Wahlkampf im Superwahljahr gelungen zu sein.
Wie konnte die SPD dies schaffen?
Nach den enttäuschenden Wahlergebnissen der letzten Jahre wusste man in der Sozialdemokratischen Partei, dass ein Kurswechsel erfolgen musste.
Neben den vielen politischen Themen, wie die die Merkel´sche Flüchtlingspolitik, das Verhältnis Deutschlands zu einem Trump regierten Amerika oder Erdogans Führungsziele, scheint eine Frage die große Mehrheit der Menschen in diesem Land umzutreiben - die Frage nach sozialer Gerechtigkeit.
Genau diese Frage rückt der SPD Kanzlerkandidat und langjährige EU-Parlamentspräsident, Martin Schulz, in den Fokus der gesellschaftlichen Debatte.
Mit dem Eingestehen von Fehlern der Partei ist es Martin Schulz gelungen, WählerInnen zurückzugewinnen.
"Fehler zu machen, das ist nicht ehrenrührig. Wichtig ist, dass diese Fehler korrigiert werden, wenn sie erkannt worden ist. Wir haben sie erkannt.", so Schulz und bezieht damit eindeutig Stellung zu der heftig umstrittenen "Agenda 2010", die unter Schröders Regierungszeit eingeführt worden ist.
Darauf schienen die Menschen gewartet zu haben, denn im Anschluss an diese Aussage, schossen die Umfragewerte in die Höhe und blieben dort. Zusätzlich konnte die SPD über 10.000 Partei-Eintritte verbuchen.
Versprechen und Versprechen halten
Mit der Aussicht auf eine andere, sozial gerechtere Politik, hat sich der neue Sympathieträger der Sozialdemokraten eine schwere Bürde und eine große Verantwortung auf sich genommen.
Sollte es der SPD gelingen, nach der Bundestagswahl im September eine Regierungskoalition anzuführen, so muss Schulz beweisen, dass er nicht nur leere Versprechungen gemacht hat.
Tut er nämlich nicht das, was seine WählerInnen erwarten -wie es schon einmal passiert ist - so wird die traditionsreiche Partei in die Bedeutungslosigkeit versinken - mit unabsehbaren Begleiterscheinungen und gesellschaftspolitischen Folgen.
Schulz´GegnerInnen aus Wirtschaft, Politik, Medien, aber auch aus den eigenen Reihen setzen bereits zum Gegenschlag an. Die Agenda 2010 stehe nicht zur Disposition, so die Gegenseite. Schulz plane wohl lediglich kleinere Korrekturen.
Diesbezüglich wird sich der Hoffnungsträger klarer positionieren müssen. Nur pauschal Lohnerhöhungen zu fordern, reicht nicht. Vielmehr müsse er erklären wie er den Gewerkschaften, deren Aufgabe es ist, Lohnerhöhungen durchzusetzen, den Rücken stärken wird.
Es ist löblich, dass Martin Schulz den "täglich hart arbeitenden Menschen" mehr Beachtung schenkt, dabei darf er aber nicht die Menschen vergessen, die nicht so hart arbeiten können oder nicht arbeiten dürfen. Denn auch sie sind Bestandteil der Gesellschaft und verdienen politische Zuwendung.
Was muss Schulz also tun?
Im Grunde gehört die komplette Armutsmaschine der Agenda 2010 auf den Prüfstand - von den Rentenkürzungs-Programmen über das menschenverachtende Hartz-IV-System und seine disziplinierenden Drohwirkungen auf Millionen abhängig Beschäftigte, über das kommerzialisierte Gesundheitswesen bis zu den Fördergesetzen für den enormen Niedriglohnsektor, der in den letzten Jahren zielgerichtet geschaffen worden ist.
In all diesen Fragen - und natürlich auf einer Reihe von anderen Politikfeldern - wird der Spitzenkandidat der SPD Farbe bekennen, BundesgenossInnen gewinnen und sich auf einen dauerhaften harten Gegenwind einstellen müssen.
Wenn er das wirklich will und er das durchsteht, hat er reelle Chancen, einen grundlegenden Politikwechsel durchzusetzen.