Diese Frage haben sich einige KollegInnen gerade jetzt
während der
Tarifauseinandersetzung
gestellt.
Die Arbeitgeber hatten nicht nur 0 Prozent für 18 Monate und
anschließend 1,2 Prozent für 12 Monate angeboten, sondern auch gedroht, den
Manteltarifvertrag zu kündigen, wenn das „Angebot“ nicht angenommen würde.
Das klingt schon fast nach
Erpressung.
Man würde sich eine freundlichere
Stimmung wünschen.
Schließlich sind auch die Arbeitgebervertreter in der Regel
nur Angestellte und wir wollen doch eigentlich nur alle friedlich
zusammenarbeiten und angemessen entlohnt werden.
Ja, die Abteilungs- oder Gruppenleiter, die versucht haben,
die KollegInnen vom Streiken abzubringen, werden meist auch nach Tarif bezahlt
und schneiden sich ins eigene Fleisch, wenn sie die KollegInnen daran hindern
wollen, für ihre Rechte zu kämpfen.
Schutzmantel
Die Tarifverträge sind der Schutzmantel, der uns vor Willkür und Chaos schützt.
Und dieser Schutzmantel ist so dick und fest, wie wir hinter ihm stehen.
Der Manteltarifvertrag regelt die Kernpunkte unserer
Arbeitsverhältnisse.
Er wird zwischen Arbeitgebern und der Gewerkschaft
abgeschlossen und gilt für alle Gewerkschaftsmitglieder.
Im folgenden einige
wichtige Regelungen aus dem Manteltarifvertrag im Auszug (insgesamt besteht
der MTV aus 19 Seiten).
Arbeitsverhältnis
und Arbeitszeit
Der MTV legt fest, wie das Arbeitsverhältnis zu beginnen
hat, wie lange die Probezeit dauert und wie die Kündigungsfrist innerhalb der
Probezeit ist (4 Wochen).
Er regelt die Teilzeit und die regelmäßige Arbeitszeit.
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 37,5 Stunden, im Monat durchschnittlich
163 Stunden (Arbeitszeitgesetz
werktäglich 8 Stunden, d.h. 48 Stunden
in der Woche, Montag bis Samstag).
Sie verteilt sich auf 5
Tage, grundsätzlich von Montag bis Freitag.
Des Weiteren ist festgelegt, wann und zu welchen Regeln
davon abgewichen werden kann.
Es muss eine systematische und im Voraus planbare Arbeits-
und Freizeitregelung vereinbart sein, unter Beachtung der durchschnittlichen
monatlichen Arbeitszeit von 163 Stunden.
Die geleistete Arbeitszeit darf die aufgelaufene
Regelarbeitszeit nicht mehr als 100 Stunden über- bzw. 20 Stunden
unterschreiten („Gleitzeitsaldo“).
Mehrarbeit und
Zuschläge
Die Mehr-, Nacht-,
Spät-, Sonntags- und Feiertagsarbeit wird geregelt.
Hier steht, wann und mit wie viel Prozent Zuschlag diese
Arbeiten vergütet werden.
Bei Mehrarbeit und wöchentlicher Arbeitszeitregelung gibt es
ab der 40. Stunde Zuschlag, bei
monatlicher Arbeitszeitregelung ab der 8. Überstunde.
Zuschlag – d.h. die Arbeitszeit wird selbstverständlich
vergütet und zusätzlich noch ein Zuschlag gezahlt.
Wenn bei Weltbild 400 Leute 5 Stunden die Woche kostenlos
Mehrarbeit leisten, sind das schon grob und vorsichtig gepeilt ca. 2,3 Millionen Euro im Jahr und noch mal
knapp 300.000 Euro Zuschläge
gespart.
Man sieht, die Vertrauensarbeitszeit rechnet sich für die
Firma, und wie!
Mit dem geschenkten Geld könnte man einige Sommerfeste
finanzieren.
Nachtarbeit ist
angeordnete Arbeit zwischen 20:15 und 6:00 Uhr.
Sonn- und Feiertagsarbeit von 0:00 Uhr bis 6:00 Uhr des
Folgetags.
Für diese Zeiten sind Zuschläge festgelegt, wobei es
gesonderte Zuschläge bei regelmäßigen Arbeiten in dieser Zeit, wie
Schichtarbeit, gibt.
Wird das so gehandhabt? Rückmeldungen gerne an Blog, ver.di
oder Betriebsrat.
Entgelte
Hier wird die Eingruppierung behandelt und der
Auszahlungstermin des Entgelts.
Aber z.B. auch, dass ein Erschwerniszuschlag zu zahlen ist, wenn die Arbeiten in unzulänglichen
Räumlichkeiten verrichtet werden müssen.
Er ist ab dem Termin zu zahlen, an dem beim
Gewerbeaufsichtsamt eine begründete Beschwerde eingereicht wurde, die zu einer
Auflage führte, bis zur Beseitigung der Unzulänglichkeit.
Die zusätzliche Leistung
von 150 Prozent (Urlaubs-, Weihnachtsgeld) ist hier festgelegt.
Auch das Sterbegeld für unterhaltsberechtigte Angehörige ist
definiert.
Urlaub,
Elternzeit, Freistellung von der Arbeit
Der Urlaub beträgt 30
Tage, d.h. 6 Wochen (Mindesturlaubsgesetz/Bundesurlaubsgesetz:
24 Werktage, d.h. vier Wochen. Bei 5-Tagewoche entspricht das 20 Tagen Urlaub)
Die Urlaubsregelung
und die Elternzeitregelung sind
genau festgelegt.
So soll z.B. der Urlaub möglichst zusammenhängend gewährt
und genommen werden und Arbeitnehmern mit schulpflichtigen Kindern auf
Verlangen der Jahresurlaub möglichst während der Schulferien – vor allem in den
Sommerferien – gewährt werden.
Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, aus denen ein
Arbeitnehmer sich von der Arbeit freistellen lassen kann, z.B. Erweiterung der
beruflichen Qualifikation, familiäre Gründe, Ehrenämter und vieles mehr.
Beendigung des
Arbeitsverhältnisses, Zeugnis
Abhängig von der Beschäftigungsdauer ergeben sich
Kündigungsfristen von bis zu sechs
Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres.
Ältere Arbeitnehmer, die dem Unternehmen lange angehören,
können nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.
Während der Kündigungsfrist ist dem Arbeitnehmer die
erforderliche Zeit zur Bewerbung um einen neuen Arbeitsplatz zu geben.
Der Arbeitnehmer hat das Recht auf Zwischenzeugnis und
Zeugnis.
Und vieles mehr.
Fazit
Das war nur eine unvollständige Zusammenfassung der
Regelungen im Manteltarifvertrag.
Gewerkschaftsmitglieder können sich ein Exemplar aushändigen
lassen.
Im MTV sind die Dinge festgelegt, die für uns außer dem Lohn
noch (überlebens-)wichtig sind:
-Arbeitszeit
-Zuschläge
-Urlaub
Das hat die Gewerkschaft für uns erreicht.
Und wir sind quasi täglich dabei, darum zu kämpfen, dass das
so bleibt.
Stellt man die gesetzlichen Regelungen gegenüber, wird klar,
wie wichtig der MTV ist.
Im ungünstigsten Szenario nach der gesetzlichen Regelung arbeiten wir 6 Tage die Woche, 8 Stunden am Tag und haben
vier Wochen Urlaub im Jahr.
Und es entfallen 1,5 Gehälter für Urlaub- und Weihnachtsgeld.
Die Arbeitgeber sollten sich im Klaren darüber sein, dass
sie unsere Belegschaft noch weit über das bisherige mobilisieren werden, wenn
sie den MTV anrühren.
Wer verhindern möchte, dass es überhaupt erst soweit kommt,
ist herzlich willkommen, uns zu unterstützen.
Oder beim VL-Treff unverbindlich vorbeischauen:
Dezember nicht mehr, im neuen Jahr wieder jeden 3. Dienstag im Monat
um 19:00 Uhr im Kappeneck (Jakobervorstadt)