Dienstag, 27. September 2016

Rassismus - Alltagsphänomen oder Hebel des Kapitalismus ?



Ein Virus grassiert derzeit unter der Bevölkerung und verbreitet sich erschreckend schnell.
Braun angehauchte Parteien und Gruppierungen wie die AfD und Pegida oder tiefbraune Parteien wie die NPD erfreuen sich größter Beliebtheit und verbuchen einen enormen Zuspruch.

Wie die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern deutlich gezeigt haben, scheint für einen nicht geringen Teil der deutschen Bevölkerung die AfD tatsächlich eine Alternative für Deutschland zu sein und drückt so ihre Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen politischen Situation unter Führung Angela Merkels aus.
Parolen wie Gutmenschentum, Antifa, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus kursieren in den Medien und sozialen Netzwerken.
Doch was genau versteht man unter Rassismus?

Begriffsklärung


Rassismus ist eine Ideologie, die "Rasse" in der biologischen Bedeutung als grundsätzlichen und bestimmenden Faktor menschlicher Eigenschaften und Fähigkeiten deutet und diese nach Wertigkeit einteilt.
Der Begriff als solches entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Auseinandersetzung mit auf Rassentheorien basierenden politischen Konzepten und diente als Legitimation von Herrschaftsbedürfnissen. Dies hat sich bis heute nicht grundlegend geändert.

In anthropologischen Theorien im Zusammenhang von Kultur und rassischer Beschaffenheit wurde der Begriff "Rasse" mit dem ethnologisch-soziologischen Begriff "Volk" vermengt.

Rassismus zielt aber nicht auf subjektiv wahrgenommene Eigenschaften einer Gruppe, sondern stellt deren Gleichwertigkeit in Frage, was bedeutet, dass Rassismus jeden treffen kann.
Menschen mit rassistischen Vorurteilen diskriminieren andere aufgrund ethnischer Zugehörigkeit, Glaubensrichtungen oder sexueller Orientierung.
Wird bestimmten Gruppen Vorteile, Leistungen oder andere Privilegien verweigert, versteht man das als institutionellen Rassismus.

Rassistische Theorien und Argumentationsmuster dienen der Rechtfertigung  von Herrschaftsverhältnissen und der Mobilisierung von Menschen für politische Ziele.
Als bestes Beispiel hierfür dient das "Dritte Reich", in dem der Begriff "Herrenrasse" geprägt wurde und als Rassismus "von oben" verstanden werden kann.

Die Folgen des Rassismus reichen von Vorurteilen und Diskriminierung über Rassentrennung, Sklaverei, bis hin zu "ethnischen Säuberungen" und Völkermord.

Der Begriff Rassismus überlappt mit dem Begriff "Fremdenfeindlichkeit" und lässt sich meist nur ungenau von diesem unterscheiden. Sozialwissenschaftler unterscheiden allerdings zwischen den beiden Begrifflichkeiten.


Rassismus als Hebel zum Erhalt kapitalistischer Werte


Die moderne Rassismus-Forschung zeigt auf, dass Rassismus keine universelle menschliche Erscheinung ist und dadurch keine natürliche Reaktion auf "Überfremdung" darstellt. Vielmehr entwickelte sich der Rassismus in diesem Maße, wie er heute anzutreffen ist, um soziale Ungerechtigkeiten zu rechtfertigen und um Macht- und Besitzverhältnisse zu verschleiern.
Unsere allgemeine Vorstellung, dass der Begriff "Nation" eine Übereinstimmung von Volk, als ethnische und kulturelle Gemeinschaft, Territorium und Staat ist, ist folglich nicht natürlich oder zwangsläufig, sondern das Resultat historischer und politischer Konstellationen.

Wie die Geschichte gezeigt hat, war es ein langer, zum Teil kriegerischer Weg bis die meisten Staaten die Demokratie als Regierungsform eingeführt haben und diese mit allen Rechten und Pflichten leben.
Wandel und Veränderungen empfinden aber nicht alle gleich gut. Viele fürchten Einbußen auf politischer, als auch materieller Ebene.
Um nicht ganz legale Unternehmungen, fragwürdige Entscheidungen, unbequeme Wahrheiten  zu verdecken oder schlicht den "Status Quo" zu erhalten, arbeiten die sogenannten Machteliten mit unlauteren Methoden, diskriminieren und benachteiligen die einen, um andere - meist aus den eigenen Reihen - zu privilegieren. Im schlimmsten Falle werden Kriege geführt.
Denn gerade der Krieg sichert das Überleben des Kapitalismus.
Gezielt steuern die führenden Köpfe politische Desorientierung mit dem Hintergrund, dass ihre Entscheidungen als gegeben akzeptiert und nicht mehr hinterfragt werden.

Schleichend untergräbt somit der Kapitalismus das Ideal der Demokratie.
Doch die Demokratie, die von den "westlich-orientierten" Staaten als Vorzeigemodell für die gesellschaftliche Organisationsform lobgepriesen wird, scheint immer mehr der Entmenschlichung zu dienen.
Wir haben zwar klare Vorstellungen davon, wie wir uns Demokratie tatsächlich wünschen, dennoch sind wir von einer möglichen Lösung weit entfernt.

Prof. Dr. Rainer Mausfeld, deutscher Psychologe und Hochschullehrer, bringt das Thema auf den Punkt:
"Je autoritärer eine gesellschaftliche Organisationsform ist, umso eher neigt sie dazu, zu menschenunwürdigen Zuständen und Barbarei zu führen. Das gilt auch für Organisationsformen innerhalb demokratischer Gesellschaften, etwa von Großkonzernen, die in höchstem Maße totalitär organisiert sind."

Was ist also zu tun?


Wir müssen damit beginnen, unser eigenes, individuelles Wertesystem zu hinterfragen. 
Nur wer versteht, dass das, was für einen selbst recht ist, auch als universelles Menschenrecht, ohne Ausnahme, Ausgrenzung oder Diskriminierung, angesehen werden muss, überwindet Rassismus und steht für die Ideale einer echten, humanitären Demokratie.

Quellen:
www.wikipedia.de

Mittwoch, 21. September 2016

Gegen die Amazonisierung


Die Wirtschaft befindet sich natürlich in einem permanenten Wandel. Nichts bleibt beständig so, wie es einmal war. Die Frage ist bloß: In welche Richtung verändert sich die Wirtschaftswelt, die maßgeblich das gesellschaftliche Leben in unserem Land bestimmt?

Vor wenigen Wochen nahm DGB-Chef Reiner Hoffmann an einer Betriebsversammlung von Amazon in Bad Hersfeld teil, begleitet von einer spontanen Streik-Aktion vor den Werkstoren. (Link zum Bericht in der Hessenschau )

Im hessischen Bad Hersfeld kämpfen die Beschäftigten schon seit über 3 Jahren für die Einführung des Einzelhandel-Tarifes. Doch nach wie vor stemmt sich der Handelsriese Amazon mit aller Macht gegen eine Tarifbindung. Die vielen Amazon-Beschäftigten in Graben, im Süden von Augsburg, können ebenfalls ein Lied davon singen.

Unternehmen entziehen sich ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung


Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann warnte deshalb in Bad Hersfeld vor einer Amazonisierung Deutschlands. Der Internet-Händler sei exemplarisch dafür, wie Unternehmen verstärkt aus der Bindung an Tariflöhne und Tarifverträge ausbrechen. Allein in Hessen sind demnach nur noch 32% der Unternehmen in der Tarifbindung. Vor 15 Jahren waren es noch 46%. Eine alarmierende Entwicklung!


Bild: hessenschau, copyright hr

Die Tendenz jedenfalls ist klar: Die Entwicklung gehe eindeutig in die Richtung, dass sich Unternehmen in Deutschland zunehmend ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung entziehen, warnte DGB-Chef Hoffmann.

Und da wir gerade beim Thema sind: Die Droege Group löst das Problem mit der bisherigen Tarifbindung der Weltbild Logistik so, dass sie diesen Unternehmensteil auflöst und über externe Dienstleister ins Ausland verlagern will. Die ALSO-Logistik, die dann später das moderne Hochregallager in Augsburg wieder in Betrieb nimmt, stellt dort mit Sicherheit Leute ein – ohne Tarifvertrag. Die Aktionäre der ALSO wird es freuen, wenn solch ein Vorgehen viel Geld in ihren Säckel spült. Willkommen in der schönen neuen Arbeitswelt!

Was sich in den einzelnen Unternehmen vor Ort abspielt, ist im Prinzip genau das, was auch im großen wirtschaftlichen Rahmen vor sich geht. Und das ist sicher nicht die Form von wirtschaftlichem Wandel, die man sich für unser Land wünscht, oder?



Dienstag, 13. September 2016

Alles gut in der Arbeit?


Demnächst bei Weltbild: Ein anonymer Fragebogen zur gesundheitlichen Gefährdungsbeurteilung 

Was ist eine Gefährdungsbeurteilung und wozu dient sie?
Zunächst einmal ist das keine esoterische Veranstaltung, die sich jemand ausgedacht hat, um Unternehmern das Leben schwer zu machen. Ganz im Gegenteil: Eine solche Maßnahme dient dazu, die physische und psychische Belastung am Arbeitsplatz herauszufinden. Bei Menschen, die beispielsweise schwer körperlich arbeiten, geht die hohe physische Belastung meist direkt auf die Knochen. Bei Büro-Arbeitsplätzen rückt öfter die psychische Belastung in den Vordergrund, z.B. durch Stress und Arbeitsverdichtung wegen Stellenstreichungen, steigendem Erfolgsdruck etc. Aber auch langes Sitzen, Bildschirmarbeit, schlechte Lichtverhältnisse oder Lärm in Großraumbüros können sich körperlich negativ auswirken. Jeder Mensch ist unterschiedlich belastbar und kann unterschiedlich viel Stress verkraften. Wen die Arbeit krank macht, der wird jedenfalls keine Chance haben in gesunder Verfassung das Rentenalter zu erreichen.


Logo: Ver.di-Kampagne Gute Arbeit

Im Prinzip profitiert jeder von einer Gefährdungsbeurteilung: Die Arbeitnehmer, weil die Auswertung dazu führen soll, dass sie keinen zu großen Belastungen ausgesetzt werden. Und die Arbeitgeber, weil ihre Mitarbeiter fit und wettbewerbsfähig bleiben und weniger Krankheitstage die Firma finanziell entlasten.

In ein paar Wochen startet ein anonymer Online-Fragebogen bei Weltbild. 

Die gesetzliche Grundlage liefern das Betriebsverfassungsgesetz und weitere Gesetze zum Gesundheitsschutz. Nach §87 Abs. 1 Satz 7 hat der Betriebsrat mitzubestimmen über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften.  Davon einmal abgesehen, steht in einem Arbeitsvertrag lediglich, dass man seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Nirgendwo steht geschrieben, dass man sich dafür körperlich oder seelisch kaputt machen muss.

Die Arbeitssituation bei Weltbild ist nach der Insolvenz von 2014 nach wie vor angespannt. Der BR hat in der Betriebsvereinbarung zum Umzug der Verwaltung einen Passus festschreiben lassen, der den Arbeitgeber dazu anhält, noch in diesem Jahr eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Nähere Informationen dazu werden in den nächsten Wochen folgen. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter sollte sich dann, wenn es los geht, ein paar Minuten Zeit nehmen für den anonymen Fragebogen. Nur so lässt sich feststellen wie die aktuelle Arbeitssituation aussieht und was sich gegebenenfalls ändern muss, um "Gute Arbeit" zu erreichen. Macht mit!


Sonntag, 11. September 2016

Warten, bis der Arzt kommt (2)


Ein interessanter Artikel aus der ver.di-Zeitschrift PUBLIK über die Zustände im Gesundheitswesen der USA: Warten, bis der Arzt kommt

Fortsetzung:




Amanda Amezcua (oben links) leidet mit ihrem Mann, der vier Zähne gezogen und weitere gefüllt bekommt. 20.000 Dollar sollten die Zahnbehandlungen beim regulären Zahnarzt kosten
Stella Garland (oben rechts) ist das erste Mal bei RAM und bekommt ihre erste Brille verschrieben. Sie ist zwar krankenversichert, jedoch nicht für Zahn- und Augenbehandlungen
"Mein Job als Mutter ist, dafür zu sorgen, dass mein Sohn ein Dach über dem Kopf hat. Mein Lohn ist, dass ich umsonst mit darunter leben kann, mehr als seine Rente haben wir nicht." Debbie Brown kann nicht arbeiten gehen, da sie keine Betreuung für ihren geistig behinderten Sohn Casey hat (oben)


Die sechsköpfige Familie Love aus dem nahegelegenen Cedar Bluff stand in Grundy bei Regen und Wind mit 650 Wartenden für Augen- und Zahnbehandlungen an. Sie planen die jährlich stattfindende Klinik jedes Jahr fest ein. Sechs Mal waren sie schon da. Einmal haben sie ausgesetzt. "Wir wollen nicht gierig sein und andere brauchen die Behandlung auch", erklärt James Love. Er hat einen Teilzeitjob für zehn US-Dollar die Stunde. Michelle, seine Frau, hat zwei Jobs zum Mindestlohn. Die erwachsenen Kinder arbeiten ebenfalls auf Teilzeitstellen. Das Familieneinkommen reicht nicht für den Monat, deshalb stocken sie mit Lebensmittelspenden von der Kirche auf, züchten Geflügel und haben zwei Schweine im Garten, um über die Runden zu kommen.

2013 führte US-Präsident Barack Obama die von den Republikanern vehement abgelehnte Krankenversicherungspflicht und Mindeststandards für Krankenversicherungen ein. 15 Millionen Menschen haben seither Zugang zu einer Krankenversicherung erhalten. Doch trotz der sogenannten ObamaCare hat noch immer jeder zehnte US-Amerikaner keine Krankenversicherung. Menschen wie Robert Brown und die Familie Love können sie nicht bezahlen. Sie stecken im Teufelskreis von Armut, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Teilzeitarbeit fest. Hinzu kommt, dass nur zehn Prozent aller Ärztinnen und Ärzte in den ländlichen Regionen arbeiten, wo fast ein Fünftel der US-amerikanischen Bevölkerung lebt.


Für die sechsköpfige Familie Love (links) ist die jährlich stattfindende mobile Klinik in dem nahegelegenen Ort Grundy, Virginia, ein fester Termin im Jahr

Das Gesundheitssystem wird wieder eines der wahlkampfbestimmenden Themen bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen sein. Die republikanische Partei möchte den vor gerade einmal drei Jahren eingeführten Affordable Care Act, so heißt ObamaCare offiziell, am liebsten gleich wieder abschaffen. Eine Gesundheitsversorgung für alle, wie die Demokraten es wollen, bezeichnen sie als Sozialismus.

Zum Sehtest ins Klassenzimmer


In der gut geheizten Eingangshalle der Chester County Grundschule werden alle Patientinnen und Patienten erst einmal registriert, nach Vorerkrankungen und Medikamenten befragt und dann von Pflegekräften allgemeinmedizinisch untersucht. Hier fragt niemand nach einer Krankenversicherung oder dem Einkommen. Auf den Zuschauerplätzen in der Sporthalle warten sie im Anschluss auf ihre Zahnbehandlung. In den Fluren vor den Klassenzimmern auf einen Sehtest, gynäkologische Untersuchungen oder Diabetesberatung.

Robert Brown stellt sich nach seiner Zahnbehandlung wieder hinten an und kann sich noch für die Augenuntersuchung registrieren. Tim und Samantha warten bis in den Nachmittag. Den ganzen Tag schauen sie auf die 40 Behandlungsstühle mitten in der Turnhalle, an denen Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie Studierende der Zahnmedizin, betreut von ihren Professoren, Zähne ziehen, füllen und reinigen. Langwierige Maßnahmen zum Erhalt der Zähne gibt es hier nicht, da eine Folgebehandlung nicht möglich ist und ein gezogener Zahn normalerweise keine Probleme mehr bereiten kann. 523 Zähne werden an diesem Wochenende gezogen. 508 Menschen medizinisch behandelt, beraten, mit Zahnbürsten, Medikamenten und 456 Brillen versorgt.

120.530 Stunden unbezahlter Arbeit


29.000 Menschen hat RAM im letzten Jahr mit seinen Ehrenamtlichen in 120.530 Stunden unbezahlter Arbeit etwas Linderung verschaffen können. Doch Stan Brock weiß, dass die medizinische Hilfe von RAM nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Deshalb macht er sich stark für eine universelle Krankenversicherung, die in anderen Ländern der Welt deutlich besser funktioniere, als das amerikanische System. Er sagt, die unzureichende Gesundheitsversorgung sei für 33 Millionen US-Amerikaner/innen nach wie vor täglich aktuell.

Freitag, 9. September 2016

Warten, bis der Arzt kommt (1)


Ein interessanter Artikel aus der ver.di-Zeitschrift PUBLIK über die Zustände im Gesundheitswesen der USA: Warten, bis der Arzt kommt



In den Morgenstunden warten Patientinnen und Patienten auch im Regen darauf, dass um sechs Uhr die Türen zur Schule und Behandlung geöffnet werden (ganz links)
Während der Klinik-Einsätze der Organisation Remote Area Medical (RAM) wird an bis zu 100 Behandlungsstühlen zeitgleich gearbeitet; Zähne gefüllt, gezogen und gereinigt (mitte)
Robert Brown (rechts) verlor bei einem Arbeitsunfall ein Augenlicht. Seinen Beruf kann er deshalb nicht mehr ausüben. Der Schaden an seinem Auge ist operabel, doch die Behandlung kann er nicht finanzieren
FOTOS: JELCA KOLLATSCH


Wer in Amerika nicht genug Geld hat, kann sich meistens keine ärztliche Behandlung leisten. Die Organisation RAM bietet armen Menschen kostenlose Behandlungen an, aber der Weg zu den mobilen Einrichtungen ist oft weit, die Wartezeiten sind lang. Eine Fotoreportage aus einem Land, in dem Armut krank macht

Von Jelca Kollatsch

Bei Temperaturen um die Null Grad steht Robert Brown in Henderson/Tennessee in einer langen Schlange Wartender. Am Vormittag des Vortages ist er angekommen und damit die Nummer 12 in der Reihe von etwa 500 Menschen. Eingemummt in wärmende Decken trotzt er gemeinsam mit den anderen der Kälte. Sie verbringen das lange Warten über Nacht in ihren Autos, diejenigen, die kein Auto haben, in Zelten. Sie lesen, essen, schlafen oder erzählen sich gegenseitig ihre Lebensgeschichten.

Sie alle warten auf medizinische Hilfe. Robert Brown hat Zahnschmerzen, und er braucht eine neue Brille. Mit ihm stehen auch Tim Cope und seine Verlobte Samantha an. Sie konnten erst am Abend nach der Arbeit aus dem 450 Kilometer entfernten Jamestown in Ost-Tennessee losfahren, ihre vier Kinder haben sie bei Verwandten abgegeben. Sie sind erst in der Nacht angekommen und hoffen, noch an die Reihe zu kommen. Tim hat sich kürzlich einen kaputten Zahn mit Sekundenkleber gefüllt und einen anderen selbst gezogen. Der Schmerz war einfach nicht mehr auszuhalten. Auf dem Parkplatz der Chester County Junior High School in Henderson, im Westen Tennessees, hofft er jetzt auf eine richtige Zahnbehandlung.

Manche kennen den Ablauf, sie kommen nicht zum ersten Mal. Pünktlich um sechs öffnet sich die Tür zur 786. mobilen kostenfreien Klinik in den USA von "Remote Area Medical", RAM. Aus dem Eingang tritt Stan Brock, der Leiter der Non-profit-Organisation, die die Klinik betreibt. Er begrüßt die Wartenden und ruft sie der Reihe nach auf.

26 Tage Fußmarsch


Mitte der 1980er Jahre gründete der Brite Brock die Organisation RAM, um medizinische Versorgung in entlegene Regionen der Welt zu bringen. Auslöser war ein schwerer Arbeitsunfall, den er als junger Cowboy in British Guinea überlebte. Der nächste Arzt war damals 26 Tage Fußmarsch entfernt.

Als Reaktion auf die sichtbare Not versorgten Ehrenamtliche der Nichtregierungsorganisation Anfang der neunziger Jahre erstmals Menschen auch in den USA. Heute finden fast 70 Prozent der Einsätze in den USA statt.

Für dieses Wochenende hat Brock die Junior High School mit seinem Team in eine provisorische Klinik verwandelt. 272 Ehrenamtliche bieten all jenen medizinische Behandlungen an, die sich einen Arztbesuch in den USA nicht leisten können. Drei Wochen zuvor waren sie in Grundy, Virginia, mitten in Appalachia. In der 530.000 Quadratkilometer großen Region im Osten der USA ist die Not mit am größten. Geschätzte 180.000 Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen sind dort noch immer von regulärer Gesundheitsversorgung ausgeschlossen, deshalb hat RAM ein Hilfsprogramm speziell für diese Region gegründet.

Fortsetzung folgt...


Dienstag, 6. September 2016

Stopp CETA und TTIP

Komm mit nach München!
 

Wir organisieren Busse aus dem ganzen ver.di-Bezirk Augsburg
Anmeldung per E-Mail an: antonia.seefried@verdi.de


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