Dienstag, 28. Juli 2015

ver.di: "Droege macht Kasse auf Kosten der Allgemeinheit"


Die offizielle Presse-Mitteilung der ver.di:

Heute Morgen hat Reiner Wenz, Geschäftsführer der ALSO Logistic Services, einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht gestellt. Der Logistik-Dienstleister bildet einen gemeinsamen Betrieb mit der WELTBILD in Augsburg. Beide Unternehmen gehören mehrheitlich dem Düsseldorfer Milliardär Walter P. Droege. Er hatte das Unternehmen erst im September 2014 von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz übernommen.

Aus Sicht der Gewerkschaft ver.di wurde die erneute Insolvenz gezielt herbeigeführt: „Das ist der Versuch des Milliardärs Walter Droege, sich auf Kosten der Allgemeinheit weiter zu bereichern“, sagt Thomas Gürlebeck, ver.di-Sekretär für den Handel in Augsburg. „Droege wälzt alles auf den Steuerzahler ab: Insolvenzgeld, Arbeitslosengeld, Sozialversicherungen.“

„Das der ALSO-Konzern, zu dem auch die Augsburger Logistik gehört, zeitgleich mit dem Insolvenzantrag, gestiegene Jahresgewinne von über 36 Millionen Euro meldet und im gleichem Atemzug die Augsburger Verluste von ca. 4 Millionen im ersten Halbjahr als Grund für die Insolvenz angibt, ist skandalös“, sagt Gürlebeck. Grund genug für Gewerkschaftssekretär Gürlebeck misstrauisch zu werden: „Wir werden das Insolvenzverfahren genau beobachten. Wenn Droege in seiner Gier die Grenzen der Legalität überschreitet, wird das nicht folgenlos bleiben.“

Bei WELTBILD/ALSO in Augsburg sind die Menschen schockiert. Betriebsratsvorsitzender Peter Fitz: „Die Kolleginnen und Kollegen haben in der schwierigen Situation seit der ersten Insolvenz ihr Letztes gegeben. Die Leute sind einfach nur noch fertig und enttäuscht: Niemand versteht, wie Walter Droege das einfach so mit ihnen machen kann.“ Fitz weiter: “Das die Geschäftsführung von ALSO es bis heute nicht umsetzen wollte, mandantenfähig zu werden sowie das zwingend erforderliche Drittgeschäft in Augsburg zu platzieren, ist die größte Ursache dieser Insolvenz. Keinerlei tragfähige Geschäfte wurden dem Betriebsrat vorgestellt, die die Zukunft des Unternehmens gesichert hätten. Die Vorschläge der Arbeitnehmerseite wurden abgetan. Dafür, dass die Manager dazu entweder nicht willens oder in der Lage waren, sollen jetzt die Lageristen mit ihrer Existenz bezahlen.“

Zumal die Insolvenz aus Sicht der Belegschaft nicht nachvollziehbar ist: „Es ist ja nicht so, dass die ALSO in Augsburg ohne Vermögen dasteht. Ihr gehören Gebäude und Maschinen im Millionenwert“, berichtet ver.di-Betriebsgruppensprecher Timm Boßmann.

Ver.di und Betriebsrat werden, wie auch schon in der Vergangenheit, alles daran setzen, die Zukunft der Beschäftigten in Augsburg als Ganzes zu sichern. Weltbild Retail und ALSO Logistic sind ein Gemeinschaftsbetrieb und können nur gemeinsam existieren und erfolgreich sein.

Augsburg, den 28.07.2015

Droeges nächster Schachzug: ALSO-Logistik planvoll in die Pleite


Heute morgen informierte ALSO-Geschäftsführer Reiner Wenz den Betriebsrat über den Insolvenzantrag unserer Logistik. Die ALSO AG verweigert der Augsburger Tochter jede weitere Finanzierung. 

Gleichzeitig meldet eben diese ALSO AG ein Umsatz-Plus von 11,9 % gegenüber Vorjahr auf insgesamt 3,67 Milliarden Euro Umsatz. Auch der Gewinn vor Steuern stieg trotz der Verluste in Augsburg von 30,5 Mio. auf 36,2 Mio. Dem gegenüber stehen Verluste bei ALSO in Augsburg von 4 Mio. im ersten Halbjahr. Die  Insolvenz ist damit eine freie Entscheidung der Gesellschafter der ALSO AG, deren Kopf und Mehrheitsgesellschafter Walter Droege ist.

Parallelen zwischen LesensArt und ALSO

Nach der undurchsichtigen Insolvenz bei LesensArt ist die Plan-Insolvenz von ALSO der nächste Schritt im Masterplan von Droege. Der Milliardär verfolgt offenbar weiter das Ziel, den Markenkern von WELTBILD zu isolieren und daraus schnellen Gewinn zu ziehen. So wurde die Insolvenz der ALSO gezielt herbeigeführt: 1. Durch das Abziehen der Aufträge von WELTBILD, indem das Werbebudget extrem reduziert und gleichzeitig der Einkauf bei Großhändlern forciert wurde, die selbst ausliefern. 2. Durch die Verhinderung des Drittgeschäfts, indem dafür notwendige und bereits vereinbarte Investitionen nicht getätigt wurden.

Der Zeitpunkt kurz vor dem nächsten Treffen der Einigungsstelle legt die Vermutung nahe, dass Droege um den Sozialplan herumkommen möchte, den seine VertreterInnen in der Einigungsstelle bereits vorgelegt hatten. Dieser Entwurf enthielt genau dieselben Regelungen, die von der Gewerkschaft im Sozialtarifvertrag 2014 ausgehandelt worden waren. Möglicherweise versucht Droege nun eine ähnliche Taktik wie beim Verkauf der WELTBILD-Filialen an LesensArt und der darauf folgenden Pleite: Die Mitarbeiterinnen und deren Familien sind dem Milliardär keinen Euro wert.

Wie geht es die nächsten Wochen weiter?

PLAN-Insolvenz heißt, dass die Geschäftsführung (Reiner Wenz) im Amt bleiben soll, unterstützt durch den Sachwalter einer Insolvenzverwaltung, der ihn im Namen der Gläubiger kontrolliert. Der Betrieb wird aufrecht erhalten. Derzeit kümmert sich ein  Anwalt aus Düsseldorf um die Organisierung des Insolvenzgeldes. Eigentlich wäre heute die Gehaltszahlung fällig gewesen, voraussichtlich müssen die KollegInnen der ALSO mit einer 1 Woche Verzögerung rechnen. Grundsätzlich ist das Einkommen der Menschen für 3 Monate gesichert.

Der Betriebsrat hat heute wenige Stunden nach dem Gespräch mit Wenz eine erste  Betriebsversammlung durchgeführt und die KollegInnen über die Ereignisse informiert. Fest steht bereits, dass Gewerkschaftssekretär Thomas Gürlebeck von ver.di die Ansprüche der Belegschaft im einzurichtenden Gläubiger-Ausschuss vertreten wird. Alles weitere ist momentan offen. Der Betriebsrat wird sich mit seinen Beratern und Anwälten besprechen und auch Kontakt mit Arndt Geiwitz aufnehmen. Zunächst muss ausgelotet werden, was realistische Ziele und Möglichkeiten in dieser schwierigen Situation sind, dann wird sofort die Belegschaft informiert. Der Termin für die Betriebsversammlung am kommenden Dienstag bleibt deshalb bestehen.

Migrationsausschuss ver.di Augsburg stellt sich vor


Am 29. Juni 2015 wurde in Augsburg der Migrationsausschuss gegründet. Wir sind 8 ver.di-Mitglieder, die sich für gleiche Rechte und Chancen sowie gegen Diskriminierung in Betrieben, Institutionen und Verwaltungen einsetzen. 
von li. nach re: Ellen Blom, Dolores Sailer (Vorsitz), Roland Baqué, Orhan Öztürk, Frédéric Zucco, Ibrahim Yarasir, Sara De Santi (stellv. Vorsitz) und Rahmi Yarasir (nicht auf dem Bild)
Unsere erste Aktion war die Beteiligung am Sommerfest des Integrationsbeirates am 18. Juli auf dem Rathausplatz. Wir hatten hier einen Infostand aufgebaut. Dieser wurde nach einem kleinen Regenschauer vormittags sehr gut besucht.



Gefragt waren Flyer über die Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen. Hier bietet Tür an Tür e.V. Beratung an. Auch die Flyer des DGBs über Mindestlohn in verschiedenen Sprachen waren sehr begehrt. Dass die DGB-Mindestlohn-Hotline mehrere Sprachen anbietet, wussten viele nicht. Deswegen hier nochmal die Info:

Die DGB-Mindestlohn-Hotline: 0391/4088003 (zum Festnetztarif) ist von Montag bis Freitag von 7 bis 20 Uhr sowie von Samstag von 9 bis 16 Uhr zu erreichen. Die KollegInnen bieten folgende Sprachen an: Deutsch, Englisch, Türkisch, Bulgarisch, Mazedonisch, Polnisch, Kroatisch, Rumänisch, Serbisch und Ungarisch.

Dies war gewiss nicht unsere letzte Aktion, sondern der Auftakt. Weitere Aktionen werden hier rechtzeitig bekannt gegeben.

Montag, 27. Juli 2015

Solidaritätserklärung des GBR der WELTBILD/Jokers-Filialen


Wir geben hier ein Solidaritätsschreiben des Gesamtbetriebsrats der Filialorganisation WELTBILDplus/Jokers an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von LesensArt wieder:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 
am Donnerstag haben wir erfahren, dass die LesensArt Rüdiger Wenk GmbH die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt hat. Auch wenn die Entwicklung der vergangenen Wochen bereits befürchten ließ, dass etliche Arbeitsplätze gefährdet sind, so hat diese Nachricht natürlich auch bei uns große Bestürzung und Sorge hervorgerufen.

Auch wenn wir durch den Verkauf der Filialen getrennt wurden, so waren wir doch die letzten Monate durch viele Gemeinsamkeiten geeint: die Sorge um die Zukunft der Arbeitsplätze; der  Kampf für die Umsetzung zukunftsfähiger Konzepte; das Beharren auf der Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte. All die arbeitgeberseitig gebrochenen Versprechen, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der Sanierung mit ins Boot zu holen und Know-how und Potential derjenigen zu nutzen, die tagtäglich in den Filialen stehen und die Kundenbedürfnisse am besten kennen.  
Lieber Gesamtbetriebsrat, fassungslos macht uns in diesem Zusammenhang vor allem, dass Ihr von der Beantragung des Insolvenzverfahrens aus der Presse erfahren musstet. Dies ist sicherlich der Höhepunkt der Missachtung eurer Rechte - und ein Negativbeispiel für den Umgang mit Betriebsräten!  
Doch wir wissen, dass Ihr auch in dieser Situation stark bleibt und alle notwendigen Maßnahmen einleiten werdet, um die Interessen der durch euch vertretenen Arbeitnehmer_innen auch weiterhin bestmöglich zu wahren. Und unabhängig davon, was die Zukunft bringt: Letztendlich geht es auch darum, Aufklärungsarbeit zu leisten und zu verhindern, dass die Verantwortlichen zukünftig die Möglichkeit haben, derart destruktiv und rücksichtslos zu agieren - unabhängig davon, welche Namen die Verantwortlichen tragen.  
Auch wir wissen momentan nicht, welche Konsequenzen das derzeitige Geschehen auf unsere Zukunft haben wird und wie sich die noch vorhandenen Verflechtungen zwischen den Unternehmen nun gegebenenfalls auswirken werden.  
Doch unabhängig davon, welche Wege nun bei euch und uns zu gehen sind: Lasst uns diesen Weg auch weiterhin aufrecht und solidarisch gehen!   

Mit kollegialen Grüßen, Euer Gesamtbetriebsrat 

Betriebsversammlung: Einigungsstelle und wirtschaftliche Lage


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

am Freitag, 31. Juli, findet die zweite Sitzung der Einigungsstelle statt. Am Montag, 3. August, tritt der Wirtschaftsausschuss zusammen. Wir möchten euch ganz aktuell und umfassend informieren und laden deshalb zur Betriebsversammlung ein:

Dienstag, 4. August, 
10:00 Uhr
Halle Deutsche Papier 
(Steinerne Furt 75)

Tagesordnung: 

  • Bericht über die Verhandlungen in der Einigungsstelle 

  • Darstellung der wirtschaftlichen Lage durch die Geschäftsführung 
  • 
Das meint die Gewerkschaft (Thomas Gürlebeck, ver.di) 




Donnerstag, 23. Juli 2015

LesensArt pleite: Was wird aus den 350 MitarbeiterInnen?


Leider keine Überraschung: Die LesensArt GmbH von Rüdiger Wenk meldete gestern Insolvenz an. Das berichtet heute der buchreport.

Wenk hatte erst im Februar rund 70 Filialen von WELTBILDplus übernommen. Seine LesensArt GmbH hatte ein Stammkapital von 25.000 Euro. Mit der Übernahme der WELTBILD-Standorte wurde LesensArt gleichsam über Nacht zum drittgrößten Buchhändler der Republik.

Dafür hat Wenk vor allem defizitäre Filialen in Centern mit besonders hohen Mieten übernommen. Sein Sanierungskonzept umfasste gerade mal anderthalb DIN A4-Seiten. Branchenkenner zweifelten sofort an der Seriosität des Geschäftsmodells. Der Betriebsrat in Augsburg warnte vor dem Verkauf und fürchtete, das eigentliche Ziel des Deals sei die billige Entsorgung von MitarbeiterInnen ohne Sozialplan. Trotzdem verkaufte Walter Droege die Filialen samt Belegschaft an den dubiosen Geschäftsmann aus Ahaus.

Bizarres Geschäftsgebaren mit Cowboyhut

Danach mehrten sich Meldungen über bizarre Vorgänge bei LesensArt: Eine Büroadresse, für die Wenk keinen Mietvertrag hatte. Ein Berater, der mit Cowboyhut vor die Presse trat und seinen Namen nicht verraten wollte. Ein Immobilienmakler, der Mietverträge neu verhandeln sollte, aber angeblich Hausverbot in den meisten Centern hat. Der „Cowboy“ – Bernhard Ludwig Winkelhaus mit Namen, wie schließlich herauskam – der Filialleiter zur Übernahme ihrer Filialen drängte und gegen hohe Gebühren Kredite vermitteln wollte…

Schließlich die Weigerung vieler Vermieter, die Mietverträge für die Filialen auf Wenk zu überschreiben. Mit der Folge, dass WELTBILD bis heute die meisten der teuren Mieten bezahlen muss. Am Ende Schließungen im Wochentakt, oft ohne Ankündigung, gleichsam „über Nacht“ und die Freistellung des Personals…

Offener Brief an Walter Droege blieb ohne Antwort

Über all das hat der Gesamtbetriebsrat der LesensArt die Öffentlichkeit informiert und sich schließlich in einem Offenen Brief an Walter Droege, Patrick Hofmann und Arndt Geiwitz mit der Bitte um Hilfe gewandt. Vergeblich: Der Brief blieb ohne Antwort.

Jetzt die Pleite. Wie und ob sich die Insolvenz auf WELTBILD auswirkt, ist noch unklar. Für die 350 KollegInnen, die Walter Droege und Rüdiger Wenk vertraut hatten, sind die Folgen jedenfalls fatal: Sie stehen vor dem Nichts.

Mittwoch, 22. Juli 2015

Gratulation: 1.000.000 Seitenaufrufe beim Weltbild-ver.di-Blog


Liebe Kolleginnen und Kollegen bei Weltbild, 

eine Million Besucherinnen und Besucher auf den Seiten eures Weltbild-Blogs – das ist ein Ereignis und Ergebnis engagierter Gewerkschaftsarbeit über viele Jahre hinweg. Chapeau!

Was vor Jahrzehnten das Schwarze Brett, die Betriebszeitung und Flugblätter zu gewährleisten hatten, eine betriebliche Öffentlichkeit, sieht im Zeitalter der Digitalisierung nicht nur anders aus, es funktioniert auch anders. Ihr habt die neuen Möglichkeiten der digitalen Technologien frühzeitig erkannt und 2009 für eure Gewerkschaftsarbeit die Konsequenz gezogen: www.weltbild-verdi.de war Pionierarbeit. Ein innovatives Medium für Antworten auf die Fragen und Probleme, die Kolleginnen und Kollegen bei Weltbild bewegen – und davon hat es in den vergangenen Jahren weiß Gott mehr als genug gegeben.

Frank Bsirske, Vorsitzender der ver.di
Unsere Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft hat einen starken, neuen Kommunikationskanal eröffnet, der weit über diesen einen Betrieb hinaus ausstrahlt. Das habt ihr tatkräftig unterstützt – vielen Dank auch für diese Art von gelebter Solidarität. Mittlerweile haben wir es auf eine stattliche Blog-Familie gebracht, die insgesamt rund fünf Millionen Seitenaufrufe stark ist.

Das Weltbild-ver.di-Blog wird ausschließlich von Aktiven im Betrieb betreut. Über 750 Artikel wurden geschrieben, die zu annähernd 5.000 Kommentaren ermuntert haben. Hier zeigt sich die neue „Lebensweise“ eines Weblogs gegenüber den herkömmlichen Medien der Betriebsöffentlichkeit des Printzeitalters. Die per Internet ausgelösten Dynamiken haben zur Weiterführung des Betriebs nach der Insolvenz beigetragen, somit Arbeitsplätze retten geholfen und die Vielfalt in der Verlags- und Vertriebslandschaft gestärkt.

Sicher habt ihr noch so manche schwierige Wegstrecke vor euch, für die ich euch bei der Gelegenheit schon mal viel Kraft und Erfolg wünsche.

Doch für den Moment gibt es etwas zu feiern – den millionenfachen Erfolg eures Weblogs – herzlichen Glückwunsch dazu!

Euer Frank Bsirske
Berlin, 22. Juni 2015

Dienstag, 21. Juli 2015

Tarifabschluss Buchhandel: Ohne Weltbild wird es schwierig


Auch wenn der Tarifvertrag Buchhandel/Buchverlage Bayern für uns bei WELTBILD nur noch im Rahmen des § 613a BGB bis Oktober gilt, möchten wir euch kurz zum jüngsten Abschluss informieren:

Nach über einem Jahr zäher und stockender Verhandlungen zwischen ver.di und dem Arbeitgeberverband ist im Juni ein  Tarifabschluss gelungen, der allerdings kein Anlass zur Freude ist. Vereinbart wurde nämlich, dass es bis zum 1.1.2016 keine Entgelterhöhung gibt, ver.di kann eine neue Forderung erst nach Jahreswechsel und für die Zeit ab dem 1.1.2016 stellen. Der von Arbeitgeberseite gekündigte Manteltarifvertrag (MTV) wird rückwirkend zum August 2014 wieder geschlossen und kann erstmals wieder zum 31.03.2016 gekündigt werden.

Ohne Streikdruck geht es nicht

Dieser Abschluss ist ein deutlicher Warnschuss an die Belegschaften in der Buchbranche, denn er gibt den tarifgebundenen Beschäftigten nur noch eine kurze „Galgenfrist“. Anders als in den letzten Jahren gab es ohne den Streikdruck – z.B. durch die Kolleginnen und Kollegen bei Weltbild – in diesem Jahr keine Möglichkeit, eine Entgelterhöhung auszuhandeln. Anfang 2016 kann dafür ein neuer Anlauf genommen werden, dessen Erfolg aber im Wesentlichen von den Aktivitäten der Beschäftigten abhängt.

9 Monate Galgenfrist

Der MTV wird die Branche noch für 9 Monate zusammenhalten. Leider ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeberverband den MTV erneut kündigen und im Frühjahr gravierende Verschlechterungen des MTV fordern wird.

Höchste Zeit, dass die Beschäftigten sich mit dieser Situation auseinandersetzen, sich organisieren und engagieren, um zu verhindern, dass dieser (sehr gute!) Manteltarifvertrag 2016 endgültig verloren geht.

Montag, 20. Juli 2015

Heute im Fernsehen: Wie Arbeitgeber versuchen, Betriebsräte fertigzumachen


Mobbing, Sabotage, Kündigung – Betriebsräte im Visier der Arbeitgeber


Ein Film von Frank Gutermuth und Wolfgang Schoen

Das Erste, Montag, 20. Juli 2015, 22.50 – 23.35 Uhr Vorschau-Video 

Pinnow in der Uckermark. Heike Becker, ehemals Sicherheitsingenieurin bei Haticon, einem Unternehmen für Solartechnik, ist auf dem Weg zu einem Privatdetektiv. Der hatte sie ausspioniert im Auftrag ihres ehemaligen Arbeitgebers. Warum? Weil sie sich als Betriebsrätin bei Haticon engagieren wollte. Nun will sie wissen, welche Daten er über sie gesammelt hat. Ob er Fotos von ihren Kindern gemacht hat. Wie tief er in ihr Privatleben eingedrungen ist. Heike Becker ist nur ein Beispiel für das, was Menschen drohen kann, die Betriebsräte sind oder werden wollen.

„Die Unternehmer haben sich einen Raum geschaffen, in dem sie sanktions- und straflos agieren können“, konstatiert Werner Rügemer, Autor einer jüngst veröffentlichten Studie zum Thema. Und diese Studie zeigt: Angriffe auf Betriebsräte sind keine Einzelfälle, sondern ein längst praktiziertes System. Eine ganze Branche professioneller Dienstleister aus PR-Agenturen, Wirtschaftsdetekteien und Anwaltskanzleien ist entstanden, um gegen Betriebsräte vorzugehen, oder sie aus dem Unternehmen zu drängen.

Das Betriebsverfassungsgesetz gibt es seit 1952. Exakt wird hier festgelegt, wann und wie das Recht auf einen frei gewählten Betriebsrat besteht. Doch das Gesetz ist häufig nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt ist. „Also nach unserer Erfahrung ist es so, dass dieser Straftatbestand der Be- und Verhinderung von Betriebsräten der Straftatbestand in der Bundesrepublik Deutschland ist, der am allerwenigsten überhaupt verfolgt wird“ so Werner Rügemer.

Das hat auch Torben Ackermann am eigenen Leib erfahren. Er gründet mithilfe der Gewerkschaft NGG im mittelständischen Unternehmen Götz Brot eine eigene Liste zur Betriebsratswahl. Aber in Waldbüttelbrunn bei Würzburg sind Gewerkschaftsvertreter im Betriebsrat nicht willkommen. Das wird Ackermann am eigenen Leib erfahren und am Ende gehen müssen.

Die Politik schaut weg

Die Justiz, so zeigen die Recherchen, verfolgt diese Straftatbestände oft nur halbherzig. Meist werden Ermittlungen nach Zahlung geringer Geldbeträge eingestellt. Auch die Gewerkschaften haben darauf bislang keine angemessene Antwort: „Man hat natürlich eine Politik des Ausgleichs, der Nicht-Konfrontation, der Verständigung mit der Arbeitgeberseite. In vieler Hinsicht ist die Gewerkschaft eine Lobbyorganisation geworden“, sagt der Arbeitsrechtsexperte Prof. Wolfgang Däubler. Und die Politik? Sieht keinen Handlungsbedarf.

Für die betroffenen Betriebsräte allerdings steht häufig ihre Existenz auf dem Spiel, viele werden krank unter diesem Druck. Denn zimperlich sind die Methoden nicht, die zur Verhinderung von Betriebsräten dienen: Mobbing, Rufmord, Ausspähung des Privatlebens, Verleumdungen, Lügen, falsche Abmahnungen, erfundene Kündigungsgründe, unrechtmäßige Kündigungen.

Engagement für andere Menschen wird bestraft

Heike Becker ist an ihrer Betriebsratstätigkeit fast zerbrochen. Sie verlor ihren Job, ihre Reputation und zeitweise auch ihre Gesundheit. „Die Gedankenschleifen sind nicht mehr weg gegangen, ich habe die ganze Zeit nachdenken müssen über das, was die mir antun.“ Dabei musste die Alleinerziehende mit ihrem Job ihre Eltern und ihre beiden Kinder ernähren. Ihre Söhne sagen heute, der Einsatz ihrer Mutter für andere Menschen wurde bestraft.

Mobbing, Sabotage und Kündigung von drei Betriebsräten werden in der Dokumentation „Die Story im Ersten“ stellvertretend für viele erzählt. Die Politik hat das mit zu verantworten. Denn flexiblere Arbeitsverhältnisse erschweren die betriebliche Mitbestimmung. Diese aber ist ein hohes Gut. Solange sich diese Missstände nicht ändern, werden Unternehmen auch in Zukunft gegen Betriebsräte vorgehen. Mit allen Mitteln.

Weitere Sendetermine

Mittwoch, 15. Juli 2015

Presseschau vom 16. Juli 2015


Weltbild Retail und ALSO warten auf das Ergebnis der Einigungsstelle. 


Augsburger Allgemeine: Was aus Weltbild wurde

                                     Weltbild-Logistik: 150 Stellen wackeln

buchreport: Brodeln unter der Oberfläche

boersenblatt: Ex-Weltbild Logistik vor Stellenabbau



Verraten und verkauft - oder war's andersherum?
Das Trauerspiel um die ehemaligen Weltbildfilialen.

Süddeutsche Zeitung: Anderes Weltbild

Augsburger Allgemeine: Ausverkauf bei Lesensart

buchreport: Harsche Kritik an Weltbild-Management





Dienstag, 14. Juli 2015

Erste Sitzung der Einigungsstelle ohne greifbares Ergebnis


Heute fand die erste Sitzung der Einigungsstelle unter Vorsitz des Arbeitsrichters a. D. Holger Dahl statt. Nach acht Stunden Verhandlungen endete dieser Vermittlungsversuch ergebnislos. Im Raum steht weiterhin das Verlangen des Arbeitgebers Massenentlassungen durchzuführen: Im Bereich Retail sollen 60 Vollzeitstellen wegfallen (ca. 100 Menschen), im Bereich Logistik 150 Vollzeitstellen (ca. 200 Menschen). Der Betriebsrat fordert dagegen ein Zukunftskonzept, das die Arbeitsplätze in Augsburg dauerhaft sichert.

Auf der Seite der ArbeitnehmerInnen saßen Betriebsratsvorsitzender Peter Fitz, sein Stellvertreter Timm Boßmann, Konzernbetriebsratschefin Dolores Sailer sowie die BR-Berater Klaus Warbruck (Wirtschaftssachverständiger) und Michael Huber (Rechtsanwalt). Der Arbeitgeber wurde vertreten durch die Geschäftsführer Patrick Hofmann (WELTBILD Retail), Reiner Wenz (ALSO-Logistik), Personalleiter Matthias Haack sowie die Rechtsanwältinnen Margit Fink (Kanzlei Geiwitz) und Dr. Anne Förster (TaylorWessing).

Zu Beginn der Verhandlungen stand die Auseinandersetzung um die korrekte Besetzung der Einigungsstelle. Der Betriebsrat hatte erwartet, einem gemeinsamen Arbeitgeber gegenüber zu sitzen. Walter Droege, bei dem faktisch alle Fäden zusammenlaufen, war weder selbst erschienen, noch hatte er einen Handlungsbevollmächtigten geschickt. Stattdessen präsentierte sich mit Hofmann und Wenz wieder eine gespaltene Geschäftsführung, die unabgestimmt und ohne gemeinsames Konzept agiert. Das machte es von Anfang an schwierig, belastbare Aussagen zu treffen und einen Konsens zu finden.

Betriebsrat enttäuscht: Das gemeinsame Konzept fehlt immer noch

"Wir sind enttäuscht, dass der Arbeitgeber weiterhin auf seiner selbstzerstörerischen Linie beharrt", bedauert Peter Fitz. Der Betriebsrat tue alles, um WELTBILD als Multichannel-Händler mit eigener Logistik zu erhalten, der Arbeitgeber aber arbeite auf eine Spaltung der Geschäftsbereiche hin. "Um heute als Versandhändler bestehen zu können, braucht es umfassende Kompetenzen und eine relevante Größe", begründet Boßmann die BR-Position. Beim Arbeitgeber beobachtet er stattdessen "Rosinenpickerei anstelle des Willens, das Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen."

Der Betriebsrat fordert stattdessen ein schlüssiges Gesamtkonzept für WELTBILD und ALSO und hat deshalb angeregt, Walter Droege in die Einigungsstelle einzuladen. "Nur Walter Droege persönlich ist in der Lage, die Entscheidungen zu treffen und verbindliche Zusagen zu machen, die einen Interessenausgleich möglich erscheinen ließen", erklärt Betriebsratsvorsitzender Fitz.

Die Einigungsstelle tritt das nächste Mal Ende Juli zusammen.

Freitag, 10. Juli 2015

GF Hofmann: AT-Beschäftigte sollen auf Gehalt verzichten


Walter Droege will WELTBILD bereits Anfang nächsten Jahres wieder in der Gewinnzone sehen. In seinem Auftrag versucht Geschäftsführer Patrick Hofmann jetzt, den außertariflich bezahlten Angestellten der Retail in die Tasche zu greifen. Deren persönliche Zielerreichungsprämie soll nachträglich für das zurückliegende Geschäftsjahr pauschal um 50% gekürzt werden.

Zur Erklärung: Das Gehalt der Außertariflichen (AT) setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen: 1. erhalten diese ein frei verhandeltes Monatsgehalt, das bei vielen nur wenig über dem Monatsverdienst der KollegInnen in Tarifgruppe VI liegt. 2. bekommen sie am Ende des Geschäftsjahres (mit dem Juli-Gehalt) eine individuell vereinbarte Prämie. Ein Teil dieser Prämie ist abhängig vom Bilanzgewinn des Unternehmens, der 3. Teil wird auf der Basis von vorgegebenen persönlichen Zielen ausgezahlt, die am Anfang des Geschäftsjahres ausgehandelt wurden. Das ist die sogenannte Zielerreichungsprämie.

Ein Beispiel: Ein ATler mit einem Jahresgehalt von 55.000 Euro erhält monatlich 4.000 € brutto, aber kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Dafür erhält er am Geschäftsjahresende abhängig vom Grad der Zielerreichung bis zu 5.000 € Zielerreichungsprämie und möglicherweise einen bilanzabhängigen Bonus von 2.000 €.

In unserem Beispiel würden die 2.000 € aufgrund der aktuellen Ertragslage ohnehin entfallen und von den 5.000 € maximal 2.500 € vergütet werden. Weil aber im ersten Quartal des Geschäftsjahres noch wie in der Insolvenz pauschal 1/12 der Zielerreichungsprämie monatlich ausgezahlt wurde, hätte der Arbeitnehmer in unserem Beispiel bereits 1.250 erhalten. Es würden also nur noch weitere 1.250 € anstelle von 7.000 € ausgezahlt.

Gegen dieses Ansinnen gibt es viele gute Argumente

  • Es ist ungerecht, wenn ausschließlich ein – mit ca. 120 KollegInnen sehr kleiner – Teil der Belegschaft die überzogenen Gewinnerwartungen des Milliardärs Walter Droege befriedigen soll.
  • Die ATler haben schon lange Einbußen, weil der bilanzabhängige Teil ihrer Prämie seit Jahren nicht mehr ausbezahlt wird. Damit leisten sie bereits einen Beitrag, der ihrem Arbeitsvertrag entspricht.
  • Gehaltserhöhungen im AT-Bereich wurden über 10 Jahre lang ausschließlich durch die Erhöhung der leistungsabhängigen Gehaltsbestandteile realisiert. Durch die geplante Halbierung würden diese KollegInnen auf einen Schlag 7 bis 8 Jahre Gehaltsentwicklung verlieren.
  • Die KollegInnen im niedrigen AT-Bereich – und das ist die Mehrzahl – könnten durch diese Maßnahme unterhalb der Tarifgrenze landen. Aber sie erhalten weiterhin kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld und bekommen Überstunden nicht bezahlt. Auch das ist ungerecht.
  • Es ist unverschämt, im Vorfeld von geplanten Massenentlassungen einen "Solidarbeitrag" von Menschen zu verlangen, die möglicherweise ein paar Wochen später auf die Straße gesetzt werden.
  • Ein Gehaltsverzicht zum jetzigen Zeitpunkt wirkt direkt negativ auf die Höhe des Arbeitslosengeldes und des Transferkurzarbeiter-Gelds, das in einer Transfergesellschaft bezahlt würde.

Vor allem aber gibt es keinerlei Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen. Das weiß auch die Geschäftsführung und fordert deshalb einen "freiwilligen" Verzicht. Wer sich dem Diktat aus Düsseldorf nicht beugen will, kriegt Druck: "Wer dagegen klagt, dessen Arbeitsleistung muss kritisch hinterfragt werden!", kündigte Geschäftsführer Patrick Hofmann an.

In der vergangenen Woche versuchte Hofmann allen Ernstes den Betriebsrat für ein gemeinsames Vorgehen in dieser Sache zu gewinnen. Der BR hat sofort reagiert und einen einstimmigen Beschluss gefasst, welcher der Geschäftsführung ein einseitiges Vorgehen untersagt. Gemäß § 87 Absatz 1 Ziffer 10 BetrVG ist der Betriebsrat in der Mitbestimmung, wenn es um »Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung« geht.

Weder der BR noch die ver.di lassen sich vor den Karren des Arbeitgebers spannen, wenn es gegen die Interessen der Beschäftigten geht – egal welcher Einkommensklasse die KollegInnen angehören!

Nach den Erfahrungen der letzten Monate müssen wir aber davon ausgehen, dass der Arbeitgeber dieses Mitbestimmungsrecht ignoriert oder zu umgehen versucht. Deshalb bleibt den Betroffenen am Ende möglicherweise nur der individualrechtliche Weg über das Arbeitsgericht, um an das ihnen zustehende Geld zu kommen. Mitglieder der ver.di werden dabei durch AnwältInnen der Gewerkschaft vertreten. Alle anderen haben hoffentlich eine gute Rechtsschutzversicherung oder Rücklagen, um einen möglicherweise teuren Prozess zu führen.

Montag, 6. Juli 2015

Gewerkschaftliches Bildungsprogramm: "... nur noch schnell die Welt retten..."


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

heute stellen wir Euch das nächste Seminar aus dem ver.di-Bildungsprogramm für die Mitglieder vor.
Nähere Infos finden sich auch unter www.verdi-bildungsportal.de.

Zur Erinnerung:
ver.di hat für die Mitglieder ein umfangreiches Bildungsprogramm, meist kostenlos und meist mit Fahrtkostenzuschuss.


"... nur noch schnell die Welt retten..."*
- wie wir es schaffen, uns immer mehr selbst auszubeuten und was wir dagegen tun können


(*Tim Bendzko)

vom 04.09.2015 bis 06.09.2015 in Brannenburg

Beginn: Freitag um18 Uhr
Ende: Sonntag nach dem Mittagessen
Veranstaltungsnummer: 15/30/376

Seminarinhalt:

Nur noch schnell auf dem Heimweg oder im Urlaub die Mails der Arbeit checken. Fast jede_r fünfte Arbeitnehmer_in in Deutschland arbeitet auch während der Freizeit oder im Urlaub.
Diese Entwicklung ist häufig eine Folge von neuen Organisations- und Steuerungsformen in den Unternehmen.
An die Stelle direkter Anweisung und Verhaltens- und Leistungskontrolle sind indirekte Formen der Steuerung getreten.

Durch die Verlagerung der unternehmerischen Verantwortung auf die Beschäftigten entstehen zwar neue Freiheiten durch flache Hierarchien und mehr Eigenverantwortung.
Gleichzeitig gehen damit aber auch neue Probleme wie erhöhter Arbeitsdruck, die Gefahr der Selbstausbeutung und gesundheitliche Belastungen einher.

Wir müssen uns dem Phänomen der indirekten Steuerung bewusst werden.
Erst dann können wir wirksame Gegenstrategien entwickeln, um die negativen Folgen zu bekämpfen und die neuen Freiheiten zu nutzen.

Themen in diesem Seminar sind:

  • Was ist indirekte Steuerung?
  • Welche Methoden nutzt das Management, um noch mehr Leistung aus uns rauszuholen und warum funktionieren die so gut?
  • Wo lauern die Gefahren der indirekten Steuerung?
  • Warum ignorieren Beschäftigte Regelungen, die zu ihrem Schutz geschaffen wurden?
  • Warum ist die Selbstausbeutung so gefährlich und welche Auswirkung hat sie auf unsere Gesundheit?
  • Wie können wir als Gewerkschaft über die Gefahren der indirekten Steuerung aufklären und gegen die negativen Folgen der neuen Freiheiten vorgehen? Welche Methoden eigenen sich hierfür?


Freitag, 3. Juli 2015

Wer nicht hören will, muss fühlen


Vor zwei Wochen hat Logistik-Geschäftsführer Reiner Wenz einseitig Maßnahmen angekündigt und wollte neue Ein- und Ausgangsregeln im Bereich Warenzentrum schaffen. Der Betriebsrat hat ihn in einer eigens einberufenen Besprechung darauf hingewiesen, dass er das ohne den Betriebsrat nicht darf und die juristischen Folgen verdeutlicht. Außerdem wurde eine Interims-Vereinbarung angeboten.

In dem Gespräch hat Wenz vor Zeugen zugesichert, eine entsprechende Vereinbarung mit dem BR abzuschließen, bevor er tätig wird. Aber bereits am nächsten Tag hat Wenz sein Wort gebrochen und die Maßnahmen einseitig umsetzen lassen.

Illegal: Aushang der GF von ALSO.
Gericht erlässt einstweilige Verfügung gegen Arbeitgeber

Eine krasse Verletzung der vertrauensvollen Zusammenarbeit und der Mitbestimmungsrechte. Dem Betriebsrat blieb daraufhin gar nichts anderes übrig, als ein Verfahren beim Arbeitsgericht einzuleiten. Das Gericht hat den Verstoß gegen die Mitbestimmung klar anerkannt und die sofortige Rücknahme der Maßnahmen in Form einer "einstweiligen Verfügung" angeordnet.

Sicherheitslücken seit Monaten bekannt

Die Verantwortlichen bei ALSO wissen bereits seit Januar, dass Änderungen am Sicherheitskonzept notwendig sind, wenn die Gruppe ihren Versicherungsschutz und die Berechtigung für ein vereinfachtes Zollverfahren bewahren möchte. Auch vor dem Hintergrund, dass künftig Drittkunden ihre Logistik über Augsburg abwickeln sollen, ist eine Überarbeitung des Sicherheitskonzept notwendig. Darum hat der Betriebsrat von Anfang an Gesprächsbereitschaft signalisiert und steht weiter bereit, über eine entsprechende Betriebsvereinbarung zu verhandeln.

Empfindliche Strafe im Wiederholungsfall

Die Geschäftsführung hat das Thema aber Monate lang schleifen lassen und nichts unternommen. Stattdessen jetzt dieser sinnfreie Schnellschuss. So funktioniert es nicht. Hoffentlich hat Reiner Wenz die Botschaft verstanden und dem Richter gut zugehört: Jeder weitere Verstoß gegen die Mitbestimmung des Betriebsrats in dieser Sache wird mit einem Zwangsgeld von 2.000 Euro pro Verstoß und Tag geahndet. 

Einigungsstelle – worum geht es, wie funktioniert das?


Mit dem Instrument der Einigungsstelle versucht Walter Droege bei Retail und ALSO die Massenentlassungen zu erzwingen, die der Betriebsrat bislang erfolgreich verhindert hat. Es geht um insgesamt rund 300 Arbeitsplätze: ca. 100 in der Verwaltung und ca. 200 in der Logistik.

Der Betriebsrat stellt sich weiter mit guten Argumenten gegen den Personalabbau: Walter Droege hat die Verträge, die im Rahmen des Betriebsübergangs nach der Insolvenz ausgehandelt wurden, nicht eingehalten. Walter Droege hat Retail und ALSO gegeneinander ausgespielt und so zielgerichtet eine Situation hergestellt, die Entlassungen notwendig erscheinen lassen, die es aber nicht sind. Hätte Walter Droege die Verträge, die er unterschrieben hat, eingehalten, wäre die Situation eine völlig andere:  WELTBILD/ALSO könnte längst auf einem guten Weg sein.

Kostensenkung statt Strategie

Mit der einseitigen Fixierung auf Massenentlassungen zur Kostensenkung hat das Management seine eigentlichen Aufgaben sträflich vernachlässigt: So liegt bis heute kein belastbares Konzept vor, das die ursprünglich vereinbarte "WELTBILD 2.0"-Strategie ersetzen könnte. Deshalb hat der Betriebsrat auch den Gang in die Einigungsstelle verweigert.

Walter Droege hat die Einigungsstelle daraufhin gerichtlich einsetzen lassen. Sie besteht aus einem Vorsitzenden (Holger Dahl) und je 5 BeisitzerInnen auf Seiten der ArbeitnehmerInnen bzw. des Arbeitgebers.

So läuft das Verfahren ab

Zunächst präsentieren beide Seiten ihre jeweiligen Argumente. Der Vorsitzende bringt eigene Vorschläge ein, um eine Annäherung der Parteien zu erzielen. Diese werden von beiden Lagern diskutiert und fließen gegebenenfalls in einen Lösungsentwurf ein, über den dann abgestimmt wird. Dabei ist der Vorsitzende zunächst neutral. Da die Parteien meist geschlossen votieren, ergibt sich in der Regel keine Mehrheit.

Weitere Runden nach diesem Schema sind möglich. Kommt es im Verlauf dieses Prozesses zu keiner Annäherung, kann der Vorsitzende nach eigenem Gutdünken an der nächsten Abstimmung teilnehmen und führt mit seiner Stimme eine Entscheidung herbei.

Das Verfahren ist auf Wikipedia detailliert und mit allen Rechtsfolgen beschrieben.

Mittwoch, 1. Juli 2015

Erster Einigungsstellen-Termin steht fest


Die Einigungsstelle zum Interessenausgleich über die vom Arbeitgeber geplante Betriebsänderung tritt erstmals am 14. Juli 2015 zusammen. Das ist uns heute vom Einigungsstellen-Vorsitzenden Holger Dahl bestätigt worden. Weitere Informationen erfolgen zeitnah vor dem ersten Sitzungstermin.

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