Montag, 20. Juli 2015

Heute im Fernsehen: Wie Arbeitgeber versuchen, Betriebsräte fertigzumachen


Mobbing, Sabotage, Kündigung – Betriebsräte im Visier der Arbeitgeber


Ein Film von Frank Gutermuth und Wolfgang Schoen

Das Erste, Montag, 20. Juli 2015, 22.50 – 23.35 Uhr Vorschau-Video 

Pinnow in der Uckermark. Heike Becker, ehemals Sicherheitsingenieurin bei Haticon, einem Unternehmen für Solartechnik, ist auf dem Weg zu einem Privatdetektiv. Der hatte sie ausspioniert im Auftrag ihres ehemaligen Arbeitgebers. Warum? Weil sie sich als Betriebsrätin bei Haticon engagieren wollte. Nun will sie wissen, welche Daten er über sie gesammelt hat. Ob er Fotos von ihren Kindern gemacht hat. Wie tief er in ihr Privatleben eingedrungen ist. Heike Becker ist nur ein Beispiel für das, was Menschen drohen kann, die Betriebsräte sind oder werden wollen.

„Die Unternehmer haben sich einen Raum geschaffen, in dem sie sanktions- und straflos agieren können“, konstatiert Werner Rügemer, Autor einer jüngst veröffentlichten Studie zum Thema. Und diese Studie zeigt: Angriffe auf Betriebsräte sind keine Einzelfälle, sondern ein längst praktiziertes System. Eine ganze Branche professioneller Dienstleister aus PR-Agenturen, Wirtschaftsdetekteien und Anwaltskanzleien ist entstanden, um gegen Betriebsräte vorzugehen, oder sie aus dem Unternehmen zu drängen.

Das Betriebsverfassungsgesetz gibt es seit 1952. Exakt wird hier festgelegt, wann und wie das Recht auf einen frei gewählten Betriebsrat besteht. Doch das Gesetz ist häufig nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt ist. „Also nach unserer Erfahrung ist es so, dass dieser Straftatbestand der Be- und Verhinderung von Betriebsräten der Straftatbestand in der Bundesrepublik Deutschland ist, der am allerwenigsten überhaupt verfolgt wird“ so Werner Rügemer.

Das hat auch Torben Ackermann am eigenen Leib erfahren. Er gründet mithilfe der Gewerkschaft NGG im mittelständischen Unternehmen Götz Brot eine eigene Liste zur Betriebsratswahl. Aber in Waldbüttelbrunn bei Würzburg sind Gewerkschaftsvertreter im Betriebsrat nicht willkommen. Das wird Ackermann am eigenen Leib erfahren und am Ende gehen müssen.

Die Politik schaut weg

Die Justiz, so zeigen die Recherchen, verfolgt diese Straftatbestände oft nur halbherzig. Meist werden Ermittlungen nach Zahlung geringer Geldbeträge eingestellt. Auch die Gewerkschaften haben darauf bislang keine angemessene Antwort: „Man hat natürlich eine Politik des Ausgleichs, der Nicht-Konfrontation, der Verständigung mit der Arbeitgeberseite. In vieler Hinsicht ist die Gewerkschaft eine Lobbyorganisation geworden“, sagt der Arbeitsrechtsexperte Prof. Wolfgang Däubler. Und die Politik? Sieht keinen Handlungsbedarf.

Für die betroffenen Betriebsräte allerdings steht häufig ihre Existenz auf dem Spiel, viele werden krank unter diesem Druck. Denn zimperlich sind die Methoden nicht, die zur Verhinderung von Betriebsräten dienen: Mobbing, Rufmord, Ausspähung des Privatlebens, Verleumdungen, Lügen, falsche Abmahnungen, erfundene Kündigungsgründe, unrechtmäßige Kündigungen.

Engagement für andere Menschen wird bestraft

Heike Becker ist an ihrer Betriebsratstätigkeit fast zerbrochen. Sie verlor ihren Job, ihre Reputation und zeitweise auch ihre Gesundheit. „Die Gedankenschleifen sind nicht mehr weg gegangen, ich habe die ganze Zeit nachdenken müssen über das, was die mir antun.“ Dabei musste die Alleinerziehende mit ihrem Job ihre Eltern und ihre beiden Kinder ernähren. Ihre Söhne sagen heute, der Einsatz ihrer Mutter für andere Menschen wurde bestraft.

Mobbing, Sabotage und Kündigung von drei Betriebsräten werden in der Dokumentation „Die Story im Ersten“ stellvertretend für viele erzählt. Die Politik hat das mit zu verantworten. Denn flexiblere Arbeitsverhältnisse erschweren die betriebliche Mitbestimmung. Diese aber ist ein hohes Gut. Solange sich diese Missstände nicht ändern, werden Unternehmen auch in Zukunft gegen Betriebsräte vorgehen. Mit allen Mitteln.

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