Freitag, 6. August 2010

Das Wort zum Freitag: Katastrophenalarm


Sintflut in Pakistan, in den Wassermassen kämpfen Menschen verzweifelt ums nackte Überleben – doch für meinen Kumpel Harry ist es schon eine Katastrophe, wenn sein Vorrat an »Salt & Pepper« Gourmet-Chips unerwartet aufgebraucht ist. »Mist, hier muss doch irgendwo noch eine Tüte sein! Und der Tatort fängt gleich an.«


Während in Russland ganze Dörfer in Flammen stehen und Moskauer Bürger sich nur noch mit Atemschutzmaske auf die Straße wagen, spricht Harry von einer Katastrophe, wenn der FC Bayern ein paar Monate lang ohne den verletzten Dribbelkünstler Robben auskommen muss. Ein Fiasko!


Wenn das kleine Flüsschen Paar mal über die Ufer tritt und ein paar Kartoffel- und Partykeller in Mering oder Kissing unter Wasser stehen, ist das für die Hausbesitzer der absolute Supergau – und die im Abstellkeller in der braunen Brühe treibende alte Campingliege wird schnell mit der Digicam abgelichtet: für die Versicherung und für den nächsten, feuchtfröhlichen Dia- … ääh … Beamerabend im Kreis der Kegelfreunde.


Doch wenn die TV-Nachrichten Bilder von im BP-Öl-Mantel verendeten Seevögeln im Golf von Mexiko zeigen, löst das nur ein müdes Schulterzucken aus: Ist ja schon schlimm, war irgendwie klar, dass das mal passiert, war halt ein Unfall, schlampige Aufsicht, mit dem Risiko muss man leben, und die Fischer kriegen bestimmt eine Entschädigung … Aber eine Katastrophe?


Erdbeben in Japan, Tsunamis im Indischen Ozean, Tornados in den USA, Vulkanausbruch auf Island … Wir wissen längst, dass Mutter Natur eine launische Dame ist. Aber die wahren Katastrophen kommen aus dem Nichts, ereignen sich völlig überraschend, bringen einen sofort an den Rand der Verzweiflung. Wie die Baustelle auf dem Radweg heute morgen, die mich zwang, meinen gewohnten Weg zur Arbeit für vielleicht zwanzig Meter zu verlegen: auf die Straße der Todesmutigen, der Hasardeure und Lebensmüden, wo man sekündlich damit rechnen muss, unter die gigantischen Zwilingsreifen einen fetten Volvo-Trucks zu geraten und ein Fall für die Berufsgenossenschaft oder die Versicherung zu werden – und ein Auftrag für den Bestattungsdienstleister »Letzte Ruhe«.


Eine Katastrophe für meinen Kollegen und Lottogemeinschaftskameraden P., der im Falle von sechs richtig platzierten Kreuzchen wohl leer ausgehen würde, wenn ich den Lottoschein mit ins Grab nehme – und P. angesichts der nicht gemachten Kopie des Belegs an meinem Grab bittere Tränen vergießen würde – über die entgangenen 50 Prozent von X Millionen Euronen. Auch sein Anwalt könnte da kaum Trost spenden.


Soviel für heut’ – demnächst mehr über die peinlichsten persönlichen Katastrophen aller Zeiten. Wie z.B. über das Buttermilchdessert auf der Computertastatur zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.


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