Dienstag, 13. August 2013
Weiland: Kurze Geschichte eines Niedergangs
Es war einmal ein mittelständisches Buchhandelsunternehmen mit über 30 Filialen. Das hieß Weiland. Es wurde 1848 gegründet und beglückte Bücherfreunde über viele Jahre mit einem ausgewählten Buchsortiment, vielen sehr motivierten und engagierten Buchhändlerinnen und Buchhändlern an ausgewählten Standorten, hauptsächlich im Norden unseres Landes.
Im guten Glauben, im besten Sinne für sich und seine Beschäftigten zu handeln und für ein Fortbestehen dieses Familienunternehmens zu sorgen, beschloss Herr Henning Hamkens, einstmaliger Inhaber Weilands und Nachfahre der Weiland-Familie, sein Unternehmen an die DBH zu verkaufen. Seine Bedingung an die DBH und sein Versprechen an die MitarbeiterInnen war, dass alles so bleiben sollte, wie es seiner Firmenpsychologie und der Art dieses Unternehmen zu führen, entsprach. Weiland sollte weiterhin Weiland heißen, alle KollegInnen ihren Arbeitsplatz behalten, Herr Hamkens weiterhin Geschäftsführer sein. usw. Traumarbeitsbedingungen gab es allerdings unter Herrn Hamkens Führung auch schon nicht mehr. Vor einigen Jahren führte er die 40 Stundenwoche ohne Lohnausgleich ein, trat aus dem Arbeitsgeberverband aus und zahlte seit dem nur noch an den Tarif angelehnt, seit dem gab es für die Weilandbeschäftigten nur noch marginale Gehaltserhöhungen.
Nach und nach bekamen die MitarbeiterInnen den neuen Wind aus München zu spüren. Die Veränderungen begannen zunächst langsam, aber Schritt für Schritt wurden sie ein wenig mehr. Zunächst wurde das Weiland-Zentrallager abgeschafft, fast zeitgleich bekamen die großen Filialen Mengen an Stapeltiteln von München zentral aufs Auge gedrückt. Regalmeterweise wurden Bücher durch DVDs ersetzt. Im Nonbooksortiment erfreuten Kerzenleuchter, Kehrbesen, Raumsprays und Keramikhasen und vieles mehr das Auge.
Dann platzte vor ziemlich genau einem Jahr platzte die Bombe: Den Weiland-FilialleiterInnen und Betriebsräten wurde offenbart, dass „Multichannel“ nun das neue Zauberwort sei, dicht gefolgt von „Integration“; weshalb Weiland leider in Hugendubel umbenannt werden müsse. Mit Multichannel „Schulungen“ sollten alle WeiländerInnen auf den neuen Kurs gebracht werden. Damit war eine Verschmelzung von Weiland und Hugendubel nicht nur eingeleitet, sondern bereits in vollem Gange.
Zeitgleich wurde mitgeteilt, dass die Zentralen Dienste in Lübeck aufgelöst werden müssten. Das betraf sowohl die langjährigen MitarbeiterInnen der Buchhaltung, als auch die KollegInnen der Marketingabteilung. Mit der Nachricht, die Weiland Bestellanstalt WBA (die Logistikzentrale in Hamburg) schließen zu wollen, wartete man vorsichtshalber noch ein wenig. Im Herbst letzten Jahres wurde dann auch deren Schließung bekannt gegeben, ebenso wie en passant „ein paar“ Filialschließungen angekündigt wurden: Neubrandenburg, Guben, Heide und Husum. Die WBA, Husum, Neubrandenburg und Guben haben inzwischen ihre Pforten für immer schließen müssen. Dank der Betriebsräte vor Ort konnten für die betroffenen KollegInnen in der Lübecker Zentrale, der WBA und der Filiale Husum in einem Sozialplan Abfindungen erreicht werden und ein Teil der Kolleginnen und Kollegen in neue Jobs gebracht werden.
Es ist vollbracht: seit Ende letzten Jahres heißen alle ehemaligen Weiland-Filialen Hugendubel, wurden aus „WeiländerInnen“ Hugendubel- MitarbeiterInnen.
Nicht erst seit gestern befindet sich der Buchhandel in einer schwierigen Lage, gibt es doch den großen Internetkonkurrenten namens Amazon, der uns gewaltig das Wasser abgräbt und der gesamten Branche hohe Umsatzrückgänge beschert. Die Folgen dieser Entwicklung werden alle „Ex-WeiländerInnen“ in diesem Jahr besonders zu spüren bekommen. Allein für die Filialen im Norden ist geplant, eine große Anzahl von Vollzeitstellen abzubauen.
Aber die Belegschaft ist nicht machtlos: Bei diesen Entwicklungen ist es umso wichtiger, zusammenzuhalten und schnell überall Betriebsräte zu wählen! Dadurch wird die Geschäftsleitung erst gezwungen, frühzeitig über die ihre Pläne zu informieren und überhaupt zu verhandeln. Es ist noch nicht zu spät! Jetzt seid Ihr am Zug!
Schlagworte:
Betriebsrat,
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Konzernbetriebsrat,
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