Freitag, 27. Februar 2015

Update zur Karstadt Story


Wir hatten im November 2014 über Karstadt berichtet.

Damals bestand, ähnlich wie bei Weltbild mit Droege, noch die Hoffnung, dass Benko eine Art "weißer Ritter" wäre und Karstadt mit einem klaren Konzept und notwendigen Investitionen wieder auf die Erfolgsspur bringen würde.

Aber auch hier sieht es so aus, als ob die Wirtschaft eben ein Haifischbecken wäre, in dem ein verwundetes Tier nicht aufgepäppelt, sondern gnadenlos zerrissen und aufgefressen wird, egal was vorher für Flötentöne gesäuselt wurden.

Die ver.di Zeitschrift Publik berichtet, hier nur ein Auszug.

Neuer Besitzer mit altem Konzept

Wieder drastische Einschnitte auf Kosten der Beschäftigten
(Gudrun Giese)

Mit der Veräußerung der letzten Anteile an den Premium-, Sport- und Warenhäusern von Nicolas Berggruen an René Benko und seine Signa-Holding im August kam leise Hoffnung auf. Doch bei der Aufsichtsratssitzung am 23. Oktober wurde die Katze aus dem Sack gelassen: Häuserschließungen und Entlassungen sind einmal mehr zentrale "Ideen" des neuen Managements, um Karstadt zu "retten".

"Statt genaue Ursachenforschung zu betreiben, warum Karstadt in der Krise ist, wird überstürzt die Entscheidung gefällt, einzelne Filialen zu schließen und in weiteren Filialen noch mehr Personal abzubauen", sagt Stefanie Nutzenberger aus dem ver.di-Bundesvorstand. Bis zu 300 Arbeitsplätze werden dadurch vernichtet. Der neue Vorstand will weitere 2 000 Stellen in den Warenhäusern und der Essener Zentrale streichen.

Die Betriebsräte der Filialen hätten fortlaufend Vorschläge für strategische Korrekturen gemacht, ohne Erfolg. Die Pläne für Schließungen und Personalabbau seien ohne Kenntnis der Beschäftigten und der Arbeitnehmervertretungen entwickelt worden. Die Betriebsräte und ver.di fürchten, dass der Abbau mit den jetzt angekündigten Einschnitten nicht beendet ist. 

 In den derzeit 83 Karstadt-Häusern geht derweil die Angst um. "Manche Kollegin zittert schon, wenn ein Kunde sie nur auf die aktuelle Situation anspricht. Die meisten wollen keinesfalls auffallen, um nicht ihren Arbeitsplatz zu riskieren." "Es geht nicht, immer weiter auf Geld, Freizeit und Sozialleistungen zu verzichten."

Genau das will die neue Geschäftsleitung den derzeit 17 .000 Beschäftigten zumuten: Keine Rückkehr zur Tarifbindung, Verlängerung der Arbeitszeit und Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld, das 2014 dank der ver.di-Tarifkommission gezahlt wird. Neue Konzepte sollen laut Vorstandschef Fanderl 2015 umgesetzt werden; wie die aussehen, ist noch unbekannt. Fest steht, dass Benko aus einem Teil seines neuen Besitzes schon ordentliche Gewinne zieht: Laut Immobilien-Zeitung sollen derzeit 22 der 122 Karstadt-Immobilien im Besitz der Benko-Firma Signa sein. Bei den Premiumhäusern KaDeWe, Alsterhaus und Oberpollinger erhöhte er Anfang des Jahres die Mieten; laut Süddeutscher Zeitung um mehr als 20 Millionen für die nächsten fünf Jahre. Auch in den weiteren Häusern der Signa-Gruppe wurden die Mieten heraufgesetzt.

Die ver.di Zeitschrift Publik berichtet weiter:

Die Zukunft bleibt ungewiss

Schlechtere Arbeitsverträge angeboten

Wie es weitergeht mit den verbliebenen Karstadt-Warenhäusern und ihren 20.000 Beschäftigten, das war auch Ende Januar unklar. Fest steht, dass Eigentümer René Benko Fakten beim Kerngeschäft schafft: Seine Signa-Holding übernimmt die Immobilien der Premiumhäuser KaDeWe, Alsterhaus und Oberpollinger sowie die Karstadt-Häuser in der Stuttgarter Innenstadt und am Kurfürstendamm. Das Stuttgarter Haus gehört zu den Filialen, die in diesem Jahr geschlossen werden. ver.di hatte Benko schon bei der Schließungsankündigung vorgeworfen, hier lediglich ein Haus in bester Lage für eine Vermietung an Filialbetriebe nutzen zu wollen. 20 weitere Karstadt-Immobilien übernimmt Benkos Partner Beny Steinmetz; Benko werde sie anschließend mieten, hieß es in einem Pressebericht.

Beschäftigte berichten, dass sie neue Arbeitsverträge zu schlechteren Konditionen unterzeichnen sollen. Statt der klassischen Verkaufstätigkeit "offeriert" Karstadt ihnen, künftig nur noch Ware zu "verräumen". Wer Personal im Verkauf einsparen wolle, "setzt das Format Warenhaus aufs Spiel", sagt Arno Peukes von ver.di. Die Beschäftigten sollten sich keinesfalls zu Vertragsänderungen nötigen lassen. Die Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über Karstadts Zukunft stagnieren derweil.

Gudrun Giese


Auch in der süddeutschen Zeitung ist Karstadt Thema

Für uns leidgeprüfte Weltbild-Mitarbeiter ist dieses Instrumentarium nur allzu vertraut.
Fillialen werden geschlossen oder verkauft, die Personalkosten sollen durch Entlassungen, Einsparungen und durch Herabstufung von Mitarbeitern reduziert werden.
Benkos Firma hat immerhin 1 (einen) Euro für Karstadt gezahlt !
Da kann ja nicht viel schief gehen, vielleicht sollte man auch mal bei solchen Gelegenheiten mitbieten !

Für Karstadt liegt ein 32-seitiges "Zukunftskonzept" vor.
Im Gegensatz zur Süddeutschen Zeitung dürfen wir das in Gänsefüßchen setzen...
Es sollen fast 1600 Mitarbeiter abgebaut werden.
Fast jeder zweite Abteilungsleiter soll das Unternehmen verlassen.
In den Filialen soll eine komplette Führungsebene gestrichen werden.
Die Warenhäuser werden unterschiedlich gewichtet, nach Umsatz und Bedeutung, es gibt sogenannte Kopffilialen und sogenannte Anhängefilialen, für die die Leiter der Kopffilialen mitverantwortlich sein sollen.

Mitarbeiter sollen in Einräumteams abgestuft werden und nur noch nach Logistiktarif bezahlt werden, bis zu 1100 Mitarbeiter wären laut ver.di betroffen und hätten Lohneinbußen von ca. 300 Euro.
Die Produktivität wäre geringer als bei der Konkurrenz.
Grundbesetzung soll nur noch ein Mitarbeiter pro Etage sein !
Warum man dann nicht gleich online bestellen würde, ist intern noch nicht ausdiskutiert worden.
Die Schaufensterdeko wird vereinfacht, weniger Kassen, der Aufwand beim Abkassieren soll minimiert werden, es soll weniger Meetings und Telefonkonferenzen geben.

Wer sich von den Weltbildmitarbeitern noch ein bisschen Sarkasmus und schwarzen Humor aufgespart hat, müsste jetzt eigentlich anfangen zu wiehern bei dieser kreativen Sammlung von Maßnahmen, das kommt einem doch irgendwie bekannt vor.

Es geht nur um Einsparungen an allen Fronten, ein Konzept, warum Kunden bei Karstadt einkaufen sollten, ist nicht zu erkennen, die Vorschläge der Mitarbeiter werden ignoriert.

Einen treffenden Kommentar zu Karstadt findet man bei der Augsburger Allgemeinen.

7 Kommentare:

  1. Auch wenn mir das für die Karstadt-Angestellten leid tut hat diese Info nichts mit mir und meinem Weltbildarbeitsplatz zu tun. Oder will man hier bewußt auf andere Probleme lenken? Ich will wissen was HIER in Augsburg gemauschelt wird. Alles andere ist erst einmal zweitrangig.

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    1. Es geht nicht immer nur um dich. Schon mal was von der Kraft der Solidarität gehört? Außerdem wird in Augsburg nichts gemauschelt. Alle Vorgänge sind transparent und jede Info wird vom BR und/oder der Gewerkschaft weitergeben. Dass sich die Situation nicht ändert, dafür können die BelegschaftsvertreterInnen nichts.

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    2. Weltbild war gestern,die Zukunft heißt Lesensart. Danke an unsere Belegschaftsvertreterinnen für Ihre Unterschrift!

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  2. ein update über Weltbild wäre mal was, wie geht es weiter

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  3. Das jüngste Treffen mit der GF war am 18.2.. Darüber haben wir am 19.2. hier berichtet. Seither gab es keine neuen Entwicklungen. Was auf der Beirats-Sitzung am 24.2. besprochen wurde, wissen wir nicht, weil wir nicht teilnehmen dürften. Sobald wir etwas in Erfahrung bringen, gibt es hier neue Infos.

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  4. Ich finde den Artikel sehr aufschlussreich. Die Situation ist mit unserer vergleichbar. Da kriegen wir schon mal ein Gefühl, was unserem Milliardär demnächst einfallen könnte… Ich wünsche den KollegInnen von Karstadt viel Erfolg und Mut und Kraft zum Widerstand. Bleibt aufrecht!

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  5. Jedem, der eine neue Stelle in Aussicht hat, kann ich nur raten zu wechseln. Egal, ob Karstadt oder Retail/Also, es kann woanders nur besser werden. Was für Aussichten hat man noch außer Rausschmiss oder Gehaltsverzicht?

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